Von: luk
Bozen – Landeshauptmann Kompatscher hat heute nach der Sitzung der Landesregierung eine neue Notverordnung angekündigt. Weil bei mehreren Urlaubern, die bei der Biathlon-WM in Antholz zu Gast waren, das Coronavirus nachgewiesen wurde oder der Verdacht auf einen Infekt mit dem neuartigen Erreger besteht, gibt es nun Maßnahmen für das obere Pustertal.
Um möglichen Risiken einer Ausbreitung des Coronavirus weiter vorzubeugen, müssen sechs Gemeinden zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Den Erlass hat der Landehauptmann heute unterzeichnet.
“Bisher haben wir nur einen einzigen Covid-19-Fall, der eine in Südtirol ansässige Person betrifft. Allerdings wurde bei vier deutschen Südtirolurlaubern das neuartige Coronavirus nachgewiesen. Zudem gibt es neun Meldungen über mögliche Verdachtsfälle. Es handelt sich um Feriengäste aus verschiedenen Ländern, die mittlerweile abgereist sind.” Das teilte Landeshauptmann Arno Kompatscher nach der heutigen Sitzung der Landesregierung mit. Bemühen der Landesregierung sei es nun, in Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden das Umfeld, die Bewegungen und die Kontakte der betroffenen Personen zu analysieren, um weiteren Infektionen vorzubeugen und etwaige Infektionsketten zu unterbrechen. Dabei halte man sich an die international vereinbarten Vorgehensweisen und Standards.
In den Orten, in denen sich die Urlauber aufgehalten haben, sollen nun Schulen und Kinderbetreuungsstätten geschlossen werden. Auch für Bars, Restaurants und öffentliche Verkehrsmittel soll es strenge Sicherheitsauflagen geben.
Kein Unterricht bis 8. März
In den Pustertaler Gemeinden Wels berg, Toblach und Prettau sowie in den ladinischen Gemeinden St. Christina, Wolkenstein und Abtei wird bis zum 8. März der Unterricht an allen Schulen ausgesetzt. Auch die Kleinkindbetreuungsdienste bleiben in diesen Gemeinden vorübergehend geschl ossen. Auch öffentliche kulturelle, religiöse und sportliche Veranstaltungen mit größeren Menschenansammlungen finden nicht statt. Dies gilt auch für Kinos, und Diskotheken. Ausgenommen sind Sportveranstaltungen, die in geschlossenen Anlagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Diese Maßnahmen beinhaltet die heute Nachmittag von Landeshauptmann Arno Kompatscher unterzeichnete zusätzliche Verordnung.
Vorsichtsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen
Nicht eingeschränkt wird der Skibetrieb. Vorgeben wird allerdings, dass geschlossene Aufstiegsanlagen wie Seilbahnen und Kabinenbahnen nur ein Drittel ihrer Förderleistung nutzen. In allen öffentlichen Stätten – von den Kirchen über Museen bis hin zu den Gastbetrieben – sind Menschenansammlungen zu vermeiden und ein Abstand von einem Meter zwischen Besuchern oder Kunden zu ermöglichen. Eingeschränkt werden die Besucherzahlen in Gesundheitseinrichtungen. Eingehende Reinigungsarbeiten in Beherbergungsbetrieben, öffentlichen Ämtern, Kirchen und Sportanlagen werden ebenso vorgeschrieben, wie das Aushängen der zehn Verhaltensregeln.
Informationstreffen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs
Über den aktuellen Stand der Dinge im Hinblick auf das Coronavirus Disease Covid-19 informierten sich auf Initiative von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider vor kurzem Vertreter aller beteiligten Akteure im öffentlichen Nahverkehr. Am Treffen haben auch Vertreter des Sanitätsbetriebs, des Zivilschutzes sowie der Gewerkschaften im öffentlichen Nahverkehr teilgenommen. Alle Konzessionäre haben bereits Vorkehrungen in Linie mit den Vorgaben des Staates und Landes getroffen. Landesrat Alfreider bedankte sich bei allen Beteiligten für ihren Einsatz. Die Lage im öffentlichen Nahverkehr wird derzeit als ruhig eingestuft und es gibt keine besonderen Vorkommnisse. Alle Akteure werden laufend über den Stand der Dinge informiert.
Informationen:
Grüne Nummer 800 751 751
Ständig aktualisierte Homepage www.provinz.bz.it/coronavirus
Hochpustertal und ladinische Täler: Zusätzliche Vorkehrungen
Der Landeshauptmann kündigte zudem eine neue Verordnung an: “Wir möchten auf Nummer sicher gehen und Vorbeugemaßnahmen erlassen, um vor allem ältere und geschwächte Personen zu schützen, für die eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus besonders problematisch sein könnte”, betonte der Landeshauptmann. Daher werden in einigen Gemeinden des Pustertals (Welsberg, Toblach und Prettau) der ladinischen Täler (St. Christina, Wolkenstein, Abtei) zusätzliche Vorkehrungen getroffen. So werden die Schulen in den betreffenden Gemeinden vorübergehend geschlossen. Im Gastgewerbe ebenso wie bei den Aufstiegsanlagen werden Vorkehrungen getroffen, um einen Mindestabstand zur Vermeidung von Infektionen zu garantieren. “Ziel ist es, vorsorglich dauerhafte Menschenansammlungen vor allem in geschlossenen Räumen zu vermeiden”, erklärte der Landeshauptmann. Laut Kompatscher handelt es sich um eine Präventionsmaßnahme.
Bisher getroffene Maßnahmen
Die Landesregierung hat heute vor allem die aktuelle Lage in Südtirol bewertet und entsprechende Maßnahmen beschlossen. Sie hat aber auch Bilanz der bisher getroffenen Maßnahmen gezogen:
So stehen seit dem 25. Februar eine Ärztin und je nach Bedarf zwischen zwei und vier Mitarbeitern der Agentur für Bevölkerungsschutz am Bürgertelefon täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr im Dienst und haben bisher 2819 Anrufe bearbeitet. Die meisten Anrufe gingen am 25. Februar ein, nämlich 697. Die Agentur für Bevölkerungsschutz hat bisher über die Landespresseagentur LPA 23 Pressemitteilungen veröffentlicht. An Zugriffen auf die am 27. Februar eigens eingerichtete Homepage Coronavirus wurden bis gestern 30.020 Aufrufe von 14.000 Nutzern gezählt. Dort finden sich auch 52 häufig gestellte Fragen (Frequently Asked Questions FAQ) samt Antworten. Bei 29 Lagebesprechungen wurde bisher die Lage in Südtirol im Hinblick auf Coronavirus und Covid-19 auf den Punkt gebracht. Die Landesleitstelle hat seit dem 24. Februar täglich die Lage in Südtirol analysiert. Der staatsweise Informationsaustausch erfolgt bei den täglich zwei Videokonferenzen mit dem Dipartimento Nazionale di Protezione Civile. Bei der beim Südtiroler Sanitätsbetrieb eingerichteten Taskforce haben täglich zwölf Personen die Lage analysiert und Maßnahmen besprochen. Täglich sind 55 Männer und Frauen des Sanitätspersonals (Ärzte/Ärztinnen, Pflegepersonal, Inspektoren/Inspektorinnen) im Einsatz.
Schließlich hat die Landesregierung gestern eine Einrichtung in Gossensaß ausfindig gemacht und für eventuelle Personen in Quarantäne vorbereitet.
Informationen im Landtag
Auf Bitte der Landtagsabgeordneten informierte die Landesregierung heute über den Stand der Dinge und über eventuelle weitere Maßnahmen.
Gemäß den Bestimmungen zur “Par condicio” verzichtet die Pressemitteilung des Landtags auf Namen und beschränkt sich auf das Wesentliche.
Auf Vorschlag der Süd-Tiroler Freiheit informierte die Landesregierung über die Maßnahmen zur Coronavirusepidemie. In Südtirol gebe es einen autochthonen Fall, der sich in einer Gemeinde der roten Zone infiziert habe. Die Person habe sich beim Sanitätsbetrieb gemeldet und stehe unter Quarantäne. Alle seine Kontaktpersonen seien entsprechend informiert worden. Man ersuche die Bevölkerung um Verständnis für die Maßnahmen, die auch unangenehm sein könnten, aber man wolle das Risiko geringhalten. Man rechne mit einem Abflauen im Sommer. Man habe die Maßnahmen getroffen, die von der Staat-Regionen-Konferenz vereinbart wurden und die den internationalen Standards entsprächen. Man habe inzwischen auch vier bestätigte positive Fälle von Urlaubern, auch hier wurden die Kontaktpersonen informiert. Man habe auch Meldung von weiteren Fällen unter Touristen, aber noch keine Bestätigung. Es gebe spezielle Vorkehrungen für touristische Einrichtungen. Es würden keine Gemeinden abgeschottet, aber eine Schließung von Schulen sei möglich, um Menschenansammlungen zu verhindern. Eine Alarmstimmung sei nicht angebracht, aber alle sollten mithelfen, um eine Ansteckung zu vermeiden.
Die Maßnahmen würden vom Zivilschutz koordiniert, der Landeskompetenz sei. Der Landeshauptmann habe bei solchen Fällen die Rolle eines Sonderkommissärs. Man habe ein Informationszentrum eingerichtet, an das sich Bürger, Gemeinden und Betriebe wenden könnten. Die Grüne Nummer sei sehr stark benutzt worden. Auch die Handelskammer sei Anlaufstelle für die Betriebe. Man arbeite präventiv, um eventuelle Krisen meistern zu können. So brauche es Strukturen, um Personen unterbringen zu können, die nicht daheimbleiben können. Besonders geeignet scheine die Struktur in Gossensass, die das Militär derzeit für Urlaube nutze. Man habe beim Staat erreicht, dass man diese Struktur für Südtiroler Erfordernisse nutzen könne.
Oberste Priorität sei der Schutz der Bevölkerung, und das gehe nur durch die Verringerung der Risikofaktoren. Bei einem so schnellen Verlauf könnte das System leicht überfordert sein, daher versuche man, die Kurve flach zu halten und Infektionen hinauszuziehen. Eine Person stecke im Schnitt zwei ein, wenn man auf eins zu eins komme, habe man die Epidemie im Griff. In der Lombardei sei das System überlastet, weil sich das Virus sehr schnell ausgebreitet habe. Daher versuche man, durch frühe Maßnahmen das Ganze hinauszuziehen. Wichtig sei es auch, die Bevölkerung aufzuklären, was ein Verdachtsfall sei, der zu melden sei. Dazu habe man eine Webseite eingerichtet, mit 30.000 Zugreifen in wenigen Tagen. Bei Auftreten von Fieber, Husten, Atemnot werde aus dem Kontaktfall ein Verdachtsfall. Die Betroffenen würden 14 Tage isoliert, auch zu Hause. Es könne vorkommen, dass ein zu früher Test zu keinem Ergebnis führe, auch wenn das Virus bereits präsent sei. Es gebe kein internationales Protokoll zum Verfahren, daher klappe es oft auch nicht mit der Information zwischen zuständigen Stellen, wenn Touristen betroffen seien.
Auf Nachfragen von Abgeordneten erklärte die Landesregierung, dass die Struktur in Gossensass nicht im Wohngebiet liege und gedacht sei für Personen, die nicht daheim untergebracht werden könnten, etwa Touristen. Das Militär hätte die Struktur für sich haben wollen, aber hier habe der Landeshauptmann als zuständiger Kommissär entscheiden können. Südtirol leider derzeit unter einer internationalen Stimmungsmache mit Italien mit. Man habe in verschiedenen Ländern darauf hingewiesen, dass Südtirol nicht zur roten Zone gehöre. Österreich und Deutschland würden differenzieren, Polen etwa nicht. Urlaub in Südtirol sei gleich sicher wie in Bayern, dort gebe es übrigens mehr Fälle. Das Land behalte die Situation im Auge und werde entsprechende Maßnahmen zur Stützung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt treffen.
Bei der Staat-Regionen-Konferenz sei der Vorschlag gemacht worden, die Grenzen zu schließen, aber die Regierung habe sich dagegen ausgesprochen. Österreich auch. Eine Grenzschließung hätte katastrophale Auswirkungen. In Südtirol seien nun für einzelne Gemeinden wie St. Cristina, Wolkenstein, Prettau und Toblach zusätzliche Maßnahmen für Schulen und öffentliche Betriebe vorgesehen.
Beim einzigen Südtiroler Fall sei unter den Kontaktpersonen keine Infektion festgestellt worden. Die Quarantäne müsste bald beendet sein. Der Betrieb, in dem er arbeite, werde vom Sanitätsbetrieb betreut. Letzterer sei auch Anlaufstelle für Betriebe, falls Infektionsfälle aufträten.