Von: apa
TikTok, Instagram und ein Stück weit auch Youtube werden von Post-35-Jährigen mitunter als Angstraum angesehen, den man eher erst dann betritt, wenn man muss. Auch für viele Forscherinnen und Forscher sind derartige Social Media-Plattformen alles andere als ihr natürliches Habitat. Das soll nun eine Initiative der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) namens “FÄKT” ändern, wie es am Mittwoch bei der Präsentation der ersten, plattformimmanent rasch geschnittenen Videos hieß.
“Ich hatte Berührungsängste, das muss ich zugeben”, erklärte die Protagonistin des Pilotfilms zur neuen Wissenschaftsvermittlungs-Initiative, Ivona Brandic, vor Journalisten in einem Wiener Kinosaal. Die Computerwissenschafterin von der Technischen Universität (TU) Wien geht im ersten “FÄKT”-Langvideo – Achtung: In dieser Welt sind sechs bis sieben Minuten schon lang – zusammen mit “Host” Miso Tschak Fragen zum horrenden Energieverbrauch von generativer KI, allen voran ChatGPT nach. Quasi mitverpackt werden dabei einige Grundlagen zur Arbeitsweise von Künstlicher Intelligenz und zum Aufbau des Internets im Allgemeinen. All das möchte man “nahbar vermitteln” – und zwar auch im schulischen Kontext, sagten Tschak und Mit-“Host” Julia Winkler. Das gehe etwa, wenn man komplexe Sachverhalte zusammen mit verdaulichen Häppchen präsentiert: Also zum Beispiel der Information, dass alleine ChatGPT vermutlich bald den Energieverbrauch ganz Spaniens auf sich vereinen wird.
Im Gegensatz zu vermutlich einigen ihrer Interviewpartnern aus der weiten Welt der österreichischen Wissenschaft sind die beiden Anfang-Zwanzigjährigen beschlagen in der einschlägigen (Bild-)Sprache. Klar, TikTok könne man verteufeln oder aber auch einfach dort online gehen, sagte Brandic. Wissenschafterinnen und Wissenschafter seien eigentlich Kommunikationsprofis, so die TU Wien-Forscherin – allerdings in ihrer eigenen “Bubble”, die aus Fachjournalen oder Vorträgen besteht. Beim Dreh habe sie jedenfalls “großartige Erfahrungen gesammelt”, u.a. erfahren, was ein “Short” ist, und sei “öfters aus der Komfortzone gekommen”, sagte Brandic, die in dem ersten “FÄKT”-Video von Tschak mit dem Prädikat “megasmart” charakterisiert wird.
Ein “Short” kann zum Beispiel ein noch kürzeres Kurzvideo sein, das aus einem anderen Clip herausdestilliert wird, wie ÖAW-Präsident Heinz Faßmann wusste. In der ersten Tranche werden nun zehn längere Basisfilme unter Federführung der Firma Neuland Film produziert. Die zweite Episode wird die ÖAW-Forscherin und “Wissenschafterin des Jahres” Andrea Fischer zum Thema Gletscherschwund bestreiten, in der dritten Folge zeigt man mit Franz-Stephan Lutter und Julia Kreimel von der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), wie eine Kreislaufwirtschaft organisiert werden könnte. Seit dem heutigen Mittwoch können sich weitere Wissenschafter im Rahmen der zweiten Ausschreibung des vom Fonds Zukunft Österreich mit insgesamt rund 800.000 Euro Anschubfinanzierung ausgestatteten Projekts um die Teilnahme bewerben, sagte Faßmann.
Bis Mitte 2025 will man so auf 25 bis 30 längere “Science-Videos” und entsprechend viel mehr “Shorts” kommen. Dazu gibt es unterstützende Lernmaterialien, um die Inhalte der Videos auf mehreren Wegen in den Schulunterricht einzubauen. Man habe sehr bewusst auf eine “Anbindung an den Lehrplan” geachtet, wie Faßmann und sein Nachfolger als Bildungsminister, Martin Polaschek (ÖVP), betonten. Zudem wolle man Inhalte so aufarbeiten, dass sich auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 – also ab zehn Jahren – angesprochen fühlen, so Andreas Bergthaler von der Medizinischen Universität Wien und Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der ÖAW, der einer der zentralen Ideengeber für die Initiative war.
So könnte “FÄKT” dazu beitragen, dass junge Menschen ihren natürlichen Forschungsdrang nicht mit der Zeit verlieren, hofft Polaschek. Für die Schulen biete sich u.a. damit die Möglichkeit, auf ein stetig wachsendes Paket an Materialien zuzugreifen, die dabei helfen sollen, Wissenschaftsskepsis oder -desinteresse vorzubeugen und Stereotypen gegenüber Forschenden abzubauen.
Faßmann hofft, dass “FÄKT” mittelfristig zu einer neuen Art “Dachmarke” und zentralem Vermittlungskanal für die heimische Forschung wird. Dass die ÖAW als etwas “altehrwürdige” Institution hier einen Impuls für weitere Forschungseinrichtungen in Österreich liefert, sich auch stärker in Richtung der neuen Medienwelt zu bewegen, zeuge jedenfalls von “Mut”, sagte Bergthaler. Auf den Popcornduft bei der Präsentation im Wiener Filmhaus Kino am Spittelberg anspielend, meinte der vor allem in der Covid-19-Pandemie medial präsente und in der Wissenschaftsvermittlung sehr aktive Virologe: “Ein neuer Duft liegt in der Luft.”
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