Von: mk
Brixen/Luttach – Präventionskampagnen sind wichtig, reichen allein aber nicht aus. Nach dem tragischen Unfall in Luttach, bei dem ein Pkw-Lenker in trunkenem Zustand in eine Reisegruppe aus Deutschland gefahren ist, hat die Tageszeitung Alto Adige mit Roger Pycha ein Interview geführt. Er ist Primar an der Psychiatrie in Brixen und Koordinator vom „Netzwerk psychischer Gesundheit“ im Südtiroler Sanitätsbetrieb.
Der Unfall, bei dem sechs junge Erwachsene ihr Leben lassen mussten, hat weit über Südtirol hinaus Trauer und Betroffenheit ausgelöst. Die Frage, die derzeit viele Menschen bewegt, lautet: Wie kann so etwas in Zukunft verhindert werden?
Pycha verweist unter anderem auf das skandinavische Beispiel. „Man muss die Preise für alkoholische Getränke erhöhen, wie es die Länder im Norden machen. Es kann nicht sein, dass ein Bier weniger als ein Saft kostet“, erklärt der Primar.
Besonders paradox ist die Tatsache, dass die Touristen aus Deutschland vorsichtig gehandelt haben. Nachdem sie in einem Club gefeiert hatten, setzten sie sich nicht selbst ans Steuer, sondern fuhren mit einem Shuttle zu ihrer Unterkunft. Für andere ist so ein Verhalten offenbar noch immer keine Selbstverständlichkeit.
„Es gibt eine Zunahme beim Konsum von Alkohol und Drogen, vor allem unter Jugendlichen“, konstatiert Pycha. Welch verheerenden Auswirkungen das haben kann, erlebt er tagtäglich in der psychiatrischen Abteilung.
Auch sonst kann man im Sanitätsbetrieb ein Lied davon singen. Neben mehreren Personen, die zu Neujahr über die Stränge geschlagen hatten und ins Krankenhaus gebracht werden mussten, lag auch ein Zwölfjähriger im Alkoholkoma.
Pycha warnt davor, Alkohol zu unterschätzen – besonders, wenn man sich ans Steuer setzt. Das Sichtfeld wird eingeschränkt und die Reaktionsfähigkeit verlangsamt sich. Der Primar schlägt unter anderem vor, dass auch in Fahrschulen Risiken in Zusammenhang mit Alkohol behandelt werden.
Italienweit haben sich in den vergangenen drei Monaten 115 Verkehrsunfälle jeweils an den Wochenenden ereignet. 72 Personen kamen ums Leben, 232 Menschen wurden verletzt. Alkohol und überhöhte Geschwindigkeit spielten in vielen Fällen eine tragende Rolle.
Die Lenker sind in oftmals jünger als 40. 25 Opfer waren im Alter unter 20 Jahren, 17 hatten das 25. Lebensalter noch nicht erreicht. Weitere 17 waren unter 40 Jahren, während 17 Personen älter waren.
53 Unfälle haben sich im nördlichen Staatsgebiet ereignet, 28 in Mittelitalien und 34 im Süden. Die Daten lieferte die Beobachtungsstelle vom ASAPS, eine Vereinigung von Unterstützern der Straßenpolizei. Kritisiert wird unter anderem, dass zu wenige Polizeistreifen unterwegs sind.