Von: mk
Bozen – Bei den anstehenden Parlamentswahlen bietet sich den Südtirolerinnen und Südtirolern eine äußerst geringe Auswahl an Südtiroler Parteien und noch weniger an eigenen Kandidaten. Dies bemängelten der Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter Rebe, der freiheitliche Generalsekretär Florian von Ach, Fraktionssprecherin Ulli Mair und Ehrenobmann Pius Leitner im Rahmen einer Pressekonferenz.
Die SVP habe mit ihrem Regierungspartner PD im Landtag den Begehrensantrag der Freiheitlichen zur Wiedereinführung des reinen Verhältniswahlrechtes bei den Parlamentswahlen abgelehnt (16:16 Stimmen). Die gesamte Opposition habe den Antrag unterstützt, so die Freiheitlichen.
„Einmal mehr haben die regierende Volkspartei und der „Partito Democratico“ bewiesen, dass es ihnen nicht um den Minderheitenschutz, sondern um die Absicherung der eigenen Mandate geht. Das derzeitige Wahlgesetz, das sich die SVP erneut auf den Leib schneidern hat lassen, setzt die Hürden für eine eigenständige Kandidatur derart hoch, dass selbst wir Freiheitliche, als zweitgrößte Partei des Landes, chancenlos sind, einen Sitz im Parlament zu erwerben“, hieß es auf der Pressekonferenz.
Das Bündnis der regierenden SVP mit ihrem lokalen Koalitionspartner „Partito Democratico“, habe sich längst zu einem Bündnis auf Staatsebene mit Matteo Renzi entwickelt. Diesmal überlasse die SVP dem PD nicht nur einen, sondern gleich zwei Wahlkreise. Unterstützt von der Volkspartei missbrauche nun die römische PD-Zentrale diese Wahlkreise, um mit Maria Elena Boschi und Gianclaudio Bressa „zwei provinzfremden Günstlingen Matteo Renzis“ ein „sicheres Ticket für das Parlament“ zu sichern. „Nicht genug, dass vielen deutschen Südtirolern italienische und autonomiekritische Kandidaten vorgesetzt werden, man nimmt auch noch den Südtiroler Italienern die Möglichkeit, eigene, lokale PD-Kandidaten wählen zu können. Die derzeitigen Turbulenzen und die angekündigte Spaltung des lokalen PD entspringen genau diesem nationalstaatlichen Postenschacher“, kritisieren die Freiheitlichen.
„Die eingeschränkte politische Auswahl und das unwürdige Verhökern der Wahlkreise an zentralstaatliche Kandidaten lassen leider eine geringe Wahlbeteiligung in Südtirol erwarten. Auch viele unserer freiheitlichen Stammwähler haben bereits angekündigt, diesmal nicht an den Wahlen teilnehmen zu wollen. Ihnen und allen anderen Südtirolern, welche gegen dieses einseitige Wahlgesetz und die politischen Sünden* von SVP/PD ein Zeichen setzen wollen, möchten wir an die Möglichkeit der „weißen“ Stimmabgabe erinnern, welche unter diesen Umständen eine ebenso aussagekräftige Form des Protestes sein kann. Als freiheitliche und liberale Partei, für die Demokratie samt ihrer Instrumente das höchste Gut darstellen, rufen wir alle Südtiroler auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und vertrauen dabei auf die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger“, so die Freiheitlichen.
„Sieben Sünden von SVP und PD“
Die Freiheitlichen kritisierten im Rahmen der Pressekonferenz mehrere Punkte an der aktuellen Politik von SVP und PD und sprachen von „sieben Sünden“.
Unter anderen werden die Minderheitenpolitik der SVP und von LH Kompatscher vernachlässigt. „Der Minderheitenschutz scheint vergessen worden zu sein, vor allem von Landeshauptmann Kompatscher, der seiner Rolle, in Rom “Liebkind” sein zu wollen, vortrefflich nachkommt. Seine Freundschaft mit Renzi scheint ihm wichtiger zu sein als Interessen Südtirols. Dazu einige Beispiele: Ersetzung von Generalsekretär Berger durch den Italiener Eros Magnago. Dieser scheint bei seiner Partei in Bozen und Rom gut vernetzt zu sein. Von wem wird er wohl seine Weisungen in letzter Instanz entgegen nehmen? LR Tommasini wurde ohne Notwendigkeit zum ersten Stellvertreter des Landeshauptmannes ernannt. Die Sanitätsreform mit der Einschränkung der peripheren Krankenhäuser trägt die Handschrift des PD – die Folgen sind für alle erkennbar!“, so die Freiheitlichen.
Außerdem werde der ethnische Proporz laufend aufgeweicht. „Nach dem Gesundheitswesen soll dies nun auch bei der Bahn geschehen. Hart erkämpfte Rechte werden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt“, fügen die Freiheitlichen hinzu.
Die Region, welche die SVP seit ihrem Bestehen stets abschaffen wollte, werde nunmehr laufend aufgewertet. Man habe ihr das Gerichtspersonal übertragen. Dass man ihr sogar die Zuständigkeit für die Behandlung der Ergebnisse des so genannten Autonomie-Konvents übertragen hat, grenze an Selbstaufgabe, so die Freiheitlichen.
„Die von Landeshauptmann Kompatscher immer wieder gepriesene “vorteilhafte” Finanzreglung mit dem Staat besteht in Wirklichkeit aus einem vertraglichen Verzicht auf 2,3 Milliarden Euro, die dem Land durch Urteile des Verfassungsgerichtshofes bereits zugesprochen worden waren. Zusätzlich verpflichtete sich das Land, sich am Abbau der Staatsschulden zu beteiligen; ein solcher ist nicht zu erkennen, im Gegenteil: die Staatsschulden steigen weiter an und betragen inzwischen fast 2,3 Billionen Euro“, meinen die Freiheitlichen.
Die PD-Kandidatin Boschi werde auch in Kreisen der SVP und nicht nur von den Freiheitlichen und anderen Oppositionsparteien wegen früherer (2014) eindeutig gemachter autonomiefeindlicher Erklärungen als untragbar empfunden. „Ihre nachträglichen Dementis sind wertlos und unglaubwürdig. Ihre wahre Gesinnung wurde auch daraus ersichtlich, dass sie gemeinsam mit Matteo Renzi jenen zentralistischen Verfassungsentwurf ausgearbeitet hat, der im Referendum von 2016 dann kläglich scheiterte. Dass die SVP diese zentralistische Verfassungsreform auch noch unterstützte, ist der bedingungslosen Pakttreue mit dem PD geschuldet – auf Kosten Südtirols. Der PD-Kandidat Bressa erklärte nach den Landtagswahlen 2013 über 51.000 Südtirolern, sie hätten eine undemokratische Partei gewählt. Eine mehr als fragwürdige Begründung für das Veto gegen eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen. Mit “demokratisch” hat das wenig zu tun“, so die Freiheitlichen weiter.
Zuletzt wurde noch auf die Forderung nach Vollautonomie eingegangen. Diese habe man nur als Alibi benützt, erklärten die Freiheitlichen abschließend.