Tumorart erwies sich als hoch aggressiv

“Die Vorsorge hat mir das Leben gerettet“

Samstag, 05. August 2023 | 08:05 Uhr

Von: mk

Bozen – Dies ist die Geschichte von Roberto Palazzi, einem angesehenen Bozner Architekten und ehemaligen Patienten mit einer aggressiven Form von Prostatakrebs. Dank der Behandlungen in den Abteilungen Urologie und Strahlentherapie des Krankenhauses Bozen ist er nun geheilt.

Mit seinen langen silbernen Haaren hat Roberto Palazzi die Ausstrahlung eines ewig jung Gebliebenen und das Lächeln eines lebensbejahenden Menschen, der sein Leben Tag für Tag in vollen Zügen genießt. Dem ehemaligen Skilehrer macht es große Freude, die Skier anzuschnallen und über den frischen Schnee zu brettern. Ebenso gerne bereitet er Gerichte für seine Familie und für seine engen Freunde zu. “Mittlerweile kocht meine Frau zu Hause nicht mehr”, scherzt er.

Sein Alter, 75 Jahre, sieht man ihm nicht an. “50 Jahre und 195 Tage davon “, wie er mit akribischer Genauigkeit bemerkt, habe er als Architekt gearbeitet. Ende 2021 gab er seinen Beruf auf, als er in den Ruhestand trat. “Aber ich werde immer noch angerufen!”

Sein ruhiger Tagesablauf wurde durch die „Begegnung“ mit einem unerwarteten und gleichermaßen äußerst unwillkommenen Gast jäh unterbrochen: „Durch Zufall wurde bei mir im Jahr 2017 Prostatakrebs diagnostiziert“, erinnert sich Palazzi. „Im Zuge einer gewöhnlichen Blutuntersuchung schlug der behandelnde Arzt vor, eine Biopsie durchzuführen, um eine Erkrankung auszuschließen. Vor allem, weil mein PSA-Wert etwas zu hoch war.“ (Prostatic Specific Antigen, Prostataspezifisches Antigen, ein von der Prostata synthetisiertes Vitamin, das als Tumormarker dient, Anm. d. Red.)

Der Wendepunkt

Für Palazzi war dies ein bedeutender Wendepunkt in seinem Leben: „Ich ging in die urologische Abteilung des Krankenhauses Bozen, wo ich mich übrigens immer gut aufgehoben fühlte. Dort wurde festgestellt, dass einige Gewebezylinder (Biopsieproben, Anm. d. Red.) positiv waren. Ich hatte überhaupt keine Symptome, aber die bei mir gefundene Tumorart erwies sich als hoch aggressiv. Daher werde ich nicht müde zu sagen: Lasst euch untersuchen!“

Bei dem Architekten waren die Erfahrungen eines Freundes, der ebenfalls an Prostatakrebs erkrankt war, ausschlaggebend dafür, dass er sich möglichst bald einer Biopsie unterzog: „Seine Erzählungen haben mir wahrscheinlich das Leben gerettet, denn ich beschloss, die Untersuchung um einige Monate vorzuziehen. In der Tat war das mein Glück. In der urologischen Abteilung hat mich Dr.in Carolina D’Elia sofort beruhigt“, erzählt der Architekt. „Sie war es auch, die mir erklärt hat, dass durch neue Technologien mittlerweile Krebserkrankungen heilbar sind, die es früher nicht waren.“

Mit der Diagnose Adenokarzinom an der Prostata gab es zwei Möglichkeiten: Strahlentherapie oder  chirurgischer Eingriff. „Auf Anraten der Ärzte entschied ich mich für die Entfernung der Prostata. Der Eingriff, der sehr gut verlief, wurde von Dr. Armin Pycha durchgeführt. Ich muss sagen, dass meine Erfahrungen mit dem Pflegepersonal, der Pflegekoordinatorin und dem Primar mehr als positiv waren. Und alle, die damals auf der Abteilung aufgenommen wurden, waren der gleichen Meinung.“

2021 der Rückfall

Obwohl die Operation erfolgreich war, hatte ich 2021, also vier Jahre später, einen Rückfall: „In meinem Fall handelte es sich um ein biochemisches Rezidiv, das mit einer zweimonatigen Strahlentherapie behandelt wurde. Zum Glück gab es keine größeren Nebenwirkungen, abgesehen von einer starken Müdigkeit. Dass ich keine besonderen Probleme hatte, lag wohl auch daran, dass der Dienst für Strahlentherapie des Krankenhauses Bozen mit modernsten Geräten ausgestattet ist und so die vom Tumor betroffenen Stellen millimetergenau behandelt werden konnten.“

“Eine außergewöhnliche menschliche Nähe”
Während der Genesung wurde Palazzi von der Strahlentherapeutin und Onkologin Justyna Magdalena Waskiewicz vom Dienst für Radiotherapie des Gesundheitsbetriebes, der von Martin Maffei, geleitet wird, begleitet. „Dr.in Waskiewicz ist nicht nur ein absoluter Profi, sie hegt auch eine große Leidenschaft für Ihre Arbeit und begleitet mich immer noch bei den Routineuntersuchungen. Auch hier ließ mir das Gesundheitspersonal eine außergewöhnliche menschliche Nähe zuteilwerden.“

Um die Gefährlichkeit eines Tumors einzustufen, gibt es den sogenannten Gleason-Score, eine Skala von eins bis zehn mit steigendem Risiko. Der Wert von Palazzi lag bei acht, und stand somit für einen der aggressivsten. „Als ich die Diagnose erhielt, konnte ich es nicht glauben, Angst hatte ich aber nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich von Natur aus Optimist bin, aber mir kamen nur positive Beispiele wie jenes meines Freundes, der die Krankheit hervorragend meisterte, in den Sinn“, erklärt Palazzi. „Natürlich beeinflussen solche Sachen die Wahrnehmung der Dinge – insbesondere der Zeit. Aus diesem Grund habe ich mir den Spruch aus einem Theaterstück von Marco Paolini zu eigen gemacht: Zeit ist Geld, aber Geld ist nicht Leben. Zeit ist Leben“.

“Ein besserer Mensch”

Mit ein bisschen Ironie erzählt Palazzi, dass für ihn sogar das Gassi gehen mit dem Hund um drei Uhr morgens zu einem Vergnügen wurde: „Viele kleine Dinge, die vorher eher lästig waren, habe ich jetzt zu schätzen gelernt. Manchmal kann eine Krankheit dazu beitragen, dass man ein besserer Mensch wird. Es ist eine Lebenserfahrung, die dich dazu bringt, die kleinen Dinge neu zu bewerten. Es klingt abgedroschen, aber man genießt zum Beispiel ein gemeinsames Essen mit der Familie viel mehr.“

In seinem letzten Gedanken vergleicht Roberto Palazzi die Krebsbehandlung mit einem “Kampf gegen den inneren Feind”. „Als Patienten können wir nicht viel mehr tun, als uns auf die Medizin zu verlassen und die Prävention sehr ernst zu nehmen. Das sind die einzigen Waffen, die uns zur Verfügung stehen, abgesehen von unserem Optimismus und dem Willen, immer weiterzumachen. In den Abteilungen für Urologie und Radiodiagnostik in Bozen stehen uns heute Technologien zur Verfügung, die in Südtirol hervorragend sind und daher auch Patienten von außerhalb des Landes anziehen. Dank dieser können Krankheiten geheilt werden, die früher als nicht heilbar galten. Vielen Menschen kann somit wieder Hoffnung geschenkt werden.“

Begegnungen – unter diesem Titel stellt der Südtiroler Gesundheitsbetrieb regelmäßig Patientengeschichten vor, die aufzeigen, welche Schicksale und Wendungen Menschen in ihrer gesundheitlichen Betreuung erfahren. Alle portraitierten Personen haben sich gerne bereit erklärt, über ihre Leidensgeschichte zu sprechen, und in einfühlsamer Art wurden mit allen wertvolle Gespräche geführt. Die Geschichten sollen anderen Betroffenen Mut machen und aufklären.

Bezirk: Bozen