Lazzarini ersucht um Unterstützung

UNO-Hilfswerk: Lage im Gazastreifen ist die “Hölle”

Dienstag, 25. Juni 2024 | 08:51 Uhr

Von: APA/dpa/AFP

Der Chef des UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat die Lage im Gazastreifen als “Hölle” bezeichnet. “In den vergangenen neun Monaten haben wir ein beispielloses Versagen der Menschlichkeit erlebt”, sagte Philippe Lazzarini am Montag vor dem Aufsichtsgremium der Organisation in Genf, wie aus einem Transkript hervorgeht. Mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen befänden sich “in einem Alptraum, aus dem sie nicht erwachen können”.

Das “katastrophale Ausmaß” des Hungers dort sei das Ergebnis menschlichen Handelns, sagte Lazzarini demnach. “Kinder sterben an Unterernährung und Dehydrierung, während Lebensmittel und sauberes Wasser in Lastwagen warten.” Zudem habe der Zusammenbruch der zivilen Ordnung zu “hemmungslosen Plünderungen” und Schmuggel geführt. Lazzarini rief dazu auf, die “entscheidende Rolle” des UNRWA zu schützen. Es müsse seine Arbeit fortsetzen können, bis eine politische Lösung in Sicht sei.

Das UNRWA war im Jänner in die Schlagzeilen geraten, weil Israel behauptete, zwölf Mitarbeiter des Hilfswerks seien in das Massaker vom 7. Oktober verwickelt gewesen und die Organisation als Ganzes sei von der Hamas unterwandert. Ein Prüfbericht unabhängiger Experten kam später zum Schluss, das UNRWA habe “robuste” Mechanismen etabliert, um seinen Neutralitätsgrundsatz zu wahren. Allerdings gebe es Verbesserungsbedarf. Zugleich hieß es in dem Bericht, Israel habe für manche Behauptungen nie Beweise vorgelegt.

Hinterbliebene von Opfern des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober haben das UNRWA nichtsdestotrotz verklagt. Wie aus am Montag in New York eingereichten Gerichtsdokumenten hervorgeht, beschuldigen sie das Hilfswerk, zu dem Angriff der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation beigetragen zu haben. Als Reaktion auf die Vorwürfe Israels zu Beginn des Jahres, wonach zwölf UNRWA-Mitarbeiter an dem beispiellosen Angriff der Hamas beteiligt waren, hatten zahlreiche Geberstaaten, darunter Österreich, ihre finanzielle Hilfen ausgesetzt.

Die Familien der Opfer beschuldigen das Hilfswerk nun in ihrer Klage, der Hamas mehr als zehn Jahre lang beim Aufbau ihrer “terroristischen Infrastruktur” geholfen zu haben. Das UNRWA habe der Hamas “wissentlich” Geld zur Verfügung gestellt, “um Händler von Waffen, Sprengstoff und anderer terroristischer Ausrüstung zu bezahlen”. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP gab das Hilfswerk zunächst keine Stellungnahme ab.

Das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten beschäftigt mehr als 30.000 Mitarbeiter. Die 1949 gegründete Organisation hat das Mandat der UNO, den in ihrem Einsatzgebiet registrierten palästinensischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe und Schutz zu gewähren. Lazzarini beschuldigt Israel, eine Kampagne gegen seine Organisation zu führen. Ende Mai schrieb er in der “New York Times”, seit dem 7. Oktober seien im Gazastreifen mindestens 192 UNRWA-Mitarbeiter getötet und mehr als 170 UNRWA-Einrichtungen beschädigt oder zerstört worden.

Der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober hatte den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Damals töteten Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas nach israelischen Angaben 1.194 Menschen und verschleppten 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen, von denen sich nach wie vor 116 in dem Palästinensergebiet in der Gewalt der Hamas befinden. Nach Angaben der israelischen Armee sind 41 von ihnen bereits tot. Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bisher mehr als 37.600 Menschen getötet.

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