Von: mk
Bozen/Lienz – Die Keuchhustenfälle haben sich im Bundesland Tirol nahezu verdoppelt und sollen von 57 auf 100 gestiegen sein. Auch in Südtirol wurde in den letzten Jahren eine steigende Anzahl von Keuchhustenfällen festgestellt: Während es im Jahr 2014 sechs Fälle waren, gab es zwei Fälle im Jahr 2015 und nicht weniger als 21 Fälle im Jahr 2016.
Dass im benachbarten Tirol deutlich mehr Fälle zu verzeichnen sind, liege nicht am Impfstoff, erklärt Dr. Josef Simeoni, Leiter des Dienstes für Hygiene und öffentliche Gesundheit, gegenüber dem Tagblatt Dolomiten. Der Impfstoff in Österreich sei derselbe wie bei uns und habe seit Jahrzehnten seine Aufgabe erfüllt.
Dr. Gernot Walder, Hygienefacharzt des Bezirkskrankenhauses Lienz, hat eine Erklärung für die Fälle, die in den letzten Jahren angestiegen sind: „Der Keuchhusten ist vor vielen Jahren in den Schatten gerückt. Ohne Aufmerksamkeit konnte sich die Krankheit in Ruhe verbreiten.“ Der Impfstoff wirke nach wie vor gut, allerdings brauche es alle zehn Jahre ein Auffrischung, betont er gegenüber den „Dolomiten“.
In Südtirol werde die Impfung gegen Keuchhusten immer in Kombination mit jener gegen Tetanus verabreicht, erklärt Simeoni. Das erfolge dreimal innerhalb der ersten drei Lebensjahre, dann noch einmal mit sechs Jahren und ein weiteres Mal zwischen dem elften und 18. Lebensjahr. Danach sollte alle zehn Jahre eine Auffrischung folgen. „An diese werden die Bürger aber nicht erinnert, sie müssen sich selbst darum kümmern“, erklärt Dr. Simeoni laut „Dolomiten“.
In Österreich sieht die Prozedur sehr ähnlich aus, allerdings bemängelt Dr. Walder die Handhabe der Auffrischungsimpfungen. Bis zum 20. Lebensjahr seien die Bürger gut geschützt, die Impfauffrischungen würden in Rahmen der Schule organisiert. „Danach nehmen allerdings viele den Auffrischungstermin nicht mehr wahr“, betont er laut „Dolomiten“. Sehr viele sollen auch auf die Kombination mit Keuchhusten verzichten und wollen nur mehr gegen Tetanus geimpft werden. Dr. Simeoni ist ähnlicher Ansicht: Die Krankheit trete oft bei älteren Menschen auf, da bei ihnen der Impfstoff nicht mehr aufgefrischt worden sei.
Die Menschen müssten besser informiert werden. Aber auch die Ärzte müssten für die Diagnostik mehr Interesse entwickeln, sind sich die Experten einig. Dr. Walder bietet eine weitere Erklärung für die Zunahme der Krankheitsfälle: „Weil Keuchhusten einige Jahre nicht im Radar unserer Aufmerksamkeit war, wurde es sicherlich auch nicht immer als diese Krankheit diagnostiziert.“
Es könne aber weder in Tirol, noch in Südtirol die Rede von einer Epidemie sein, erklären Dr. Simeoni und Dr. Walder gegenüber den „Dolomiten“.