Lungenentzündung hatten die wenigsten

Covid-19: Das verraten die Obduktionen

Mittwoch, 22. April 2020 | 08:25 Uhr

Von: mk

Berlin/Zürich – Ursprünglich hat das Robert-Koch-Institut davon abgeraten, Obduktionen an Corona-Verstorbenen durchzuführen. Nun steht der Drang nach Erkenntnis im Vordergrund. Offenbar betrifft das Virus „viel mehr Organe“, als aus den ersten Berichten aus China hervorgegangen ist.

Obduktionen sollten auf ein notwendiges Minimum reduziert werden, um ein Infektionsrisiko für Ärzte und medizinisches Personal zu vermeiden, hatte das RKI erklärt. Mittlerweile wurde die Empfehlung geändert. „Gerade wenn die Erkrankung neu ist, ist es wichtig, möglichst viel zu obduzieren“, erklärte Vizechef vom Robert-Koch-Institut, Lars Schaade, am Dienstag.

Covid-19: Zweite Welle wird nicht sofort erkennbar

Wie welt.de berichtet, sind erstmals detaillierte Obduktionsergebnisse von Covid-19-Toten in Deutschland ausgewertet und veröffentlicht worden. NDR, WDR und der „Süddeutscher Zeitung“ liegt unter anderem ein Bericht vom Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel zu 65 Fällen vor.

In allen Fällen hatten die Personen Vorerkrankungen: Während einige beispielsweise einst einen Herzinfarkt erlitten hatten, war es bei anderen Bluthochdruck, Arteriosklerose, Schäden an anderen Organen wie Nieren, Leber oder Transplantationsorgane.

Von 20 Corona-Verstorbenen aus der Schweiz, deren Obduktionsergebnisse vorliegen, hatten die wenigsten eine Lungenentzündung. Alexander Tzankov, Leiter der Autopsie am Unispital Basel, erklärte gegenüber NDR, WDR und der „Süddeutscher Zeitung“: „Was wir unter dem Mikroskop gesehen haben, war eine schwere Störung der Mikrozirkulation der Lunge.“ In anderen Worten: Der Sauerstoffaustausch hat nicht mehr funktioniert.

Tzankov kann sich dadurch auch die Schwierigkeiten bei der Beatmung von Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen erklären: „Man kann dem Patienten so viel Sauerstoff geben, wie man will, der wird dann einfach nicht mehr weiter transportiert.“ Ob diese Erkenntnisse bereits früher bei der Behandlung von Intensivpatienten hätten berücksichtigt werden können, ist derzeit noch unklar.

Die Obduzierten in der Schweiz hätten allesamt unter Bluthochdruck gelitten, ein Großteil der Patienten sei auch schwer adipös, also deutlich übergewichtig gewesen. Mehr als zwei Drittel wiesen vorgeschädigte Herzkranzgefäße auf, ein Drittel litt an Diabetes. Die Mehrheit war außerdem männlich. Mit 20 Toten handelt es sich allerdings nur um eine kleine Stichprobe.

Ohne Coronavirus wären sie noch am Leben

Eine Vorerkrankung verkürze zwar die Lebenserwartung, erklärt Tzankov laut dem Bericht. Aber „alle diese Patienten hätten wahrscheinlich ohne Covid-19 länger gelebt, vielleicht eine Stunde, vielleicht einen Tag, eine Woche oder ein ganzes Jahr“.

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