Von: Ivd
Bozen – Es ist ein Problem, das vermutlich viele kennen: Einmal pro Woche zeigt einem das Betriebssystem eine erschreckend hohe durchschnittliche Bildschirmzeit der vergangenen Woche an. Während Erwachsene die Verantwortung über ihr eigenes Leben haben, gilt das für Kinder und Jugendliche nicht. Sie sind besonders zu schützen und gerade bei ihnen fällt die Nutzung von Bildschirmzeiten deutlich höher aus. Eine Studie zeigte nun, dass die frühe Nutzung von Bildschirm-Geräten zu einer früheren Pubertät und zu langzeitlichen Folgen für die Psyche und den Körper führen kann.
Die Untersuchungen der der Verbraucherseite comparitech zeigen, dass die Bildschirmzeit über alle Altersgruppen hinweg in Italien im Jahr 2022 bei 6.10 Stunden lag. Die knappe Hälfte entfiel auf die Nutzung von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets. Der Rest auf die Nutzung von Computern. Am höchsten fallen die Zeiten bei Kindern und Jugendlichen aus: Bei ihnen können die Zeiten durchaus bei sieben oder sogar acht Stunden liegen.
Ganz auf die Endgeräte zu verzichten ist nahezu unmöglich: Oft sind Smartphones oder Tablets in Schulen und Unis längst unerlässlich, gerade während der Pandemie und in Zeiten von Homeschooling haben sie einen entscheidenden Beitrag in der Bildung geleistet. Doch die frühe Einstrahlung von schädlichem Blaulicht durch Bildschirme kann zu einer verkürzten Kindheit führen.
Frühe Pubertät durch Blaulicht
Eine Studie der Gazi Universität in der Türkei deutet darauf hin, dass zu viel Bildschirmzeit nicht nur das Wachstum von Kindern beschleunigen könnte, sondern auch die Pubertätsentwicklung verfrüht auslöst. Die leitende Forscherin, Aylin Kılınç Uğurlu, meinte auf der Jahresversammlung der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Endokrinologie dazu „Unsere Daten deuten darauf hin, dass eine langanhaltende Blaulicht-Exposition nicht nur das Wachstum beschleunigt, sondern auch die Wachstumsphasen verkürzt, was langfristige Folgen für die Körpergröße haben könnte“.
Die Studie basiert auf Experimenten mit jungen Ratten basiert und zeigte, dass Tiere, die intensivem Blaulicht ausgesetzt waren, nicht nur schneller wuchsen, sondern auch frühere Anzeichen von Pubertät zeigten. Besonders bemerkenswert: Es wurden Veränderungen in den Wachstumsplatten der Knochen festgestellt, die für das Längenwachstum verantwortlich sind.
Das beschleunigte Wachstum könnte anfangs als Vorteil erscheinen, birgt jedoch langfristige Risiken. „Kinder, die früh wachsen, erreichen oft früher ihre endgültige Körpergröße und bleiben später als Erwachsene kleiner“, warnt die Wissenschaftlerin. Diese Entwicklung könnte auf den Einfluss des Blaulichts zurückzuführen sein, das den Zeitpunkt und die Dauer des Wachstumsprozesses verändert.
Frühere Studien hatten bereits Hinweise darauf gegeben, dass Blaulicht eine frühzeitige Pubertät auslösen könnte. Die aktuelle Forschung stützt diese Hypothese und erweitert sie um die Erkenntnis, dass die Auswirkungen auf das Skelett und das Wachstum der Kinder weitreichender sein könnten. Trotz der alarmierenden Ergebnisse betont Kılınç Uğurlu, dass es sich um Tierstudien handelt, deren Ergebnisse nicht eins zu eins auf Menschen übertragbar sind.
Zukunft der Forschung und Empfehlungen für Eltern
Die Wissenschaftler planen nun, die Auswirkungen von Blaulicht auf die Entwicklung von Knochen und Körpergröße im Erwachsenenalter zu untersuchen. „Unser Ziel ist es, herauszufinden, ob unterschiedliche Intensitäten oder Dauern der Blaulicht-Exposition reversible oder dauerhafte Effekte auf das Skelett haben“, erklärte die Forscherin.
Doch was bedeutet das für Eltern? Die Bildschirmzeit von Kindern könnte bald unter noch mehr Beobachtung stehen. Das Portal „Schau hin“, das unter anderem von Experten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gegründet wurde, gibt klare Empfehlungen zur Mediennutzung:
Bis fünf Jahre: Bis eine halbe Stunde Bildschirmzeit am Tag
Sechs bis neun Jahre: Bis zu einer Stunde täglich
Ältere Kinder: Maximal zehn Minuten Bildschirmzeit mehr pro Lebensjahr am Tag oder eine Stunde pro Lebensjahr mehr in der Woche.
Die Empfehlungen beinhalten auch, dass Eltern ein „wöchentliches Zeitkontingent“ vereinbaren, sodass die Kinder ihre Bildschirmzeit selbst regulieren können – und wenn das Kontingent an zwei Tagen verbraucht wird, bleiben die Bildschirme für den Rest der Woche aus.
Wachsamkeit ist gefragt
Die Forschungsergebnisse der Gazi Universität werfen einen wichtigen Blick auf die potenziellen Langzeitfolgen von zu viel Bildschirmzeit, insbesondere durch Blaulicht. Dabei bleiben die Folgen auf die Psyche durch frühen Kontakt mit Werbung, Mobbing und Fake-News völlig außen vor. Auch wenn die Erkenntnisse vorerst auf Tierstudien basieren, ist der Appell klar: Eltern sollten die Bildschirmzeit ihrer Kinder genau im Blick behalten und den Umgang mit digitalen Geräten bewusst regulieren und möglichst aufklären, um eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung zu fördern.
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