Von: mk
Bozen – Mit der Geburt eines Kindes verbinden die Eltern eine Vielzahl von Erwartungen und Hoffnungen an das Neugeborene. Vorstellungen und Wünsche orientieren sich an einem gesunden und nicht beeinträchtigten Kind, das ihre Zukunftserwartungen erfüllen kann. Wird ein Kind mit Beeinträchtigung geboren, können die Eltern schnell spüren und erahnen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Sie merken Anspannung und Unruhe bei den Hebammen und Ärzten. Vielleicht bemerken die Eltern auch selbst etwas unerwartet Abweichendes an ihrem Baby – sie bekommen Angst. Dann erfolgt die Mitteilung, dass ihr Kind mit einer Beeinträchtigung auf die Welt gekommen ist. Alle Eltern berichten von einem überwältigenden Schock in dieser Situation – und von einer Bewährungsprobe auf Lebenszeit.
Manchmal hingegen wird bereits in der Schwangerschaft mit der vorgeburtlichen Diagnostik eine mögliche Behinderung festgestellt. In solchen Fällen haben die Eltern die Wahl sich für oder gegen das Kind zu entscheiden. Um Familien in solche Situationen zu stärken und zu unterstützen hat das Haus der Familie gemeinsam mit dem Netzwerk Mutternacht beschlossen das heurige Thema der Mutternacht genau diesen Müttern, Vätern und Kindern zu widmen: „Doch dann kam alles anders: die Geburt eines Kindes mit Beeinträchtigung“. Am 12. Mai wird im Kolping in Bozen der Dokumentarfilm: „Mein kleines Kind“ mit der Hebamme und Filmemacherin Katja Baumgarten gezeigt, am 13. Mai findet am Rathausplatz den ganzen Tag die Mutternacht statt mit Informationsstände, Musik, Tanz, und einer Podiumsdiskussion zum Thema.
„Familien, die mit der Diagnose Fehlbildung des eigenen Kindes kontrontiert werden, brauchen eine gute und sensible Betreuung, in der Schwangerschaft, bei der Geburt und besonders auch in der ersten Zeit nach der Geburt,“ sagt Astrid Di Bella, Initiatorin der Mutternacht und Projektleiterin des Haus der Familie. In Südtirol gibt es bereits ein sehr großes Netzwerk an Organisationen und Vereinen, die Familien in diesen schwierigen Situationen eien Stütze sein können. Bei der Mutternacht am 12. und 13. Mai möchten wir diese Anlaufstellen vorstellen und gleichzeitig auch das Thema Beeinträchtigung und prenatale Diagnostik mehr in die Öffentlichkeit bringen.
Sonja Bacher, Mutter von drei Kindern ist selbst betroffene Mutter. Ihre Tochter Daniela wurde vor 10 Jahren mit Downsyndrom geboren. Einige Tage nach dieser Geburt hat der Verein „Il Sorriso – das Lächeln“ Frau Bacher aufgesucht: „In dieser ersten sehr schweren Zeit haben uns die Hilfestellungen des Vereins sehr geholfen. Auch als Familie war uns der Austausch mit anderen betroffenene Familien eine sehr große Stütze. Denn andere betroffene Eltern verstehen die Traurigkeit und den Schmerz den man verspürt aber machen einem auch Mut, das Leben mit diesen besonderen Kindern zu meistern.“ Heute ist Frau Bacher Vorsitzende des Vereins „Il sorriso – das Lächeln“ und freut sich anderen betroffenen Familien eine Hilfe zu sein. Der Verein unterstützt Eltern auch bei bürokratischen Sachverhalten und bietet verschiedene Freizeitgestaltungen und alternative Therapien, wie z.B. Musiktherapie an.
Wolfgang Obwexer, Geschäftsführer vom Verein „Lebenshilfe“ hat immer wieder Kontakt mit Familien mit einem Kind mit Beeinträchtigung und kennt deren Sorgen udn Ängste. Aber Familien erzählen auch immer wieder von einem erfüllten Leben, von Werteverschiebungen hin zu Solidarität und dem eigentlich Wichtigen im Leben, von den glücklich machenden Erfahrungen eines solidarischen gesellschaftlichen Umfelds. Er sagt: „Beeinträchtigte Kinder erinnern uns daran, dass wir als Menschen alle verletzliche Wesen sind. Wenn wir uns damit auseinandersetzen und die eigene Begrenztheit und Verletzlichkeit annehmen können, sind wir auf einem gut Weg, auch das beeinträchtigte Kind anzunehmen.“ Eine wichtige Frage die sich Herr Obwexer in diesem Zusammenhang stellt ist was unsere Gesellschaft dazu beitragen kann, damit sich die Eltern über ihr Kind freuen können, auch wenn es eine Beeinträchtigung hat. Die Lebenshilfe hat sich als Interessensvertreterin erfolgreich für die Einrichtung einer Familienbegleitung und pädagogische Frühförderung von Kindern mit Beeinträchtigung eingesetzt und bietet im Sommer und unterm Jahr wertvolle Angebote für Kinder an, die auch von vielen Kindern mit Beeinträchtigungen genutzt werden.
Auch Angelika Stampfl, Vorsitzende des Vereins AEB macht tagtäglich die persönliche Erfahrung, wie der Alltag in Beruf und Familie mit einem Kind mit Beeinträchtigung unter erschwerten Bedingungen – sie ist alleinerziehende Mutter – zu meistern ist: „Zuerst kosten Arztbesuche und Therapien viel Zeit und Geld, in Kindergarten und Schule sind viele zusätzliche Gespräche zu führen, um Plätze in Werkstätten und Wohnheimen ist zu kämpfen und eine geeignete, erfüllende Arbeit für den Betroffenen zu finden ist bisher fast unmöglich. Und schließlich bleibt noch die Sorge der Eltern: “Was passiert, wenn ich nicht mehr da bin?“. Der Verein Arbeitskreis Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung versucht daher genau bei diesen Schwieirgkeiten Familien unter die Arme zu greifen und unterstützt Eltern zum Beispiel bei Treffen zwischen Eltern – Kindergarten – Schule – Dienste in den Bezirken, bietet Beratung an und organisert Elterntreffen. Ausserdem macht der Verein viel Öffentlichkeitsarbeit um ein neues Verständnis für Menschen mit Beeinträchtigung zu erreichen und versucht auch politisch durch das Einbringen von Gesetzesvorschlägen den Familie mit Kindern mit Beeinträchtigung weiterzuhelfen.
Die Projektleiterin der Mutternacht des Haus der Familie und Präsidentin des Kollegiums der Hebammen der Provinz Bozen Astrid Di Bella lädt Frauen und Familien abschließend ein, das Angebot rund um die Mutternacht: „Wir sind überzeugt, dass Familien mit Kindern mit Beeinträchtigung in Südtirol eine gute und kompetente Betreuung und Begleitung erfahren können, oft kennt man nur zu wenig die richtigen Anlaufstellen.“ Dort setzt auch die Sensibilisierung rund um die Mutternacht ein: Informationsstände und die Podiumsdiskussion mit Gynäkologe Herbert Heidegger, Neonatologin Grazia Molinaro, mit der selbst betroffenenen Hebamme Katja Baumgarten und anderen betroffenenen Eltern sollen Interessierte informieren und aufklären und das delikate Thema in die Öffentlichkeit bringen.
Am 12. Mai 2017 wird um 19.30 im Kolping in Bozen der Dokumentarfilm: „Mein kleines Kind“ gezeigt. Hebamme und Filmemacherin Katja Baumgarten wird anwesend sein und im Anschluss des Filmes für Fragen zur Verfügung stehen. Im auotobiografischen FIlm lässt Frau Baumgarten die Öffentlichkeit auf zutiefst persönliche und bewegende Weise an der Schwnagerschaft, der Hausgeburt und dem Sterben ihres behinderten Sohnes Martin teilhaben.
Am 13. Mai 2017 findet am Rathausplatz die Mutternacht statt. Vereine und Organisationen die mit Familien mit Kindern mit Beeinträchtigung arbeiten werden sich vorstellen. Ein buntes Rahmenprogramm von den Vereinen mit Musik, Tanz und Theater lockert den Tag auf und neben der Podiumsdiskussion wird die Prämierung des Literatur- und Fotowettbewerbes und die Vorstellung des Sammelbandes von Geburtsgeschichten aus Südtirol das Programm auch inhaltlich abrunden.
Weitere Informationen finden sie unter mutternacht.hdf.it