Von: mk
Bozen – Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Trient wegen mutmaßlicher Korruption und Bauspekulation haben in Südtirol ein wahres Erdbeben ausgelöst. Insgesamt wird gegen 77 Personen ermittelt, mehrere Verdächtige wurden in den Hausarrest überstellt. Mit Josef Gostner ist offenbar ein weiterer bekannter Südtiroler Unternehmer ins Visier der Ermittler geraten.
Die Ermittlungen zeichnen ein düsteres Bild von einem Netzwerk, das über Jahre hinweg die Bauwirtschaft und das öffentliche Leben in Südtirol und im Trentino beeinflusst haben soll. Die Vorwürfe wiegen schwer und werfen Fragen nach der Integrität zahlreicher Akteure auf. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte über die zahlreichen Anklagepunkte urteilen werden.
Wie berichtet, wird dem Tiroler Immobilieninvestor René Benko vorgeworfen, der Kopf einer kriminellen Vereinigung zu sein, die ihre Interessen zielstrebig verfolgt habe. Benko habe an der Spitze der kriminellen Vereinigung mithilfe des Bozner Steuerberaters Heinz Peter Hager und des Unternehmers Paolo Signoretti aus der Stadt Rovereto gehandelt, hieß es aus der Trentiner Staatsanwaltschaft. Hager, der derzeit mit acht weiteren Personen unter Hausarrest steht, ist auch Vorstandschef der nach Benkos Tochter benannten Laura Privatstiftung.
Den Ermittlungen zufolge hat die Vereinigung finanziell große Bereitschaft zur Akquisition von Grundstücken an den Tag gelegt – in Südtirol für die Projekte WaltherPark und Gries Village, im Trentino für das ehemalige Cattoi-Gelände und das ehemalige Hotel in Arco. Die Sanierungen oder Neubauten seien laut den Ermittlern „in offenem Widerspruch zu den Vorschriften“ geplant worden. Jedes Mal, wenn eine Baustellenbegehung „von ehrlichen Beamten durchgeführt wurde, die nicht in die Pläne der kriminellen Vereinigung eingeweiht waren, bemühten sich die Spitzenkräfte, die erforderlichen Zertifizierungen dennoch zu erteilen, indem sie die Beamten übergingen oder ermahnten“, heißt es laut Anklage.
Unternehmer, Beamte und öffentliche Verwalter hätten alle an einem Strang gezogen. Auch Josef Gostner, der Chef der Südtiroler Fluggesellschaft SkyAlps, und Paolo Signoretti, Vertreter der Heliopolis AG, sollen involviert sein, wie die italienische Tageszeitung Alto Adige berichtet. Die Heliopolis AG war mit den Arbeiten zur Erweiterung der Landebahn am Bozner Flughafen beauftragt. Zwischen den beiden soll laut den Ermittlern eine Abmachung bestanden haben, um „Prüfpersonal der italienischen Zivilluftfahrtbehörde Enac in die Irre zu führen, indem der tatsächliche Grundwasserspiegel im Bereich der durch die Flughafenerweiterung betroffenen Fläche verschleiert“ worden sei. Dank dieses Vorgehens soll Gostner die Genehmigung zur Erweiterung der Landebahn erhalten haben.
Doch gegen Gostner wird noch ein weiterer Anklagepunkt erhoben. Dieser betrifft den Zeitraum zwischen 2020 und 2021. Als Geschäftsführer von Alerion Clean Power soll er „relevante Informationen, die er besaß, seiner Nichte Manuela Gostner und seiner Ex-Frau Karoline Fink, die beide Aktionäre der Gesellschaft waren, mitgeteilt“ haben. Insbesondere soll er die Frauen laut Anklage dazu veranlasst haben, ihre Aktien nicht zu verkaufen. Manuela Gostner habe er außerdem über die zukünftige Kapitalerhöhung informiert, die der Verwaltungsrat der Gesellschaft in den folgenden Monaten tatsächlich beschloss.
Ähnliche Informationen sollen auch seinen Söhnen Alexander und Tobias sowie seinem Bruder Ernst übermittelt worden sein, die ebenfalls von der Staatsanwaltschaft untersucht werden.
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