Von: ka
Bozen – Ein Plakat der Süd-Tiroler Freiheit, das die Füße eines Toten auf dem Obduktionstisch zeigt und den Schriftzug „Der Arzt konnte kein Deutsch“ trägt, schlägt noch immer hohe Wellen.
Zum einen weist das Plakat, das zu Recht von vielen als makabere Provokation und Beleidigung empfunden wird, auf die Zweisprachigkeit betreffende Missstände im Gesundheitswesen hin. Zum anderen wird aber unterschlagen, dass das Land auch viele Erfolge – unter anderem wurde das österreichische Modell der Facharztausbildung abgesichert – vorweisen kann.
SO NICHT! das ist nicht südtirol – das ist keine freiheit! das sind auch keine „tiroler“!
Pubblicato da Gert Lanz su Giovedì 7 novembre 2019
Aber das größte Problem ist nicht, dass „der Arzt kein Deutsch kann“, sondern schlicht, dass es einfach zu wenige Ärzte und – das wird in der ganzen Diskussion gerne vergessen – Pflegekräfte gibt. Südtirols erfolgreiche Wirtschaft, die viele attraktive Arbeitsplätze bietet, und geburtenschwächere Jahrgänge haben längst dafür gesorgt, dass der Run auf die Landesstellen in Südtirols Krankenhäusern merklich nachgelassen hat. Turnusse mit Nacht- und Wochenendarbeit sowie ein seit mehr als einem Jahrzehnt vertraglich nicht mehr gewährter Inflationsausgleich führen dazu, dass die Pflegekräfte immer weniger werden.
Ähnliches gilt für die Ärzte. Der Mangel an Fachärzten ist ein europaweites Phänomen. Die vorhandenen Mediziner können sich die besten Arbeitsplätze – die Qual der Wahl reicht vom Ausland bis hin zu den Privatkliniken – aussuchen. Zur Verbesserung der Zweisprachigkeit im Sanitätswesen ist es daher zwar geboten, ein umfangreiches Kursangebot zu schaffen, aber es wäre ein Fehler, Ärzte und Pflegekräfte, die des Deutschen oder Italienischen nicht mächtig sind, mit Sanktionen und Berufsverboten zu gängeln. Weil die sind dann schlicht und einfach weg.
Das Bild, das ihr hier seht, ist unsere optimistische Interpretation einer Stellungnahme der Südtiroler…
Pubblicato da Giovani Democratici Alto Adige/Südtirol su Giovedì 7 novembre 2019
Leider verhindert die vom Plakat aufgeworfene Polemik eine echte Diskussion um attraktive Arbeitsplätze im Sanitätswesen. Es zeigt sich einmal mehr, dass solche Provokationen zwar politisches Kleingeld, aber keine Lösungsansätze liefern.
Salopp formuliert wird es, immer sollte sich nichts ändern, immer öfter zu wenig Ärzte und Pflegekräfte geben, was in Zukunft in diesem oder jenem Fall durchaus freie Bahn für den Pfarrer und den Totengräber bedeuten könnte.