Von: mk
Bozen – Im Projekt CONCERT, CONfigurable CollaborativE Robot Technologies, wird ein neues Konzept für Industrieroboter entwi-ckelt, welche verschiedene Arbeitsaufgaben unterstützen und je nach Arbeitsumgebung konfiguriert werden können. Das Hauptmerkmal dieser neuen Generation von kollaborativen Robotern (Cobots) liegt in der Modularität der Komponenten, welche vom Benutzer direkt gesteuert und auf seine Bedürfnisse zugeschnitten werden können. Das dreijährige Forschungsprojekt wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Programms Horizon 2020 mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert und wird vom in Genua ansässigen Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) koordiniert. Fraunhofer Italia in Bozen ist einer der Projektpartner.
Konfigurierbarkeit und Sicherheit
Die Einführung der CONCERT-Technologien am Arbeitsplatz soll sich positiv auf die Sicherheit der Mitarbeiter bei verschiedenen Arbeitstätigkeiten auswirken, sowie Ermüdung und körperliche Verletzungen reduzieren. «Diese konfigurierbaren Cobots wer-den den Arbeitern helfen, verschiedene Aufgaben zu lösen, die eine erhebliche, sich wiederholende körperliche Anstrengung erfordern und potenziell eine Gefahr für ihre Gesundheit darstellen können, wie es zum Beispiel auf Baustellen der Fall sein kann», erklärt Nikos Tsagarakis, Leiter des Labors “Humanoid & Human Centered Mechatronics” (HHCM) am IIT in Genua und Koordinator des Projekts.
Im Rahmen von CONCERT wird ein neuartiger Typ von kollaborativen Robotern entwickelt, der in der Lage sein wird, sicher mit Arbeitern zusammenzuarbeiten. Er verfügt über eine höhere Robustheit als der Mensch, autonome Fähigkeiten und kollaborative Intelligenz. Die Zusammenarbeit zwischen Roboter und Benutzer wird über moderne Schnittstellen und interaktive Werkzeuge erfolgen. Die CONCERT-Roboter werden in der Lage sein, Informationen aus der Umgebung zu erfassen und übergeordnete Anweisungen auszuführen, z.B. für ferngesteuerte Aufgaben, bei denen sie sich selbstständig an die Umgebung anpassen. Die Teleoperation wird vor allem dann eine wichtige Rolle spielen, wenn risikobehaftete Bauaufgaben, wie z.B. das Auftragen von Chemikalien, ausgeführt und dabei der Benutzer geschützt werden soll.
Ziel der Forscher ist es, die einzelnen Robotermodule aufgaben-bezogen zu gestalten, sodass sie je nach Aufgabenstellung in unterschiedlichen Konfigurationen zusammengefügt und integriert werden können. «Zum Beispiel kann ein Verlängerungs-Modul den Arbeitern dabei helfen, Arbeiten in der Höhe auszuführen ohne Leitern oder Gerüste nützen zu müssen» – erklärt Tsagarakis und fährt fort – «Roboterkonfigurationen mit Modulen, welche mit Werkzeugen oder robusten Aktuatoren ausgestattet sind, können beim Transport von schweren Lasten und bei der Montage von Bauteilen unterstützen».
Forschungspartner aus Südtirol
Die Kollaboration zwischen Mensch und Roboter ist eines der zentralen Forschungsthemen von Fraunhofer Italia, einer unab-hängigen Auslandsgesellschaft der Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz am NOI Techpark in Bozen. Dies wird sichtbar, wenn man das Anwendungszentrum ARENA betritt – «ein Ort an dem lokale Un-ternehmen aus erster Hand erleben können, welche Möglichkeiten die Automatisierung und die Robotik sowohl in der Produktion als auch im Bausektor bieten, und an dem die Kompetenzen unserer Forschungsteams gebündelt werden, um die realen Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen bedienen zu können», erklärt Prof. Dominik Matt, Direktor von Fraunhofer Italia.
Die Demonstratoren der ARENA sind das Ergebnis des multidisziplinären Ansatzes des Bozner Centers für angewandte For-schung. Diese Multidisziplinarität soll auch der europäischen Partnerschaft bei CONCERT dienen. «Wir werden unsere spezifische Expertise in den Bereichen Robotik, Mechatronik und Prozess-Engineering im Bauwesen einbringen», sagt Andrea Giusti, wissenschaftlicher Leiter der ARENA und Projektleiter für CON-CERT seitens Fraunhofer Italia. Die Effektivität dieser einzigartigen Kombination von Kompetenzen hat sich bereits in anderen laufenden Initiativen von Fraunhofer Italia im Bereich der Baurobotik bestätigt. «Ein Beispiel dafür ist das durch die Fraunhofer-Gesellschaft geförderte Projekt BALTO zur Bewältigung der Coronakrise. Dabei wird ein robotergestütztes Desinfektionssystem für Gebäude realisiert, das mit modernen Building Information Modeling (BIM) – basierten Ansätzen für das Gebäudemana-gement integriert werden kann», sagt Giusti.
Von der Forschung in die Praxis
Der Bausektor wird der vorrangige Anwendungsfall des CON-CERT-Projekts sein, ein Sektor mit erheblichen sozioökonomischen Einflüssen, der gleichzeitig ein attraktives Forschungsfeld für die Demonstration und Validierung der Schlüsselkomponen-ten der neuen Roboter bietet.
Dank der Beteiligung von Budimex, einem der größten Bauunter-nehmen Polens, und CIOP-PIB, dem polnischen Zentralinstitut für Arbeitsschutz, können die Technologien von CONCERT in realisti-schen Bauszenarien getestet werden. Um festzustellen, wie die Technologien am besten eingesetzt werden können, werden die Forscher auch Bauarbeiter in die Evaluierung miteinbezogen. Da-bei werden insbesondere die speziellen Anforderungen und die Besonderheiten der Baustellen berücksichtigt, und die den Arbeitskräften zu vermittelnden Kompetenzen aufgezeigt und bewertet.
Neben der Anwendung im Bausektor könnten die in CONCERT entwickelten Roboter auch für den Einsatz in anderen Branchen adaptiert werden, z. B. in der Fertigung, in der Lagerung und Logistik, in der Landwirtschaft, für Inspektions- und Wartungsarbei-ten sowie bei Notfalleinsätzen in unstrukturierten Umgebungen.
Projektdetails:
Projektname: CONCERT (CONfigurable CollaborativE Robot Technologies)
Förderprogramm: H2020-EU.2.1.1.1
Gesamtbudget: 2.998.432,50 Euro
Projektpartner: IIT-Istituto Italiano di Tecnologia (Italien), Technische Universität München (Deutschland), Fraunhofer Italia (Italien), Profactor GmbH (Österreich), Centralny Instytut Ochrony Pracy – Panstowowy Instytut Badawczy (Polen), Budimex Spolka Akcyjna (Polen).
Dauer: 1.01.2021 – 31.12.2023