Von: mk
Berlin – Die Corona-Pandemie scheint ein besonders fruchtbarer Nährboden für Verschwörungstheorien zu sein. Die Gefahr liegt darin, dass sich diesen Umstand radikale Kreise zunutze machen. Bei sogenannten Hygiene-Demos in Deutschland, wo gegen die Beschränkungen im Kampf gegen das Virus protestiert wird, mischen sich Rechtsextreme, Impfgegner oder Esoteriker unter die Menge. Wir stellen euch die gängigsten Mythen vor.
Neben öffentlichen Kundgebungen verbreiten Verschwörungstheoretiker ihre Ideen vor allem im Internet. Zwielichtige Propaganda-Seiten und soziale Netzwerke sind beliebte Tummelplätze – auch wenn manche Social Medias wie Youtube oder Twitter inzwischen versuchen, dagegen zu steuern.
Verschwörungstheorien arbeiten in der Regel mit einem geschlossenen Weltbild. „Da steht von Beginn an schon fest, dass der Staat der Böse ist, oder dass Bill Gates seine Finger mit im Spiel hat und dass ihm die WHO gehört“, erklärt Giulia Silberberger, von der gemeinnützigen Organisation „Der goldene Aluhut“ im Interview mit dem WDR. Schon im Vorfeld wird das Feindbild festgelegt und die Fake News rundherum sollen dieses Weltbild dann bestätigen.
Bei sachlicher und konstruktiver Kritik, die in Zeiten von Corona durchaus einen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte leistet, sei hingegen das Weltbild eben nicht festgelegt. „Sie ist ergebnisoffen, weil sie evidenzbasiert ist, wissenschaftlichen Tatsachen gegenüber offen ist und keinem klaren Ziel folgt“, betont Silberberger.
Verschwörungstheorien sind deshalb so verführerisch, weil sie stattdessen einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge bieten, und gibt es klare Feindbilder – egal, ob es sich um etablierte Wissenschaften, das politische System oder um eine „dunkle globale Elite“ handelt. Die Corona-Krise wird in diesem Zusammenhang als Vorbote der völligen „Bevormundung des Bürgers“ und der Erschaffung einer „neuen Weltordnung“ durch böse Mächte gedeutet. Offen dürfe man dies allerdings nicht sagen – wegen vermeintlicher „Zensurmaßnahmen“. Nur wenige kritische „gute Menschen“, die schlau genug sind, würden die finsteren Manöver durchschauen.
Sachliche Argumente seitens Außenstehender werden oft angezweifelt oder geleugnet, schreibt mdr.de. Unklar bleibt auch, warum „die Eliten“ eine Pandemie erfinden sollten. Immerhin geht der wirtschaftliche Schaden durch den Lockdown in die Milliarden. Hier gibt es einen Überblick der häufigsten Mythen zu Covid-19!
Mythos Nummer eins: Das Coronavirus ist nur eine „normale Grippe“
Die Idee, dass das Coronavirus eigentlich völlig harmlos und von einer „normalen“ Grippe oder Erkältung kaum zu unterscheiden ist, hielt sich am Anfang der Pandemie. Die verstorbenen Patienten und Todesfälle beim medizinischen Personal sind allerdings nicht erfunden. Derzeit gibt es keine Impfung und kaum eine Therapie. In Härtefällen ist intensivmedizinische Beatmung nötig. Weil der menschliche Körper das Virus noch nicht kennt, ist niemand auf der Welt gegen Sars-CoV-2 von vornherein immun.
Mythos Nummer zwei: Das Coronavirus entstammt aus dem Labor
Laut dieser Vorstellung wurde das neuartige Virus in einem Labor als Biowaffe kreiert – entweder in Wuhan oder in den USA. Vornehmlich russische Medien verbreiten Gerüchte, das Virus könnte im „Lugar Centre for Public Health Research“ in Georgien entwickelt worden sein. Die USA haben dieses Labor aufgebaut.
Was stimmt ist: In Wuhan wurde im Jahr 2015 das Wuhan Virologie-Institut eingeweiht: Dabei handelt es sich um das bislang einzige offizielle chinesische Labor der biologischen Schutzstufe vier. Nur solche Hochsicherheitseinrichtungen dürfen mit Biostoffen der höchsten Risikogruppe arbeiten. Wissenschaftler gehen derzeit allerdings eher davon aus, dass das Coronavirus seinen Ursprung auf dem Wildtiermarkt in Wuhan hatte.
Mythos Nummer drei: Eine neue Weltordnung wird erschaffen
Dieser Vorstellung zufolge ziehen Geheimgesellschaften die Fäden im Hintergrund. Sie wollen die Krise nutzen, um eine autoritäre Weltordnung zu errichten – oft im Zusammenhang mit Einsätzen des Heeres, mit dem Zusammenbruch des Finanzsystems und mit der schrittweisen Abschaffung der Bürgerrechte.
Die Idee einer „Neuen Weltordnung“ (NWO) ist ein beliebter rechtsesoterischer Verschwörungsmythos, den es bereits seit den 1990-er Jahren gibt. In antisemitischen Kreisen sind „die Juden“ das Feindbild. Anderen Auslegungen zufolge wollen Vampir-Außerirdische die Menschheit versklaven. Auch die Reichsbürger, die den Staat Deutschland nicht anerkennen, weil sie ihn für eine GmbH halten, propagieren eine „neue Welt“.
Mythos Nummer vier: Bill Gates ist an allem Schuld
In Zusammenhang mit Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus hat Bill Gates wohl das große Los gezogen. Diversen Verschwörungstheorien zufolge stecken er und geldgierige Geschäftsleute hinter der Pandemie. Ziel sei es, die Angst der Menschen vor dem Virus auszunutzen, um Zwangsimpfungen durchzusetzen. Dabei werde den Opfern ein winziger Mikrochip in den Körper injiziert, um die „totale Kontrolle“ zu erhalten. Bill Gates könne dadurch seinen lange vorbereiteten Plan zur Entvölkerung der Erde umsetzen.
Die Behauptungen, Gates sei der alleinige Drahtzieher, basieren zumeist auf wenigen Zitaten, die aus dem Kontext gerissen oder bewusst falsch interpretiert werden.
Fakt ist: Bill Gates und seine Frau Melinda unterstützen über ihre Stiftung, die sich unter anderem für die weltweite Verbesserung der Gesundheitsversorgung und die Bekämpfung von extremer Armut einsetzt, die Forschung an einem Corona-Impfstoff. Im Rahmen seiner Stiftungsarbeit hat Gates bereits lange vor der Corona-Krise vor dem Szenario einer weltweiten Pandemie gewarnt.
Mythos Nummer fünf: 5G verbreitet das Coronavirus
Auch das ist eine gängige Verschwörungstheorie: Die neuen 5G-Sendemasten sind für die Verbreitung des Coronavirus verantwortlich. In Großbritannien und in den Niederlanden ist sogar zu vielen Brandanschlägen gekommen, wobei es sich nicht immer um 5G-Masten handelte.
Wissenschaftlich gesehen ist die Theorie völliger Humbug. 5G, also die fünfte Generation der drahtlosen Netzwerktechnologie, wird über Mobilfunkmasten durch Funkwellen übertragen. Die ersten Coronavirus-Fälle gab es in Wuhan, 5G wurde aber zuerst in Südkorea und in Teilen der USA aktiviert. Außerdem sind gerade einmal zehn Prozent von Wuhan mit 5G ausgestattet.