Von: mk
Bozen – Mittels elektronischer Gesundheitsakte (EGA) können Bürger ihre medizinischen Daten und Dokumente, wie etwa die Ergebnisse von Blutuntersuchungen oder digitalisierte Verschreibungen von Medikamenten abrufen. Vor allem aber soll sie medizinischem Personal zu einem Überblick über wichtige Informationen eines Patienten verhelfen, sofern er sein Einverständnis dafür gibt. Das Problem ist nur: Das System funktioniert nicht. Hausärzte raufen sich die Haare.
Daten zur gesundheitlichen Verfassung von Personen gelten als heikel und werden in Italien von den Privacy-Bestimmungen besonders streng geschützt. Einerseits ist das verständlich, andererseits benötigen Ärzte oft Informationen zur medizinischen Vorgeschichte eines Patienten, um ihm die bestmögliche Behandlung zu bieten. Ein typischer Fall ist: Hausärzte sollten mit ihren Patienten Befunde von Laboruntersuchungen aus dem Krankenhaus besprechen.
Abhilfe schafft hier angeblich die elektronische Gesundheitsakte (EGA). Dabei handelt es sich um einen Onlinedienst, über den man unter anderem auch die eigene Hausärztin oder den Hausarzt wählen kann. Damit im Notfall oder bei medizinischen Behandlungen das Gesundheitspersonal auf die Gesundheitsakte zugreifen kann, muss jeder Bürger sein Einverständnis zur Konsultation geben. Wurde dieses einmal erteilt, haben etwa Hausärzte Einblick in die Daten – zumindest in der Theorie.
Die Praxis schaut leider anders aus. „Mein Hausarzt hat zu mir gesagt, ich soll alle Befunde auf Papier mitbringen, weil die elektronische Gesundheitsakte nicht funktioniert“, erklärt eine Patientin aus dem Eisacktal gegenüber Südtirol News.
Dr. Raffaela Fiung, Ärztin für Allgemeinmedizin im Pustertal, kennt das Problem. Ihr zufolge gibt es noch viele Mängel bei der elektronischen Gesundheitsakte. „Befunde vor dem Jahr 2020 sind nicht abrufbar. Echokardiographien, EKG, Gastroskopien und Koloskopien sowie auch histologische Befunde sind auf der EGA nicht vorhanden“, erklärt Fiung gegenüber Südtirol News.
Generell hält sie das System für unübersichtlich. „Ich nenne es eine PDF-Box bestehend aus Befunden, Rezepten und Einweisungen. Es ist sehr mühsam und vor allem zeitaufwendig zu finden, was man effektiv sucht. Es gibt derzeit auch immer wieder Tage, an dem kein Dokument abrufbar ist und ich die Patienten dann deshalb ein zweites Mal für eine Befundbesprechung einbestellen muss“, bedauert die Ärztin.
Dass Patienten mit Befunden in Papierform in die Praxis gebeten werden, hält sie für einen großen Rückschritt in puncto Digitalisierung. „Es ist absolut das Gegenteil von dem was wir uns wünschen, aber ich muss sagen, dass ich derzeit schneller bin, wenn der Patient oder die Patientin mit dem Befund in gedruckter Form zu mir kommt, als die EGA zu verwenden“, bestätigt Fiung. Sie beschreibt die EGA als unvollständig. „Man verliert leicht den Überblick, weil nicht alle Informationen eingespeist werden, vor allem bei den chronisch Kranken.“
Eine Besserung im Bezug auf die Datenverwaltung von Patienten könnte man ihrer Ansicht nach zum Beispiel durch eine direkte Kooperation von Informatik und Hausärzten erreichen, indem ein Programm erstellt wird, wo die gesamten Befunde übersichtlich aufgelistet werden – natürlich unter Berücksichtigung der geltenden Privacybestimmungen. „Fortschritt wird es keinen geben, solange man nicht an einem Strang zieht“, ist Fiung überzeugt.
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