Sir Ray Davies am Tag seines Ritterschlags im Jahr 2017

Kinks-Frontmann Ray Davies feiert seinen 80. Geburtstag

Freitag, 21. Juni 2024 | 06:57 Uhr

Von: APA/dpa

The Kinks sind mit ihrer Musik rund 60 Jahre nach ihrer Gründung immer noch allgegenwärtig. Da ist “You Really Got Me” mit dem sofort erkennbaren Gitarrenriff oder “Lola” mit seinem unvergesslichen “La-la-la-la-Lola”-Refrain und nicht zuletzt das entspannte “Waterloo Sunset”. Geschrieben und gesungen hat diese Klassiker Ray Davies. Der einstige Frontmann der einflussreichen Kinks wird am heutigen 21. Juni 80 Jahre alt – und blickt dabei auf ein Leben mit Höhen und Tiefen.

“Wir hatten damals keine Ahnung”, sagte Davies im dpa-Interview vor einigen Jahren über die Anfänge der Kinks, zu deren Originalbesetzung neben Ray sein zwei Jahre jüngerer Bruder Dave Davies an der Gitarre, Bassist Pete Quaife und Schlagzeuger Mick Avory gehörten. “Bands von heute sind ziemlich smart, wenn sie Verträge abschließen. Aber damals war es ein ganz neues Geschäft, es gab keine Anleitung dafür. Es war wie der Wilde Westen.”

Das Quartett habe damals einen schlechten Vertrag unterschrieben, mit dem die Musiker nur wenig Geld verdienten. “Wir haben nicht erwartet, Millionäre zu sein”, sagte Davies, Sänger, Rhythmusgitarrist und Hauptsongwriter der Band. “Wir wollten nur genug zu essen auf dem Tisch haben.”

Mit den Gagen für ihre Konzerte hätten sie sich über Wasser gehalten. Doch auch als Liveband hatten die Kinks einige Hindernisse zu überwinden. “Glücklicherweise haben wir es überlebt.”

Im Norden von London wurde Raymond Douglas Davies am 21. Juni 1944 als siebentes von acht Kindern einer Arbeiterfamilie geboren. Mit seinem jüngeren Bruder Dave gründete er schon in der Schulzeit eine Band, in der zeitweise ihr Schulkamerad Rod Stewart sang. Davies absolvierte ein Kunststudium und war Mitglied in diversen Bands, bevor er sich wieder seiner eigenen Gruppe widmete. Nach mehreren Namensänderungen und Besetzungswechseln wurden daraus The Kinks.

1964 erschien ihre erste Single “Long Tall Sally”, ein Little-Richard-Cover. Bald landeten die Briten mit “You Really Got Me” ihren ersten Nummer-1-Hit in Großbritannien. Davies hatte einen Blues-Song im Sinn gehabt. “Und dann wurde es ein Pophit”, sagte er im BBC-Interview. Heute gilt das Lied als Blaupause für Hardrock und Heavy Metal.

“You Really Got Me” landete auch in den USA in den Top Ten. Neben den Beatles und den Rolling Stones wurden die Kinks dort zu Stars der “British Invasion”. Damit war es jedoch schnell vorbei. Denn 1965 geriet Davies bei einem TV-Auftritt in den USA mit einem Sendermitarbeiter in Streit und verpasste ihm einen Faustschlag – mit fatalen Folgen. Die Musikergewerkschaft belegte die als Rabauken berüchtigte Gruppe mit einem mehrjährigen Auftrittsverbot in ganz Amerika.

“Es war ein schwerer Schlag für unsere Karriere. Wir konnten nicht touren. Wir konnten nicht in Woodstock spielen”, so Davies. “Im Inneren war ich sehr verletzt, weil Amerika die Inspiration für so viel von unserer Musik war.” Später lebte er zeitweise in New Orleans. Doch bis heute hat er ein zwiespältiges Verhältnis zu Amerika. Darüber sang er 2017 auf seinem Soloalbum “Americana”.

Die Band blieb nach dem Rückschlag in den 60ern produktiv und kreativ, veröffentlichte Konzeptalben und Rockopern. Werke wie “Arthur (Or the Decline and Fall of the British Empire)” (1969) oder “The Kinks Are The Village Green Preservation Society” (1968) gelten heute als Klassiker.

Das Jahr 1970 und die Veröffentlichung von “Lola Versus Powerman And The Moneygoround, Part One” markierte einen Wendepunkt. “Die Platte steht für Freiheit und unsere Rückkehr nach Amerika”, erklärte Davies im dpa-Gespräch. “Es war eine befreiende Zeit für uns.” Der Erfolg des Konzeptalbums, das auch eine satirische Abrechnung mit der Musikindustrie ist, ermöglichte den Kinks, einen neuen, besseren Vertrag mit ihrer Plattenfirma auszuhandeln und sich mehr kreative Kontrolle zu sichern. Kommerziell ging es bergauf.

Bei ihrem Livecomeback in den USA musste die Band 1970 fast von vorn beginnen und zunächst in kleinen Hallen und Auditorien spielen, laut Davies “eine ziemlich ernüchternde Erfahrung”. Doch die jahrelange Arbeit sollte sich auszahlen. Als das Interesse an den Kinks in Großbritannien nachließ, erwies sich der amerikanische Markt als lukrativ. 1980 füllten die Briten sogar den Madison Square Garden in New York.

“Es war harte Arbeit, aber auf eine seltsame Weise haben wir in der Zeit eine loyale Fangemeinde aufgebaut”, meint Davies heute. Mit Popsongs wie “Come Dancing” oder “Don’t Forget To Dance” landeten sie in den 80ern international noch einige kleinere Hits.

Bis auf die Davies-Brüder wechselten die Bandmitglieder über die Jahrzehnte oft. 1996 traten die Kinks anlässlich des 50. Geburtstags von Dave Davies zum letzten Mal gemeinsam auf. Dabei eskalierte ein Streit. Ausgerechnet auf dem Höhepunkt der musikalischen “Cool Britannia”-Bewegung, als angesagte Britpop-Bands die Kinks als wichtige Vorbilder adelten, brach die Gruppe auseinander. Interne Spannungen, besonders zwischen Ray und Dave, hatte es schon lange gegeben. Die Musiker fokussierten sich fortan auf ihre jeweiligen Soloprojekte.

“Wir sprechen nicht oft miteinander und treffen uns nur ganz selten, aber wir sind sehr aufrichtig miteinander”, erzählte Ray Davies. Die Beziehung zu seinem Bruder, der heute in den USA lebt, sei stets schwierig gewesen. “Als er zu den Kinks kam, sind wir von Brüdern zu Arbeitskollegen geworden. Wir hatten harte Phasen, die Band ist zerbrochen, trotzdem war er immer da, um mir in schweren Zeiten zu helfen. Er kann aber auch ganz schön nerven.” Dave wiederum attestierte seinem Bruder, er müsse immer im Mittelpunkt stehen.

Eine angedachte Kinks-Reunion scheiterte, als Dave 2004 einen Schlaganfall erlitt und vorübergehend nicht mehr sprechen und Gitarre spielen konnte. Im selben Jahr wurde Ray in New Orleans während der Verfolgung eines Räubers, der seiner Partnerin die Handtasche gestohlen hatte, angeschossen. Dabei brach sein Oberschenkelknochen.

Privat war der Musiker, der in den 70er- und 80er-Jahren mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen hatte, zweimal verheiratet. Er hat vier Töchter mit drei Frauen, eine stammt aus seiner Beziehung mit Pretenders-Frontfrau Chrissie Hynde in den 80er-Jahren. Soweit es möglich war, schirmte er sein Privatleben jedoch von der Öffentlichkeit ab.

Heute lebt Ray Davies, der 2017 von Prinz Charles, dem heutigen König Charles III., zum Ritter geschlagen wurde, zurückgezogen in London. Seit der Coronapandemie trat er nicht mehr live auf. Lust, wieder auf der Bühne zu stehen, habe er aber schon, sagte er vor einigen Jahren. “Ich schätze, es hängt davon ab, wie sich die Welt dreht.” Seit einigen Jahren spricht er sogar über neue Kinks-Songs, die angeblich in Arbeit sind, und selbst sein Bruder wäre für ein Comeback der Band offen. “Wir haben darüber gesprochen”, bestätigte Dave Davies dem “Independent”. “Es ist möglich.

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