Von: luk
Bozen – Raffaela Vanzetta, die Koordinatorin der Fachstelle Essstörungen INFES zeigt sich über eine Werbung auf der Facebookseite der IDM empört.
Auf dem Bild sitzt eine Frau in kurzer Hose und langärmeligem Sweater auf einer Wiese, den Rücken an einem großen Stein gelehnt, geschlossene Augen und zufriedener Ausdruck, im Hintergrund die Dolomiten.
“Die Schrift lautet: ho fatto la prova costume…. …me ne vado in Alto Adige. Also: Ich habe meine Bikinifigur überprüft und mich für Urlaub in Südtirol entschieden. Die klare Botschaft geht nicht nur an ferne Touristen, sondern auch an unsere Mädchen: hast du keine Bikinifigur? Dann decke dich lieber zu. Und wenn das Model am Bild meint, keine ausreichend gute Figur für ein Bikini zu haben, wer dann?”, kritisiert Vanzetta.
In Südtirol würden zehn Prozent der Mädchen zwischen zwölf und 25 Jahren angeben, nicht ins Schwimmbad zu gehen, weil sie sich für ihren Körper schämen. Bei den zwölf bis 17-Jährigen sei die Zahl deutlich höher. 13 Prozent wünschen sich eine Schönheitsoperation und 17 Prozent haben nach dem Essen Gewissensbisse, erklärt Raffaela Vanzetta.
“Die Teams, die in den Südtiroler Sanitätsbezirken Essstörungen behandeln haben es mit immer jüngeren Betroffenen zu tun. Hat es unser Land wirklich nötig, mit so billiger und geschmackloser Werbung Touristen zu locken”, fragt sich die INFES-Koordinatorin.
“Mich fragen immer wieder Menschen, ob die Medien an der Entstehung von Essstörungen schuld sind. Ja, sie sind mit schuld, weil sie eine klare Botschaft immer und immer wieder verbreiten: schlanksein ist cool, wer schlank ist, kann sich zeigen lassen, wer schlank ist, ist erfolgreich, leistet was, hat Biss, Selbstdisziplin, Ehrgeiz. Wer nicht schlank ist, sollte sich lieber ein bisschen verstecken”, so die Koordinatorin der Fachstelle Essstörungen.
Amhof: “Südtirol hat so etwas nicht nötig”
Auch die Landtagsabgeordnete Magdalena Amhof ärgert sich über den frauenfeindlichen Südtirol-Werbe-Post der IDM: „Südtirol hat es nicht nötig, auf Kosten der Frauen Tourismuswerbung zu machen. Der besagte Spruch hat noch dazu keinerlei Südtirol-Bezug und ist damit einfach nur als frauenverachtender Gag gemeint, um mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Die IDM als öffentliche Körperschaft sollte unser Land mit Witz und Intelligenz bewerben und nicht mit flachen Sprüchen, bei denen einem das Lachen vergeht. Solcherlei Werbung ist dem Tourismusland Südtirol nicht würdig und zudem kontraproduktiv, wie die zahlreichen negativen Reaktionen zeigen.“
IDM spricht von Verständnisproblem
Im Interview mit stol.it distanziert sich der Marketingleiter des IDM, Thomas Aichner, von den Vorwürfen. Die Südtiroler verstünden zwar Italienisch, aber nicht immer zur Gänze. Bei dem Spruch „prova costume“ handle es sich um eine etablierte Redewendung, die keineswegs den Schlankheitswahn oder Sexismus unterstütze.
Abgesehen davon, so Aichner weiter, wollte man mit dem Spruch eigentlich in die entgegengesetzte Richtung zielen: „Die Mitarbeiterinnen der Facebook-Redaktion wollten nicht sagen: ‚Wenn du keine Bikinifigur hast, komm nach Südtirol‘, sondern ‚Uns ist es egal, wie du aussiehst, wir freuen uns auf dich‘.“