Von: ka
Bozen/Wien – Nach dem Scheitern des “Anti-FPÖ-Dreierbündnisses” und der Einigung der ÖVP mit der FPÖ auf einen Budgetfahrplan schien Herbert Kickls Lebenstraum “Volkskanzler” in greifbare Nähe gerückt. Während ganz Österreich fest mit der “Rache des Entwurmten” rechnete, an der Spitze einer FPÖ-ÖVP-Koalition ins Kanzleramt einzuziehen, wurde mit jedem zähen Verhandlungstag deutlicher, wie weit die beiden Parteien in grundlegenden Fragen auseinanderliegen.
Wie bei jeder “Scheidung” schieben sich die verhinderten Partner gegenseitig die Schuld zu, doch für unabhängige Beobachter scheint klar, dass den Blauen ihre eigene Radikalität zum Verhängnis geworden ist. Eine “Abkoppelung” Österreichs von der EU, ein Ausstieg aus der NATO-Partnerschaft für den Frieden und eine faktische Hinwendung der Alpenrepublik zu Russland waren selbst für eingefleischte Befürworter zu viel.
Dabei vergisst der “Entwurmte”, dass selbst nach Neuwahlen und einem möglichen weiteren Erstarken der FPÖ die Schwarzen seine einzige Koalitionsoption wären. Dabei wäre es so einfach gewesen, nach Süden zu schauen. Von Giorgia Meloni hätte der “Volkskanzler” in spe lernen können, wie man geschmeidig, aber bestimmt die eigenen Interessen verfolgt, ohne alle Partner vor den Kopf zu stoßen. Eine Abgrenzung von der EU und ein Austritt aus der NATO wären den Italienern auch nicht zu vermitteln gewesen. Vielmehr arbeitet Italiens resolute Regierungschefin daran, mit wechselnden Verbündeten mehr Einfluss zu gewinnen, um NATO und EU zu reformieren, wobei ihr ihre Eigenschaft als Bindeglied zwischen Europa und Donald Trump sehr hilfreich ist.
Der verhinderte “Volkskanzler” hingegen hat seine Chance vertan, weil ihm Eigenschaften wie zielstrebige Geschmeidigkeit und vorteilhafte Kompromissfähigkeit völlig fehlen. Wer etwas erreichen will, weiß, dass er dafür Partner und Verbündete braucht. Wer alles haben will, überspannt den Bogen und bekommt am Ende nichts. Sicher ist heute nur, dass Österreich unsicheren Zeiten entgegengeht. Die Alpenrepublik hat sich Besseres verdient.
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