Von: mk
Bozen – Im Fall eines fatalen Unfalles in Luttach im Pustertal mit sieben toten deutschen Touristen und sieben teils Schwerverletzten im Jahr 2020 ist es am Bozner Landesgericht wieder zu einer Vertagung gekommen. Am Freitag wäre nach vier Jahren ein Urteil erwartet worden.
Der mittlerweile 31-Jährige Autolenker war in der Nacht auf den 5. Jänner 2020 mit einem Pkw des Typs Audi TT betrunken in eine Gruppe von jungen deutschen Skitouristen gerast. Sechs waren sofort tot, eine Frau starb später im Krankenhaus. Sie waren zuvor aus einem Shuttlebus ausgestiegen und überquerten die Straße, als es zu dem Unfall kam. Die meisten Opfer kamen aus Nordrhein-Westfalen.
Dass am Freitag keine Verhandlung stattfinden würde, war den Anwälten des Angeklagten und der Nebenkläger bereits am Tag zuvor mitgeteilt worden. Anwalt Michael Pichler, der vor Gericht die Interessen der Nebenkläger vertritt, erklärt Medien gegenüber, dass das Warten für die Angehörigen der Opfer schmerzhaft sei. Einige hätten bei der Verhandlung auch selbst dabei sein wollen und bereits ein Ticket für die Fahrt nach Südtirol organisiert. Daraus wurde allerdings nichts.
Zur Vertagung des verkürzten Verfahrens ist es aus organisatorischen Gründen gekommen. So soll die Gefahr bestanden haben, dass die Debatte und die Verkündung des Urteils nicht am selben Tag erfolgen.
Bereits im November war es zu einer Vertagung gekommen – wegen Probleme bei der Verschriftlichung des Prozessablaufes. Auch Anwalt Alessandro Tonon, der die Verteidigung des Angeklagten übernommen hat, bedauert, dass es zu Verzögerungen gekommen ist. Allerdings sei es für ihn auch wichtig, dass bei derart heiklen Prozessen alles ordnungsgemäß ablaufe, dass sämtliche Parteien anwesend sind und der Richter in aller Ausgeglichenheit ein Urteil fällen könne. Auch für die Anwälte der Nebenkläger steht fest, dass der Richter die nötige Zeit braucht, um eine gerechte Entscheidung zu treffen.
Bereits im Vorfeld des Verfahrens wurden verschiedene Gutachten vorgebracht, um den Unfall zu rekonstruieren. Nach Einschätzung eines gerichtlichen Gutachters dürfte der Lenker mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h unterwegs gewesen sein, statt der erlaubten 50 km/h. Er hatte 1,97 Promille im Blut. Ein Gutachten hatte den jungen Mann im August 2020 teilweise entlastet. Demnach dürfte ein Teil der Touristengruppe in der Unfallnacht nicht den Zebrastreifen benützt haben. Außerhalb des Lichtkegels am Zebrastreifen seien Personen “nur schemenhaft” zu erkennen gewesen, hieß es.
Bei einem verkürzten Verfahren in der italienischen Rechtsordnung müssen sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Details der Anklage und das Strafmaß einigen. Dies muss dann vom Untersuchungsgericht abgesegnet werden. Die Voraussetzungen für ein verkürztes Verfahren sind, dass der Angeklagte geständig ist und die Opfer zivilrechtlich bereits entschädigt worden sind. Beides war in dem Fall gegeben. Im Dezember 2021 hatten sich Angehörige und Opfer mit der Versicherung des Unfallfahrers außergerichtlich auf eine Entschädigungssumme geeinigt. Die Versicherung zahlte den Opfern und den Hinterbliebenen zehn Millionen Euro Schadenersatz aus.
Der Angeklagte muss sich wegen Tötung im Straßenverkehr verantworten. Ihm droht eine zwölfjährige Haftstrafe.