Der Prozess findet in Wels statt

Betrugsprozess um Grundstücksdeal mit betagter Frau

Mittwoch, 12. Juni 2024 | 15:58 Uhr

Von: apa

Zwei Anwälte, ein Notar und drei Personen aus der Immobilienbranche müssen sich seit Mittwoch wegen schweren Betrugs vor dem Landesgericht Wels verantworten. Sie sollen im Herbst 2019 eine betagte Frau dazu gebracht haben, ihr Grundstück am Traunsee um 750.000 Euro einer Immobilienfirma zu verkaufen, obwohl der Verkehrswert bei 1,66 Millionen Euro lag. Die Eigentümerin sei damals bereits nicht mehr geschäftsfähig gewesen, lautet der Vorwurf.

Den Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung ein bis zehn Jahre Haft. Zudem wurde auch eine Verbandsklage gegen die Immobilienfirma eingebracht, hier könnte eine Geldstrafe verhängt werden. Die Verteidiger forderten alle Freisprüche. Auf Fragen der Staatsanwaltschaft und des Privatbeteiligten-Anwalts würden die Angeklagten in der Verhandlung nicht antworten. Für das Urteil würden zwei Dinge eine wichtige Rolle spielen, hieß es: Die Geschäftsunfähigkeit der betagten Dame und deren Erkennbarkeit sowie der Wert der verkauften Liegenschaft mit den damit verbundenen Rechten und Beschränkungen.

Befragt wurden am ersten Tag die beiden Anwälte sowie der Notar. Während sie dem Richter antworteten, verweigerten sie auf Anraten ihrer Verteidiger die Einvernahme durch die Anklage. Dem Notar wurde vorgehalten, ein falsch geschriebenes Geburtsdatum bei der Beglaubigung der Unterschrift übersehen zu haben. Weitere Fragen drehten sich um ein psychiatrisches Privatgutachten, bei dem auch der Notar und andere Angeklagte vorgesprochen hätten.

Der Richter wollte vom beschuldigten Anwalt und in diesem Fall Vertragserrichter Näheres zum Kaufvertrag wissen. Thema waren nachträgliche Änderungen, die den Zugang zum Seegrundstück für die Familie der Verkäuferin womöglich verwehrt hätten. Hinterfragt wurde auch die Rolle der Enkelin, die bei der Unterzeichnung anwesend war. Von ihr liegen Chatprotokolle vor, die sie vorher und nachher mit einem Anwalt getauscht hatte. Dieser hätte ihr geraten, den Termin zu verschieben und die Verträge noch einmal prüfen zu lassen.

Ein Verteidiger bezeichnete den Vorgang als nicht relevant in Bezug auf das Strafrecht. Für die Immobilienfirma sei “der Geschäftsfall ein üblicher gewesen”. Die Maklerin und auch die anderen Beteiligten hätten die Geschäftsunfähigkeit der Seniorin nicht erkennen können, hieß es. Beim Wert der Transaktion seien aufgrund von verschiedenen Bewertungsmethoden und üblichen Schwankungsbreiten ebenfalls Zweifel angebracht. Für die ausschließlich touristische Nutzung und Weiterverpachtung sei der tatsächliche Verkaufswert für die Immobilienfirma angemessen gewesen, sagte einer der Anwälte im Eröffnungsplädoyer.

Der Prozess wird sich über mehrere Tage ziehen. Weitere Verhandlungstermine sind für 13. Juni und 27. Juni angesetzt, ob es dann schon ein Urteil geben wird, ist offen.