Von: mk
Bozen – Fragmente eines Textes von Benno Neumair sind von der Pressagentur Adn Kronos veröffentlicht worden. Der 30-jährige Bozner sitzt bekanntlich im Gefängnis der Landeshauptstadt in U-Haft, nachdem er den Mord an seinen Eltern Laura Perselli und Peter Neumair gestanden hat. Da Interviews mit Gefängnisinsassen nicht gestattet sind, muss es sich wohl um einen Brief handeln, berichtet die Tageszeitung Alto Adige.
Dass keine Interviews gegeben wurden, haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Anwalt des Angeklagten, Flavio Moccia, bestätigt.
In dem Schriftstück betont der 30-Jährige zum ersten Mal, dass er seine Tat bereue und dass es ihm im Gefängnis nicht gut gehe. Der Fund der Leichen seiner Eltern im Fluss habe ihn emotional berührt.
Er betriebe keinen Sport mehr, um seinen Körper zu stählen, wie er dies früher gemacht hat, obwohl er dazu die Möglichkeit hätte, heißt es weiter. Dem Text zufolge pendelt sein Leben zwischen einer Art Alltag, den er mit seinen Zellengenossen erlebt, und einer tief empfundenen Traurigkeit. Trost finde er in Gesprächen mit dem Psychologen. Allerdings falle es ihm immer noch schwer, den Grund zu verstehen, warum er die Tat begangen habe, heißt es weiter.
Zwischen den Zeilen lässt sich eine Sinneswandlung herauslesen, die sich offenbar vollzogen hat – weg vom Körperkult und jener Dreistigkeit, mit der der 30-Jährige zu Beginn der Untersuchung etwa versucht hat, falsche Fährten für die Ermittler zu legen.
Den 4. Jänner, den Tag, an dem er seine Eltern getötet hat, versuche er aus seiner Erinnerung zu löschen, heißt es weiter. „An diesem Tag hatte ich ein Blackout. Ich wurde von meinem Vater energisch geweckt und wir führten di x-te Diskussion aus den üblichen Gründen. Er sagte mir, ich würde nichts taugen – im Gegensatz zu meiner Schwester“, heißt es in dem Text.
Weil er unter Schlafstörungen leide, werde er nervös, wenn man ihn auf aggressive Art aus dem Schlaf reißt. Offenbar wurde an alten Wunden gerührt. Er habe nicht mehr klar denken können, als sein Vater mit dieser Vehemenz sein Zimmer betreten habe. Daher habe er nach dem Seil gegriffen, das sich in seiner Nähe befand, und seinen Vater erwürgt. „Dann bin ich am Boden eingeschlafen, neben seinem Körper.“ Geweckt habe ihn das Telefon. Seine Mutter habe angekündigt, dass sie nach Hause komme. „Ich habe die Schlüssel im Schloss gehört, ich habe sie gesehen und mit dem Seil noch immer in der Hand habe ich auch sie erwürgt, ohne dass sie überhaupt Zeit hatte, etwas zu merken. Alles ist innerhalb weniger Minuten passiert.“
Auffallend ist, dass die Rekonstruktion der Ereignisse, die Benno Neumair geliefert hat, gut mit der Strategie der Verteidigung zusammenpasst. Diese bestreitet, dass der Mord an seinen Eltern geplant war. Sollte die Planung der Tat nachgewiesen werden, würde dies eine lebenslange Haftstrafe für den 30-Jährigen bedeuten.
Im Brief geht er auch sehr hart mit seiner Mutter ins Gericht. „Ich bin 2010 ausgezogen – müde von den ständigen Streitigkeiten, die ich stets zu vermeiden versucht habe“, schreibt Benno Neumair. Ständig sei er mit seiner Schwester verglichen worden, die in allem außergewöhnlich, in ihrer Zielstrebigkeit frühreif und sehr an seine Mutter gebunden gewesen sei. Ihn habe die Mutter hingegen stets beleidigt und herabgesetzt.
Die Angehörigen von Laura Perselli haben es vorgezogen, keine Stellungnahme zu dem Text abzugeben.