Von: luk
Bozen – Kinder auf der Flucht müssen mit allem rechnen: Vergewaltigung, Zwangsehe, Beschneidung, Gefängnis, Tod. Der Prozentsatz der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Italien steigt ständig an: Bis Juni sind heuer 14.330 Asylsuchende auf Booten und Schiffen angekommen, 15 Prozent von ihnen waren minderjährig (insgesamt 2.171 Mädchen und Jungen). Vor zwei Jahren waren es noch 13 Prozent. Sie sind vielfach traumatisiert, aber noch lange nicht sicher, auch wenn sie auf italienischem Boden sind. Seit Jahren kümmert sich die Kinder- und Jugendanwaltschaft um unbegleitete Minderjährige. Im vergangenen Jahr hat sie unter anderem 65 freiwillige Vormunde ausgebildet, 36 von ihnen sind im entsprechenden Verzeichnis beim Jugendgericht eingetragen. Sie übernehmen für unbegleitete Minderjährige eine Art sozialer Elternschaft.
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind Kinder – meistens im Alter zwischen 15 und 17 Jahren –, die ohne eine erwachsene Begleitperson aus ihrer Heimat fliehen. Manche sind mit ihren Eltern aufgebrochen, haben diese aber schon an der ersten Grenze verloren. Sie bewältigen gefährliche Wege durch Länder Afrikas oder Asiens, erleben den Tod anderer Flüchtlinge und haben ständig Angst um ihr Leben. Ständig besteht die Gefahr, an Menschenhändler zu geraten oder zurückgeschickt zu werden. Oft sind sie mehrere Jahre auf der Flucht. Auf ihrem beschwerlichen Weg ertragen sie Kälte, Hitze und Hunger. Auch wenn sie auf italienischem Boden ankommen, droht ihnen weiterhin Gefahr, ausgebeutet zu werden. Auf ein besseres Leben können sie zunächst nur hoffen, so Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter.
Sie weiß aus vielen Gesprächen mit betroffenen Jugendlichen: „Die Minderjährigen müssen allein zwischen Freund und Feind unterscheiden“. Ihr Alltag sei von Angst und Verzweiflung geprägt. Paula Maria Ladstätter freut sich über die große Bereitschaft von Südtirolerinnen und Südtirolern, sich im Rahmen von Freiwilligen Vormunden für minderjährige Flüchtlinge zu engagieren. Ein freiwilliger Vormund verbringt mit den minderjährigen Flüchtlingen gemeinsame Zeit, kümmert sich bei bürokratischen Problemen, organisiert Freizeitangebote, bringt sie mit anderen Jugendlichen in Kontakt, begleitet sie zu Arztbesuchen, unterstützt sie bei der Suche nach Arbeit, lernt Deutsch oder Italienisch mit ihnen. „Das ist eine Möglichkeit, um junge eingewanderte Menschen nachhaltig zu fördern, um ihnen in Südtirol ein Leben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen“, erklärt die Kinder- und Jugendanwältin.
Um freiwilliger Vormund zu werden, durchlaufen interessierte Menschen, die älter als 25 sind, eine 17-stündige Ausbildung und werden dann im entsprechenden Verzeichnis beim Landesgericht eingetragen.
Weitere Informationen erhalten sie bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft unter Tel. 0471 946 050 und per Mail an info@kinder-jugendanwaltschaft-bz.org.