Finanzpolizei zieht Bilanz

Betrug um Mehrwertsteuer in Südtirol deutlich höher als im Trentino

Dienstag, 25. Juni 2024 | 17:14 Uhr

Von: mk

Bozen/Trient – Im Rahmen ihres 250-Jahr-Jubiläums zieht die Finanzpolizei auch im Trentino-Südtirol Bilanz über die vergangenen 17 Monate. Seit Anfang 2023 bis zum Mai 2024 ermittelte die Finanzpolizei in 8.600 Fällen in der Region, die in ihre Zuständigkeitsbereiche fallen – 4.100 Fälle im Trentino und 4.500 in Südtirol.

In rund 900 Fälle hat das Gericht die Finanzpolizei mit strafrechtlichen Ermittlungen betraut, 385 Fälle werden am Bozner Landesgericht verhandelt. In zwölf Fällen (fünf im Trentino und sieben in Südtirol) leitet die europäische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. 52 Untersuchungen gehen vom Rechnungshof aus, wovon 32 Südtirol betreffen.

Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung gelang es der Finanzpolizei in der Region, über 225 Millionen Euro sicherzustellen – 127 Millionen im Trentino und 128 Millionen in Südtirol. Während im Trentino Mehrwertsteuer in der Höhe von 13 Millionen Euro hinterzogen wurde, waren es in Südtirol 120 Millionen Euro.

Die Finanzpolizei hatte in Südtirol in diesem Zusammenhang zwei bedeutsame Betrugsfälle aufgedeckt. Über Scheinfirmen, die falsche Rechnungen ausstellten und nie Steuern an den Fiskus abführten, wurden Steuergutschriften zugunsten „echter“ Unternehmen geschaffen. Dadurch mussten diese weniger Mehrwertsteuer zahlen.

Beide Betrugsfälle – einer im Bereich der Schreibwaren und Druckereierzeugnisse und der zweite im Bausektor – wurden im Rahmen zweier getrennter Untersuchungen aufgedeckt. Eine davon leitete die Europäische Staatsanwaltschaft und betraf mehrere Regionen.

In Trentino ist die Finanzpolizei hingegen einem polnischen Unternehmen auf die Schliche gekommen, das in einer bekannten Skisportdestination tätig war und Gästen eine Reihe von Dienstleistungen anbot: Die Palette reichte von der Organisation von Reisen über Vermieten von Appartements sowie den Verleih von Skiausrüstung bis hin zu Skikursen auf der Piste. Obwohl das Unternehmen in Italien operierte, war es bis dahin dem Fiskus gänzlich unbekannt. Die Skilehrer hatten außerdem nicht die notwendige berufliche Qualifikation.

Die Finanzpolizei hat in der Region eine Reihe unterschiedlicher Steuervergehen aufgedeckt, wie etwa die Ausstellung und Verwendung von Rechnungen für fiktive Dienstleistungen, fehlende Steuererklärungen oder Falschangaben bei der Steuererklärung, die Verdunkelung und Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen oder die Hinterziehung von Steuerzahlungen. Insgesamt wurden 367 Straftäter angezeigt – 153 im Trentino und 214 in Südtirol. Zehn von ihnen wurden verhaftet, während 58 Millionen Euro (4,5 Millionen im Trentino und 53,5 Millionen in Südtirol) beschlagnahmt wurden.

Darüber hinaus hat die Finanzpolizei in der Region insgesamt 221 Personen aufgedeckt (116 im Trentino und 105 in Südtirol), die eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit ausübten, dem Fiskus aber gänzlich unbekannt waren. Zudem konnten 1.290 Schwarzarbeiter ausgeforscht werden (472 im Trentino und 818 in Südtirol). Die Finanzpolizei hat außerdem mehr als 33 Tonnen Dieselöl beschlagnahmt, das über die Grenze geschmuggelt und durch die Region transportiert worden war.

Öffentliche Beiträge

Auch in unserer Region wurden Gelder aus dem italienischen Wiederaufbaufonds PNRR unrechtmäßig beantragt. Insgesamt hat die Finanzpolizei einen Betrag von über sieben Millionen Euro ermittelt. In den meisten Fällen handelt es sich um Steuergutschriften in Zusammenhang mit fiktiven Kursen zu Digitalisierung und künstlicher Intelligenz. Unrechtmäßige Beiträge im Wert von 500.000 Euro waren außerdem im Bereich der Aufwertung des architektonischen Erbes beantragt worden. Während zwei Personen im Trentino angezeigt worden, hagelte es in Südtirol gleich 66 Anzeigen.

Der Rechnungshof ermittelte wegen mutmaßlicher Schäden zulasten der öffentlichen Hand in den vergangenen 17 Monaten gegen 81 Personen aus Südtirol und 54 aus dem Trentino. Insgesamt geht es um eine Summe von 38 Millionen Euro (zwölf Millionen im Trentino und über 26 Millionen in Südtirol). Ein großer Teil des Betrages steht in Zusammenhang mit der Lieferung von Atemschutzmasken und Schutzanzügen in der ersten Phase der Corona-Pandemie, die sich oftmals als ungeeignet herausstellten. Außerdem war es zur Einstellung von Fachärzten ohne Wettbewerb gekommen und es wurden mutmaßliche Unregelmäßigkeiten beim Umbau und der Erweiterung einer Gesundheitseinrichtung beanstandet.

Die Finanzpolizei hat außerdem bei öffentlichen Aufträgen im Wert von über 1,4 Millionen Euro Unregelmäßigkeiten beanstandet. Im Trentino geht es um einen Wert von über 600.000 Euro und in Südtirol um über 800.000 Euro.

Im Bereich der Sozialleistungen musste die Finanzpolizei in 153 Fällen einschreiten. Während im Trentino 457.000 Euro an öffentlichen Beiträgen unrechtmäßig ausgezahlt worden waren, betrug die Summe in Südtirol 194.000 Euro. In den meisten Fällen handelte es sich um Bürgergeld, das unrechtmäßig kassiert worden war.

Kampf gegen das organisierte Verbrechen

Besonderes Augenmerk legte die Finanzpolizei auch auf das organisierte Verbrechen. Im Kampf gegen Geldwäsche ist die Finanzpolizei in der Region 746 Verdachtsfällen nachgegangen – 417 im Trentino und 329 in Südtirol. In 161 Fällen kamen strafrechtlich relevante Tatbestände ans Tageslicht. In anderen Fällen führte die Überprüfung zu weiteren Untersuchungen. In acht Fällen wurde wegen Finanzierung von Terrorismus ermittelt.

21 Personen aus dem Trentino und 30 aus Südtirol kassierten eine Anzeige, während 26 Personen aus dem Trentino und vier aus Südtirol festgenommen wurden. Die Finanzpolizei hat über zwei Millionen Euro (über 1,2 Millionen Euro im Trentino und über 834.000 Euro in Südtirol) von insgesamt 5,7 Millionen Euro beschlagnahmt. Der Betrag soll aus Transaktionen herrühren, womit Geld aus Steuerbetrug oder Drogengeschäften gewaschen worden war.

Im Bereich des grenzüberschreitenden Geldverkehrs wurden 38 Verstöße festgestellt, wobei Bargeld im Wert von mehr als 160.000 Euro beschlagnahmt wurde. Die Finanzpolizei hat außerdem Falschgeld im Nennwert von mehr als 73.000 Euro sichergestellt – 19.000 Euro im Trentino und mehr als 53.000 Euro in Südtirol.

18 Unternehmer im Trentino und 20 in Südtirol, die Konkurs angemeldet haben, wurden angezeigt, weil sie Unternehmensvermögen im Gesamtwert von rund neun Millionen Euro in betrügerischer Absicht veruntreut haben, um es vor rechtmäßigen Ansprüchen von Gläubigern zu schützen.

Drogen

Aufsehenerregend in der Region sind die umfangreichen Ermittlungen im Kampf gegen den Drogenhandel: 320 Personen wurden angezeigt – 199 im Trentino und 121 in Südtirol.

60 Personen im Trentino und 22 in Südtiroler wurden festgenommen, während insgesamt 124 Kilogramm harter und leichter Drogen beschlagnahmt wurden (über 91 Kilogramm im Trentino und 32 in Südtirol).

Gleichzeitig hat die Finanzpolizei über drei Millionen Euro beschlagnahmt – über 2,8 Millionen Euro die Ermittler im Trentino und über 203.000 Euro jene in Südtirol. Bei den Summen handelt es sich um mutmaßliche Einnahmen aus dem Verkauf von Drogen.

Bergrettung

Die sieben Stationen der Bergrettung der Finanzpolizei in der Region verzeichneten insgesamt 1.475 Einsätze. Zwei der Stationen befinden sich im Trentino, und zwar in Tione und am Rollepass, während fünf in Südtirol liegen: in Sterzing, Bruneck, Meran, Schlanders und in Winnebach.

1.583 Personen konnten in den vergangenen 17 Monaten geborgen werden konnten – 801 im Trentino und 782 in Südtirol. Unterstützt wurden die Bergretter von den Helikopter-Einheiten der Sektion in Bozen. Auch Drohnen kamen dabei zum Einsatz.

Wertvolle Hilfe hat die Finanzpolizei im vergangenen Sommer auch außerhalb der Region geleistet – unter anderem nach den schweren Überschwemmungen, die die Emilia Romagna im vergangenen Sommer heimgesucht hat.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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10 Kommentare auf "Betrug um Mehrwertsteuer in Südtirol deutlich höher als im Trentino"


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Universalgelehrter
7 Tage 18 h

Ja, aber bei uns ist das ja alles kein Verbrechen, denn Südtirol ist nicht Italien.
LOL

Eric73
Eric73
Tratscher
7 Tage 18 h

Die Schäden durch die kleinen Unternehmen sind auch nicht unerheblich, ich weiß leider von einigen Gastronomen, Frisören, Handwerkern.. die offiziell viel weniger Umsatz machen.
Die klagen dann aber in einer Tour über den bösen Staat und erachten ihren Betrug als legitim.
Für solche Leute habe ich nichts übrig

MickeyMouse
MickeyMouse
Tratscher
7 Tage 18 h

Südtirol ist nicht Italien….

Faktenchecker
7 Tage 16 h

Schlimmer.

einervonvielen
einervonvielen
Universalgelehrter
7 Tage 4 h

@MickeyMouse, da hast du wohl mal 1 Minute in der Schule aufgepasst und mitbekommen, dass eine Provinz nicht das gleiche wie ein Staat ist….nicht schlecht!

Homelander
Homelander
Universalgelehrter
7 Tage 15 h

Aber die grossen Gauner sitzen irgendwo anders….😅

N. G.
N. G.
Kinig
7 Tage 4 h

Ach komm.. Wie wenn du noch nie…! Das glaubst du wohl selbst nicht!

Der Wahrhaftige
Der Wahrhaftige
Tratscher
7 Tage 15 h

Das ist kein Wunder, bei uns ist auch alles teurer wie in Trentino. Irgendwo muss man sparen!!!

N. G.
N. G.
Kinig
7 Tage 4 h

Ja, man muss sparen. Besser in die eigene Tasche wirtschaften, gell, sich aber im Gegenzug aufregen wenn irgendwo ein Projekt des Staates oder Landes nicht finanziert werden kann. Damit beklaust man seine Freunde, den Nachbarn, mich, die ganze Gesellschaft! Aber man muss sparen!?

Der Wahrhaftige
Der Wahrhaftige
Tratscher
7 Tage 1 h

@N. G. Wenn sich bei uns viele die Grundbedürfnise nicht mehr leisten können, dann greifen viele auf soche Mittel. Aber wirst schon von Mami alles in des A**** geschoben bekommen!!!!

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