Von: mk
Bozen – Nicht die Krankheit selbst, sondern die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitswelt treffen Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen derzeit mit voller Wucht. Der Dachverband für Soziales und Gesundheit macht auf die Rechte der Betroffenen aufmerksam.
Corona macht uns allen das Leben schwer. Eine besondere Herausforderung bedeutet die Pandemie aber für Menschen mit Behinderung und ihre Familien. Sie sind auf sich alleine gestellt.
Die Green-Pass-Pflicht und vor allem die seit 10. Oktober bestehende Impfpflicht für das Personal in den Betreuungseinrichtungen führen zu Personalausfällen. Angesichts einer ohnehin dünnen Personaldecke können die Einrichtungen ihre Dienste deshalb nicht im gewohnten Maß aufrecht halten. Für die Betreuten und somit für viele Menschen mit Behinderungen, aber auch Menschen mit psychischen Erkrankungen bedeutet dies, sie sind wieder zurückgeworfen auf die Obhut ihrer Familien.
„Viele Hilfen, die im Alltag die Angehörigen entlasten, brechen derzeit erneut weg. Zahlreiche Werkstätten und Wohneinrichtungen sind derzeit wieder teilweise oder ganz geschlossen, weil das Betreuungspersonal fehlt. Ausfälle gibt es sowohl bei hauptberuflichen als auch bei freiwilligen Mitarbeitern“, sagt Wolfgang Obwexer, Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit. Menschen mit Behinderungen, die teilweise rund um die Uhr Betreuung und Pflege brauchen sind somit wieder zu Hause und auf sich gestellt. Das bedeutet, ihre Eltern müssen die Betreuung daheim irgendwie alleine schaffen. Dabei sind die Eltern in der Regel entweder berufstätig oder aber oft selbst oft schon in hohem Alter. Meist sind Frauen von dieser Situation betroffen, einige von ihnen auch als Alleinerziehende.
„Nach den guten Fortschritten im Bemühen um Inklusion bedeutet Corona fast eine Rolle rückwärts“, stellt Obwexer fest. Eine mühsam über Jahrzehnte aufgebaute Normalität gerät ins Wanken. „Der bereits vor Corona bestehende Personalmangel wird nun zusätzlich verschärft, durch die Ausfälle von Personen, die sich nicht impfen lassen wollen oder sich der Testpflicht verweigern“, sagt Obwexer.
Die Inklusion bleibt dabei auf der Strecke. „Das darf nicht sein. Inklusion kann nicht einfach mal kurzzeitig ‚‘aufhören‘ oder ‚‘zurückgestellt werden‘. Es ist bezeichnend wie schnell jahrzehntelang erkämpfte Fortschritte in der Praxis ausgehebelt werden. Corona zeigt deutlich was alles im Argen liegt. Versäumnisse der Vergangenheit wiegen schwer und fallen den Betroffenen nun mit doppelter Wucht auf den Kopf. In der Schlussfolgerung heißt das: Hilfs- und Unterstützungsstrukturen gerade für Menschen mit Behinderung sind ohne Wenn und Aber abzusichern“, so Obwexer, „auch unter den Bedingungen einer Pandemie haben Menschen mit Behinderungen Rechte. Diese sind in der Praxis umzusetzen.“