Von: Ivd
Brixen – Die Philosophisch-Theologische Hochschule Brixen, an der aktuell 100 ordentliche Hörer studieren und im Wintersemester zusätzlich 135 Gasthörer gemeldet waren, widmete den diesjährigen Dies Academicus einer besonderen Persönlichkeit: Franz Reinisch. Der Pater, der 1925 in das Priesterseminar in Brixen eintrat und 1928 sein Studium abschloss, wurde 1942 hingerichtet, weil er sich weigerte, den Fahneneid auf Adolf Hitler zu leisten. Sein Leben und Wirken standen im Mittelpunkt des Festvortrags, den der emeritierte Professor Heribert Niederschlag SAC hielt. Unter dem Titel „Im Spannungsfeld von Gehorsam und Gewissen. Der Entscheidungsweg von Franz Reinisch“ wurde die Gewissensentscheidung Reinischs beleuchtet.
Der Dekan der PTH Brixen, P. Martin Lintner, hob in seiner Begrüßung hervor, dass der diesjährige Dies Academicus bewusst Franz Reinisch gewidmet wurde, da sein Seligsprechungsprozess kürzlich abgeschlossen wurde. Lintner erklärte: „Wie der selige Südtiroler Josef Mayr-Nusser ist auch Franz Reinisch ein Vorbild des Widerstands gegen die Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus. Er erkannte die radikale Unvereinbarkeit dieser Ideologie mit der christlichen Botschaft.“ Darüber hinaus betonte er, dass Reinisch zusammen mit Otto Neururer und Carl Lampert zu den drei ehemaligen Seminaristen aus Brixen gehört, die als Märtyrer während des Nationalsozialismus ums Leben kamen.
Diplomübergabe an Heiss und Pardatscher
Im Rahmen des Dies Academicus fand auch die feierliche Diplomübergabe statt. Magdalena Heiss wurde der akademische Grad des Bakkalaureats in Religionspädagogik verliehen. Sie beschäftigte sich in ihrer Abschlussarbeit mit den „Momenten der Annäherung zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche in den Jahren 1962 bis 1967“. Manuela Pardatscher, die das Bakkalaureat in Theologie erhielt, widmete ihre Arbeit dem Thema „Das ‚Charisma‘ der Frauen in den paulinischen Gemeinden und ihre sozialgeschichtliche Einbettung“.
Gedenktafeln: Erinnerung an bedeutende Persönlichkeiten
Nach der feierlichen Mittagshore segnete Bischof Ivo Muser neue Gedenktafeln im Eingangsbereich der Hochschule. Eine der Tafeln erinnert an die Aufenthalte von Papst Benedikt XVI., der das Priesterseminar bzw. die Hochschule regelmäßig besuchte, zuletzt als Papst im Sommer 2008. Die zweite Tafel würdigt bedeutende Persönlichkeiten aus der Geschichte der PTH, darunter Josef Freinademetz, Otto Neururer, Carl Lampert und Franz Reinisch. Dank integrierter QR-Codes können Interessierte weiterführende Informationen über diese herausragenden Persönlichkeiten abrufen.
Dekan Lintner zum Thema Missbrauch: Aufarbeitung wichtig und richtig, Ausbildung angepasst
Dekan Lintner ging im Zusammenhang mit der Segnung der neuen Erinnerungstafeln auch auf das Thema Missbrauch ein. Er erklärte: „Ich muss gestehen, dass die heutige Segnung der Gedenktafel auch einen bitteren Beigeschmack hat. Die Gedenktafel erinnert an herausragende Persönlichkeiten und viele Seminaristen, die gute Priester geworden sind. Es gibt aber auch Priester, die an dieser Einrichtung ausgebildet wurden, die sich sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen schuldig gemacht haben. An diesem Punkt kann ich nur betonen, wie wichtig und richtig es ist, dass sich die Kirche auch in Südtirol mit diesem dunklen Kapitel auseinandersetzt. Der Skandal des kirchlichen Missbrauchs hat viele systemische Ursachen, die gründlich untersucht werden müssen. Eine davon liegt sicherlich in der Tatsache, dass in der Vergangenheit bei der Ausbildung von Priesteramtskandidaten in den Seminaren und Theologischen Fakultäten der affektiven Reife der Seminaristen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.“ Lintner betonte, dass die Auseinandersetzung mit Themen wie Missbrauch an Minderjährigen und verletzlichen Personen eine wichtige Rolle im Ausbildungsweg der Priester spiele: „Diese Themen sind inzwischen ein fester Bestandteil des Ausbildungsprogramms der Seminaristen. Sie werden in verschiedenen Lehrveranstaltungen und durch spezielle Vortragsreihen behandelt. Alle, die hier studieren, müssen sich mit diesen Themen auseinandersetzen und sich dafür sensibilisieren lassen.“
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