Von: mk
Bozen – Ein Mann, seine Frau und ihr 16-jähriger Sohn haben halb Europa durchquert und sind nun in Laag bei Neumarkt angekommen. Sie stammen aus der Ukraine und sind auf der Flucht vor den Panzern und Raketen aus Russland. Trotz des Schreckens, den Kremlchef Wladimir Putin verbreitet, will die Familie so bald wie möglich zurück in die Heimat. In der Zwischenzeit legen sich die Bürger von Laag voll ins Zeug.
Wie die italienische Tageszeitung Alto Adige berichtet, benötigen die Flüchtlinge nämlich dringend eine Unterkunft. Seit ein paar Tagen wird nach einer Lösung gesucht. Dabei wird die gesamte Bevölkerung der Ortschaft mit ein bezogen.
Die dreiköpfige Familie stammt ursprünglich aus der Gegend von Charkiv an der Grenze zu Russland. 2.500 Kilometer hat sie mit dem Auto zurückgelegt. Die Fahrt hat rund 30 Stunden gedauert.
Die drei seien hier gemeinsam mit vier Freunden angekommen. „Einer von ihnen stand in Kontakt mit einer Person, die in Laag ansässig ist“, erklärt Helga Girardi, eine der Promotorinnen der Initiative zur Unterstützung der Flüchtlinge. Im Augenblick waren nur vier Plätze frei. Deshalb muss sich die Familie mit einer provisorischen Unterkunft begnügen – vorerst.
„Sie sind glücklich darüber, hier sein zu dürfen und zu erfahren, dass sie willkommen sind. Doch die Unterkunft ist noch nicht perfekt. Es braucht eine andere Lösung“, erklärt Girardi.
Deshalb wurde die Bevölkerung im Ort in die Suche involviert. „Alles entstand ganz zufällig. Ich habe in der Bar mit demjenigen gesprochen, der diese Menschen aufgenommen hat. Er tat sich sichtlich schwer, seine Enttäuschung zu unterdrücken, nicht Platz für drei weitere Personen zur Verfügung zu haben“, erklärt Girardi. Ausschau werde nach einer Wohnung oder einem Haus gehalten, das möglicherweise leer steht. Es sollte sich in Laag oder in der Nähe befinden, denn die Familie hat hier ihre Freunde als Bezugspunkt.
Offenbar haben die Eltern – beide im Alter von 40 Jahren – bereits eine Arbeit gefunden. Der Vater arbeitete in der Ukraine als Büroangestellter in einer Firma für Produkte im Gastgewerbe. Doch er sei in der Lage, auch andere Aufgaben zu übernehmen.
Im Dorf verständigt man sich mit den Neuankömmlingen auf Englisch. Gleichzeitig lernt die Familie die ersten Worte auf Italienisch. Durch den Einsatz von Helga Girardi konnten in der Zwischenzeit ein paar Matratzen und andere Gegenständige für das Nötigste aufgetrieben werden. „Die Leute reagieren fantastisch, ich habe nur die Hilfe von ein paar benötigt, doch es haben sich Dutzende gemeldet“, betont Girardi. Auch Bürgermeisterin Karin Jost unterstützt die Suche nach einer Unterkunft. Weil die Gemeinde selbst keine freien Wohnungen hat, komme eventuell eine Flüchtlingsauffangstation in Frage. Auch ein privates Unternehmen habe sich bereit erklärt, eine eigene Unterkunft zur Verfügung zu stellen.
Die Solidarität ist offenbar stärker als der Krieg.