Von: mk
Bozen – Während der ehemalige Senator Vittorio Fravezzi und der Unternehmer Paolo Signoretti aus Rovereto von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen, haben der Publizist Lorenzo Barzon und der Architekt Andrea Saccani über eine Stunde vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt. Über ihre Anwälte fordern die beiden, dass der Hausarrest aufgehoben wird.
Wie berichtet, leitet die Antimafiastaatsanwaltschaft von Trient derzeit eine breitangelegte Untersuchung, gegen eine mutmaßliche kriminelle Vereinigung rund um den Tiroler Magnaten René Benko, die Einfluss auf wichtige Immobilienprojekte im Trentino-Südtirol genommen haben soll. Insgesamt wird gegen 77 Personen ermittelt, Personen, die als maßgebliche Akteure der Vereinigung unter Verdacht stehen, wurden in den Hausarrest überstellt.
Auch der Bozner Architekt Fabio Rossa hat am Freitag von seinem Recht zu schweigen Gebrauch gemacht. Als Begründung wurde die fehlende Zeit genannt, um die Anklageschrift und die dazugehörigen Unterlagen zu lesen. Cristina Santi, die Bürgermeisterin von Riva del Garda, hat unterdessen über eine Stunde lang ausgesagt. Wie berichtet, wurde in ihrem Fall der Hausarrest aufgehoben. Sie darf das Gemeindegebiet allerdings nicht verlassen.
Der 27-jährige Kommunikationsexperte Lorenzo Barzon und der Architekt Andrea Saccani haben sich beide Anwalt Beniamino Migliucci als Rechtsbeistand zugelegt. Barzon hat rund eine Stunde und 20 Minuten die Fragen des Richters beantwortet. Dabei habe er „jeden Aspekt geklärt, auch wenn es wenig zu klären gegeben habe“, wie sein Anwalt laut einem Bericht der Zeitung Alto Adige betont.
Man habe die eigenen Argumente dargelegt, nun müsse das Gericht entscheiden, erklärte Migliucci. Der Anwalt legte unter anderem Wert darauf, den Umstand zu unterstreichen, dass man unter anderem Barzons Rolle geklärt habe. Demnach sei der 27-Jährige kein Vertrauensmann von Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager gewesen, sondern er habe regulär Rechnungen ausgestellt. Hager, der ebenfalls unter Hausarrest steht, gilt laut den Ermittlern bekanntlich als Benkos rechte Hand in Südtirol. „Ein Vertrauensmann ist bekanntlich etwas völlig anderes“, betonte Migliucci.
Auch Saccani habe ausführlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung genommen, erklärte der Anwalt. „Wir haben den Richter um die Aufhebung der bestehenden Maßnahmen gebeten, auch weil für uns, abgesehen von der Anfechtung der schweren Tatverdachtsgründe, keine weiteren Haftgründe ersichtlich sind.“ Der Richter hat sich für beide Anträge um Aufhebung der Untersuchungshaft eine Entscheidung vorbehalten und wird diese am Vormittag bekanntgeben. Im Fall von Rossa bleibt der Hausarrest hingegen vorerst aufrecht.
Die Verhöre von Signoretti und Vittorio Fravezzi verliefen wesentlich schneller. Beide machten von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Beide Beschuldigten aus dem Gebiet um den Gardasee zeigten sich sichtlich angespannt. Signoretti, um den sich zusammen mit Hager die gesamte Untersuchung dreht, mied jeden Kontakt mit den Journalisten. Er wartete hinter einer Ecke des Korridors bis zum Verhör und verließ nach Beendigung der Anhörung das Gerichtsgebäude schnell durch einen Seiteneingang, wobei er seinen Anwalt mit den Medien sprechen ließ. Fravezzi erschien unterdessen eine halbe Stunde früher zum Termin und wartete allein im Eingangsbereich des Gebäudes auf die Ankunft seines Anwalts. Er versuchte jedoch nicht, den Kontakt mit Journalisten zu vermeiden und lächelte sogar ein paar Mal höflich in deren Richtung. Sowohl für Signoretti als auch für Fravezzi hat Rechtsanwalt Giovanni Rambaldi einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.
Am Donnerstagvormittag wird die Anhörung durch den Haft- und Ermittlungsrichter für die acht Beschuldigten abgeschlossen. Um 9.30 Uhr soll Hager am Gericht in Trient angehört werden, während zwei Stunden später die Bozner Gemeindebeamtin Daniela Eisenstecken sich dem und der Staatsanwaltschaft stellen muss.
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