Von: mk
Bozen – Nach drei Monaten hat er endlich seine Mutter wiedergesehen – im Garten hinter einer Wand aus Plexiglas. Das Treffen dauerte nur eine Viertelstunde und musste vorab per Termin vereinbart werden. Nach dem Lockdown fragen sich viele Angehörige von älteren Menschen, wann in Südtirols Seniorenwohnheimen endlich wieder Normalität einkehrt.
Der Mann, dessen Mutter im Altenheim Villa Harmonie in Bozen untergebracht ist, beschreibt die Situation als schwierig. Das nächste Mal darf er seine Mutter erst wieder in drei Wochen besuchen, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Vor der Corona-Krise sah er seine Mutter jeden Tag.
Trotz aller Einschränkungen dürfen sich die Südtiroler noch glücklich schätzen. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat vor einer Woche einen Plan zur schrittweisen Lockerung der Zugangsbeschränkungen in Seniorenheimen beschlossen. Im restlichen Staatsgebiet hat Premier Giuseppe Conte das Besuchsverbot hingegen weiter verlängert.
Völlig grundlos ist die Sorge nicht: Von den 291 Todesopfern, die das Coronavirus allein in Südtirol gefordert hat, hielten sich 117 in Altenheimen auf. Drei davon waren in Strukturen in Bozen untergebracht.
Keine Umarmungen und keine Geschenke
„Ich bin mir der Einschränkungen bewusst. Doch wir können uns den hygienisch-sanitären Anordnungen nur fügen“, erklärt Liliana Di Fede, die Direktorin des Betriebs für Sozialdienste Bozen. Der Betrieb hat die Führung von insgesamt vier Altersheimen inne. Man hoffe, dass es Schritt für Schritt zu weiteren Lockerungen komme. Im Moment könne man nichts riskieren.
Auch für die Mitarbeiter ist die derzeitige Situation nicht einfach. Jeder Besuch eines Angehörigen muss sorgfältig geplant und begleitet werden. „Vor der Epidemie standen unser Häuser immer offen. Man hat alles Mögliche unternommen, um Familienbesuche zu jeder Uhrzeit zu ermöglichen. Das Personal wurde dadurch sogar entlastet. Außerdem konnte man auf die Hilfe der Freiwilligen zählen“, erinnert sich Di Fede. Doch seit März ist alles anders. Auch freiwillige Helfer dürfen die Seniorenheime nicht mehr betreten.
Seit einigen Tagen sind Familienbesuche wieder erlaubt – allerdings nur nach Terminvereinbarung, wobei jeweils nur ein Angehöriger pro Heimbewohner Zutritt hat. Beim Eingang wird Fieber gemessen, die Hände müssen desinfiziert werden und es gilt Maskenpflicht. Die Treffen dauern 15 bis 20 Minuten und finden – wenn möglich – im Garten statt. Der Sicherheitsabstand muss gewahrt bleiben.
Dass die Regeln eingehalten werden, darauf achtet ein Mitarbeiter aus einiger Entfernung. Umarmungen, ein Kuss auf die Wange zur Begrüßung, aber auch Geschenke sind ebenfalls verboten. Die Senioren werden darauf wieder aufs Zimmer begleitet. Der Platz, an dem die Begegnung stattgefunden hat, muss anschließend desinfiziert werden.
Auch die Aufnahme von neuen Heimbewohnern gestaltet sich als schwierig. Der Bozner Betrieb für Sozialdienste erwägt erst ab Juli wieder die Neuaufnahme von Senioren.