Von: mk
US-Forscher haben eine Verbreitung des Coronavirus unter Weißwedelhirschen entdeckt. Damit wurde erstmals eine Infektion in freier Natur nachgewiesen. Noch bedeutet das keine Gefahr für den Menschen. Jedoch könnten die Tiere zu einem neuen Reservoir für das Virus werden. Denkbar wäre, dass sich Sars-CoV-2 weiter unter den Tieren ausbreitet, mutiert und später wieder auf den Menschen übergeht, berichtet n-tv.
Weil sich nordamerikanische Weißwedelhirsche gern in der Nähe von menschlichen Siedlungen aufhalten, hat die Forschergruppe um Susan Shriner vom “Animal and Plant Health Inspection Service” die Tiere getestet.
624 Blutproben wurden aus der Zeit vor und nach der Pandemie auf Antikörper auf das Coronavirus untersucht. Das Ergebnis der Analyse überrascht: 152 Proben aus dem Jahr 2021 fielen positiv aus. Das entspricht einem Anteil von 40 Prozent. “Diese Daten deuten darauf hin, dass Weißwedelhirsche in den untersuchten Populationen mit Sars-CoV-2 in Kontakt gekommen sind”, heißt es laut den Forschern.
Dass mehrere Arten von Coronaviren in Fledermäusen überleben können, war bereits vorher bekannt. Einer Theorie zufolge stammt auch Sars-CoV-2 von dort. Fledermäuse gelten somit als Reservoir für das Virus – also als der Ort, an dem der Erreger überleben konnte und von wo sich unter anderem Menschen infizierten. Die Wissenschaftler, die für das US-Landwirtschaftsministerium Nachforschungen betrieben, sind nun auf ein mögliches neues Reservoir für das Virus gestoßen.
Zuvor war zwar bereits nachgewiesen worden, dass Sars-CoV-2 von Menschen auf Zoo- und Haustiere übertragen werden kann, jedoch nicht auf Wildtiere. Es handelt sich damit um die erste Ansteckung in freier Wildbahn, die belegt worden ist.
Der Ausbruch ist nicht lokal begrenzt: Die positiv getesteten Tiere stammen aus den Staaten Illinois, Michigan, New York und Pennsylvania, was zeigt, dass sich das Virus unbemerkt unter dem Rotwild ausgebreitet hat.
Wie sich die Tiere infiziert haben, ist bislang noch unklar. Eine direkte Übertragung durch die Menschen wird durchaus für möglich gehalten, da die von Südkanada bis Peru verbreitete Weißwedelhirsch-Population weniger scheu als Hirscharten in Europa ist. Die Tiere könnten sich aber auch durch Kontakt mit Haustieren oder kontaminierten Abwässern angesteckt haben. Wissenschaftler schließen außerdem nicht aus, dass sich das Coronavirus nicht nur unter Hirschen, sondern auch unter anderen Wildtieren verbreitet.
Weil in verendeten Tieren das Coronavirus bislang nicht nachgewiesen werden konnte, rechnen Forscher nicht damit, dass Wildtiere Krankheitssymptome entwickeln. Dagegen sprechen auch frühere Infektionsversuche von US-Forschern, die nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums an in Gefangenschaft gehaltenen Hirschen durchgeführt wurden. Bei keinem der Tiere seien klinische Anzeichen einer Erkrankung gefunden worden, hieß es.
Die Forschergruppe um Susan Shriner erklärte, dass es laut der Studie, “keine Hinweise darauf gebe, dass Tiere, einschließlich Hirsche, eine signifikante Rolle bei der Verbreitung von Sars-CoV-2 unter Menschen spielen”. Das Risiko, dass Tiere den Erreger auf Menschen übertragen, sei derzeit gering. Auch der Verzehr von infizierten Tieren stelle keine große Gefahr dar. Trotzdem seien die Untersuchungen von Säugetieren auf Sars-CoV-2 wichtig, um künftige Reservoirs oder Wirte des Virus ausmachen zu können, betonen die Forscher. Außerdem würden Nachforschungen dieser Art helfen, den Ursprung des Virus zu ermitteln.