Bakterien entwickeln Resistenzen

Antibiotikagebrauch: Südtirol ist Musterschüler im Italienvergleich

Freitag, 22. November 2024 | 12:03 Uhr

Von: luk

Bozen – Gestern fand in Bozen der vierte und letzte Vortrag „Antibiotika richtig gebrauchen“ aus der Reihe „Forum Gesundheit Südtirol“ des Südtiroler Sanitätsbetriebes statt.

Rund 70 Personen waren in den Pastoralsaal nach Bozen gekommen, um nach der Begrüßung durch Sanitätsdirektor Josef Widmann den beiden Referenten Leonardo Pagani, Facharzt in der Abteilung für Infektionskrankheiten am Krankenhaus Bozen und Richard Aschbacher, Biologe im Betrieblichen Labor für Mikrobiologie und Virologie, zuzuhören. Auch eine Betroffene kam zu Wort, die von ihren Erfahrungen im Umgang mit Antibiotika und Antibiotikaresistenzen berichtete.

Wussten ihr, dass der Mensch über zumindest gleich viele Bakterien wie menschliche Zellen verfügt? Die gesamte Bakterienmasse in der sogenannten Mikrobiota eines Menschen wiegt rund 200 Gramm und auf und im Menschen befinden sich Hunderte von Bakterienarten. Ein Großteil der Bakterien der Mikrobiota sind allerdings „gute“ Bakterien, die wichtige Funktionen bei der Verdauung, der Reifung des Immunsystems und der Abwehr von krankmachenden Bakterien ausüben. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Bakterien, die mit Antibiotika bekämpft werden müssen, wenn ihre unkontrollierte Vermehrung schwere Infektionskrankheiten verursacht.

Antibiotika sind „Wunderwaffen“ im Kampf gegen beispielsweise bakterielle Hirnhautentzündungen, Lungenentzündungen oder Hautinfektionen. Diese Wunderwaffe wird aber zunehmend abgestumpft, denn leider haben viele Bakterien im Laufe der Zeit die Fähigkeit entwickelt, resistent gegen verschiedene Antibiotika zu werden. Diese Resistenzen werden schon seit Jahren als weltweite Gefahr und globaler Notstand angesehen, und zwar sowohl im menschlichen als auch im tierischen und im Umweltbereich. So waren weltweit laut der Weltgesundheitsorganisation im Jahr 2023 rund 1,27 Millionen menschliche Todesfälle direkt darauf zurückzuführen. Ein bewussterer Umgang mit Antibiotika kann dazu beitragen, diesem Phänomen Einhalt zu gebieten. Facharzt Leonardo Pagani hat dafür nur einen Lösungsansatz: „Genau hinschauen, beobachten und vor jedem Einsatz überlegen, ob dieser sinnvoll ist!“

Richard Aschbacher warnte ebenfalls vor sog. „Superkeimen“, denen die meisten Antibiotika nichts mehr anhaben können und die deshalb als vielfach-resistent bezeichnet werden. Leider sind derartige vielfach-resistente Bakterien in Italien wesentlich häufiger nachweisbar, wenn die Situation mit vielen anderen europäischen Ländern verglichen wird. Südtirol stellt hierbei allerdings innerhalb Italiens eine Ausnahme dar, denn bei uns sind derartige vielfach-resistente Keime insgesamt wesentlich seltener nachweisbar im Vergleich zur Gesamtsituation in Italien. Einer der Gründe für diese Situation liegt darin, dass Südtirol den niedrigsten Antibiotikaverbrauch aller Provinzen und Regionen Italiens aufweist, zudem geht der Trend zur Einnahme in Südtirol in den letzten zehn Jahren nach unten. Allerdings ist der Antibiotikaverbrauch nur eine der Ursachen für die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen. Leonardo Pagani warnte, dass Antibiotika nicht leichtfertig eingenommen werden sollen, vor allem, wenn es sich nicht um eine „echte“ Infektion handelt.

Dabei ist es nicht einfach, sich abzuschotten, denn vielfach-resistente Bakterien können durch die Mobilität und durch den Handel leicht Landesgrenzen und sogar Kontinente überwinden: Eine „Mitschuld“ trifft hier auch die Viehzucht, in der vor allem in Entwicklungsländern heute noch eine große Menge an Antibiotika weltweit verwendet wird. Zuletzt ein einfacher Tipp, den jeder beachten kann, um der Verbreitung von resistenten Bakterien Einhalt zu bieten: „Waschen Sie sich die Hände“, so Pagani, denn antibiotikaresistente Keime werden vor allem durch direkten Kontakt übertragen.

Auch das bekannte „Robert-Koch-Institut“ in Deutschland warnt: „Wenn ein Antibiotikum seine Wirkung verliert, ist prinzipiell jeder gefährdet. Die Entstehung von Antibiotika­resistenzen kann nicht verhindert, sondern höchstens verlangsamt werden. Antibiotika­resistenzen nehmen weltweit zu. Sie sind eine der größten Heraus­forderungen für die globale Gesundheit dieser Zeit“.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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1 Kommentar auf "Antibiotikagebrauch: Südtirol ist Musterschüler im Italienvergleich"


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krokodilstraene
5 h 9 Min

wir sind in allem Musterschüler, deswegen sind wir auch in allem die allerbesten 💪💪

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