Von: luk
Kaltern – Umweltschützer sind in Sorge um den Altenburger Wald in Kaltern. Dort sollen zwei Speicherbecken für die Versorgung der landwirtschaftlichen Flächen gebaut werden. Wird das Projekt so umgesetzt, wie geplant, müsste eine große Fläche mitten im Wald gerodet werden. Für viele ein Unding, weshalb sich Widerstand regt. Bei einem Informationsabend im Kalterer Vereinshaus am vergangenen Samstag war der Andrang groß. Auch im Montiggler Wald und im Tröpfeltal sollen Becken gebaut werden.
“Ausgerechnet im Altenburger Wald nahe der schon seit 1979 als Schutzgebiet ausgewiesenen Rastenbachklamm will die Gemeinde Kaltern zwei große Speicherbecken für Bewässerungszwecke errichten lassen. In dieses bei Einheimischen wie Urlaubsgästen überaus beliebte Naherholungsgebiet sollen zwei Speicherbecken mit Dammaufschüttung gegraben werden: das erste ‘Rastenbach’ mit 6,1 ha Größe, das zweite ‘Bärental’ mit 3,8 ha Größe. Dazu kommen zwei weitere im Montiggler Wald und im Tröpfeltal bei Matschatsch sowie zwei Becken in der Gemeinde Tramin. Zum Vergleich: das bestehende Speicherbecken in Perdonig umfasst 2,7 ha. Insgesamt müssten 14 Hektar gesunder Buchenwald und Mischwald diesen Anlagen weichen, die von den Kalterer Umwelt- und Heimatpflegevereinen als ‘größte Umweltzerstörung seit jeher’ bezeichnet wird”, so Heimatpflegeverband Südtirol.
Der Verband bemängelt, dass weder die Gemeinde Kaltern noch die Projektbetreiber (ein Beregnungskonsortium) die Kalterer Bürger und die Öffentlichkeit über dieses schon weit fortgeschrittene Projekt informiert hätten. Daher luden der Verband am vergangenen Samstag, 11. November die Umweltvereine von Kaltern zu einem Infoabend mit Experten. Horst Palla von der Alpenvereinssektion Kaltern konnte vor einem fast gefüllten Vereinssaal mit der klaren Aussage eröffnen: Die Umweltschützer seien nicht gegen Speicherbecken an sich, doch intakten, wertvollen Wald im öffentlichen Eigentum dafür zu opfern, sei absolut unakzeptabel.
Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbands Südtirol, forderte mehr Respekt vor dem hohen Gut Wald ein und zitierte aus dem Landschaftsplan Kaltern: „Eine außerordentlich bedeutsame Naherholungsfunktion erfüllt der Altenburger Wald mit seinen herrlichen Buchenbeständen. Da hier der gesellschaftliche und touristische Nutzen der Erholungswaldfunktion unbedingt vorherrschend ist, muss dieser bei der Waldbewirtschaftung der absolute Vorrang vor der reinen Produktionsfunktion eingeräumt werden.“ Es sei nicht tragbar, so Plaikner, dass landwirtschaftliche Infrastruktur in geschützte Waldgebiete gebaut würden statt auf dem Grund der eigentlichen Nutznießer des Speicherbeckens. Brigitte Haas wies in Vertretung des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutzes auf den ökologischen und klimapolitischen Wert des Waldes hin. Es reiche nicht, nur eine technisch machbare Lösung durchzusetzen. Bewässerung sei nötig, doch müssten Lösungen im Einklang mit der Natur gefunden werden.
Der Präsident der Südtiroler BiologInnen, Norbert Dejori, bezeichnete den Altenburger Wald als schönsten Buchenwald Südtirols mit einer im ganzen Land seltenen Vielfalt an Pflanzenarten, die absolut zu schützen sei.
Als Hauptreferent des Abends ging Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und Fachmann für Speicherbecken, auf die unersetzlichen Ökosystemdienstleistungen des Waldes ein: Schutzfunktion, Biodiversitätsraum, Wohlfahrtsfunktion, Grundwasserschutz, CO2-Senke.
“In der Schweiz muss per Gesetz die gesamte Waldfläche erhalten bleiben.” Speicherbecken seien eine „monotone, technische, naturfeindliche und erholungsuntaugliche Infrastruktur,“ für die in Altenburg der völlig falsche Standort gefunden worden sei. Ein derartiger Eingriff, so Rodewald, sei eine gravierende Waldfunktionsstörung: Wildlebensraum werde zerschnitten, eine Tierfalle errichtet, Windwurf provoziert, ein öffentliches Gut eingezäunt und die CO2-Bilanz verschlechtert. Aus der Sicht der Nachhaltigkeit sei dieses Projekt eine völlig untaugliche Maßnahme. Wasserspeicher für die Beregnung würden in der Schweiz nur mit kleinen Speicherbecken in im Landwirtschaftsgebiet in direkter Nähe der zu bewässernden Flächen angelegt. Die Rodung von Wald für ein Speicherbecken sei in der Schweiz völlig ausgeschlossen. Die landwirtschaftliche Infrastruktur gehöre in die Landwirtschaftszone, sagte Rodewald.
Und weiter: Bei der Anlagengröße müsse auf die Referenzjahre, nicht Extremtrockenjahre Bezug genommen werden. Es könnten auch bestehende Grabensysteme ausgebaut werden mit partieller Grundwassernutzung als Frostschutzmaßnahme. Derartige Großspeicher im Wald, so schloss der Schweizer Fachmann, seien unökologisch, verschlechterten die CO2-Bilanz des Obst- und Weinbaus, seien überdimensioniert, führten zur Austrocknung andernorts und schadeten dem Image von Kaltern.