Von: luk
Bozen – Seit dem mysteriösen Verschwinden des Ehepaars Neumair/Perselli sind mittlerweile knapp drei Wochen vergangen. Wurde zunächst davon ausgegangen, dass dem pensionierten Ehepaar etwas bei einem abendlichen Spaziergang zugestoßen sein könnte, steht seit etwa einer Woche Benno Neumair, der 30-jährige Sohn, im Mittelpunkt der Ermittlungen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon, aus dass er etwas mit dem Verschwinden zu tun haben könnte. Er wurde wegen Mordverdachts ins Ermittlungsregister eingetragen, befindet sich aber nach wie vor auf freiem Fuß und ist bei Freunden untergekommen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Für seine Anwälte, Flavio Moccia und Angelo Polo, sind die Vermutungen der Staatsanwaltschaft haltlos. Doch nun gibt es einen weiteren Aspekt, der neue Fragen aufwirft.
Wie die Tageszeitung Alto Adige berichtet, ist bereits am vergangenen Mittwoch die Freundin von Benno Neumair bei der Staatsanwaltschaft vorstellig geworden und hat über weitere Details gesprochen, die sie zunächst unerwähnt ließ. Bei der Verkäuferin, die in Auer lebt und in Bozen in einem Geschäft arbeitet, hat Benno Neumair die Nacht verbracht. Was vor seinem Eintreffen bei ihr am Abend des 4. Jänner gegen 22.00 Uhr geschehen ist, liegt derzeit zumindest in Teilen im Dunkeln und wirft Fragen auf.
Die Ermittler haben Ungereimtheiten bei der Rekonstruktion der Bewegungen des 30-Jährigen festgestellt. So fehlen etwa rund 40 Minuten zwischen 21.00 Uhr und 22.00 Uhr bevor Benno bei seiner Freundin eingetroffen ist. Er hat erklärt, zum Fischerteich südlich des Müllverbrennungsofens gefahren zu sein. Dort habe er entspannt und etwas Musik gehört.
Laut seiner Freundin, die Benno seit rund einem Monat trifft und bei der er zuvor erst einmal übernachtet haben soll, wollte Benno bereits um kurz nach 21.00 Uhr in Auer sein.
In Begleitung von Anwalt Federico Fava ist die junge Frau am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft aufgetaucht und hat dabei weitere Umstände geschildert, die neue Fragen aufwerfen. So soll Benno Neumair an jenem Abend komplett umgekleidet bei ihr aufgetaucht sein. In einem grünen Plastikbeutel hat er laut den Schilderungen der Verkäuferin gebrauchte Kleidung mitgebracht. Es soll sich um ein paar Socken, eine Jeans, drei T-Shirts, einen Pulli und ein Polo-Shirt gehandelt haben.
Nachdem der 30-Jährige bei ihr geduscht hatte, soll er die Kleidungsstücke im Bad auf den Boden gelegt haben. Sie habe ihm angeboten, die Wäsche am nächsten Tag zu waschen. Er habe dann mit ruhiger Stimme gemeint: “Wenn es nicht zu unverschämt ist…”.
Am nächsten Tag – Benno Neumair war bereits gegen 5.00 Uhr wieder aufgebrochen – sind die Kleidungsstücke dann in der Waschmaschine gelandet. Gewaschen aber nicht gebügelt blieben sie bis vergangenen Mittwoch dort. Am Mittwoch und gemeinsam mit Anwalt Fava hat sie die Kleidung von Benno der Staatsanwaltschaft ausgehändigt und das ungewöhnliche Verhalten des 30-Jährigen geschildert. Die Befragung dauerte rund 2,5 Stunden, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Dabei erklärte sie auch, dass ihr an der getragenen Kleidung keine ungewöhnlichen Gerüche oder Blutspuren aufgefallen seien.
Die Verkäuferin wurde in der Folge wegen Begünstigung ins Ermittlungsregister eingetragen. Dabei handelt es sich aber nur um einen formalen Akt, der vermutlich in Kürze archiviert werden wird, so die Tageszeitung Alto Adige. Ihre Schilderungen werden als linear bezeichnet.
Bekannt ist bereits, dass Benno, der sonst mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Auer gefahren ist, dieses Mal das Auto genommen hat. Laut den Erzählungen seiner Freundin ist er rund eine Stunde später dort aufgetaucht, als zuvor angegeben. Die Verkäuferin hat den Ermittlern auch ihr Handy ausgehändigt, damit diese eine Kopie des Nachrichtenverlaufs mit Benno machen können.
Die Suche nach dem vermissten Ehepaar läuft indes auf Hochtouren weiter. Beim Staudamm der Etsch in Mori wurden gestern zahlreiche Gegenstände aus dem Wasser gefischt. Doch von den beiden Eheleuten fehlt immer noch jede Spur.