Vom Militärdienst zur Selbsthilfe

Luigi Sciurti: Ein Leben mit Diabetes

Samstag, 29. Juni 2024 | 07:55 Uhr

Von: luk

Bozen – Der aus Apulien stammende Luigi Sciurti, demnächst 63 Jahre alt und ehemaliger Militärangehöriger, erfuhr vor etwa 15 Jahren von seiner Diabeteserkrankung, die ihn zu tiefgreifenden Veränderungen seines Lebensstils zwang. Er bewahrte jedoch seine Lebensfreude und engagiert sich nun in der Selbsthilfegruppe des Südtiroler Sanitätsbetriebes „Evviva“ für Menschen mit chronischen Krankheiten.

Luigi hat ein sonniges Gemüt und ist ein geselliger Mensch. Er liebt die tiefgrünen Wälder Südtirols ebenso wie die goldenen Strände seiner Heimat, den Duft des Meeres in der warmen Sommerbrise, die über die Felder weht und durch die Olivenbäume mit ihren knorrigen Ästen fährt. „Ich finde in den Bergen Südtirols und in meinen Olivenhainen Ruhe und Gelassenheit“, erzählt Sciurti, der mit Benvenuta, einer Grundschullehrerin verheiratet und stolzer Vater von zwei Töchtern ist. Er bezeichnet sich selbst als leidenschaftlichen Leser und Wanderer: „Ich wollte schon immer Neues lernen, deshalb lese ich alles, was mir unterkommt und lieber als Filme oder Serien schaue ich mir Dokumentarfilme an.“

Der „Wanderer“

Wanderungen in der Natur, die er zusammen mit einer organisierten Gruppe unternimmt, sind zu einer liebgewonnenen Gewohnheit geworden. „Mittlerweile ist unsere Gruppe auf etwa 100 Wanderer angewachsen. Normalerweise sind wir 35 bis 40 Personen, die sich regelmäßig am Donnerstagmorgen treffen, um die Südtiroler Bergwelt zu erkunden, meist mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich verbringe gerne Zeit mit anderen, ich hatte nie Probleme mit jemandem, ganz im Gegenteil, es gefällt mir immer, Teil einer Gruppe zu sein“, sagt er.

Als er beim Militär war, nahm Luigi an einigen Auslandseinsätzen teil, aus denen er viel gelernt hat. „Ich habe aus diesen Erfahrungen viel mitgenommen. Ich habe gelernt, sehr resilient zu sein, denn bei Auslandseinsätzen habe ich oft unter schwierigen Bedingungen gearbeitet. Es gibt nie eine tote Zeit und im Lager ist es praktisch unmöglich, sich Freiraum zu verschaffen. Ob man will oder nicht, man muss lernen, mit allen zurechtzukommen.“

Bei der Krankheit war seine Mutter Vorbild

Trotz seines „unerwünschten Begleiters“ führt Luigi ein angenehmes Leben: “Ich erfuhr vor etwa 15 Jahren im Zuge einer routinemäßigen Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit, dass ich Diabetes habe. Damals arbeitete ich noch beim Heer. Da ich immer schon ein Feinschmecker war, musste ich lernen, meine Ernährung zu überwachen, vor allem den Genuss von Süßigkeiten, wofür ich immer schon eine Schwäche hatte“, verrät er. „Obwohl es keine angenehme Nachricht war, Diabetes zu haben, war es kein Schock, da ich die Krankheit schon kannte, weil auch meine Mutter daran litt. Ihr ging es damit eigentlich gut, sie lebte gelassen mit ihrer Erkrankung. Sie behielt ihre Ernährung stets im Auge und achtete darauf, sich nicht zu überanstrengen. In gewisser Weise war ihr Vorbild für mich ein Trost.“

Vertrauen in die Ärzte

Die Erkrankung hatte eine radikale Umstellung seines Lebensstils, aber auch zahlreiche Untersuchungen und Behandlungen zur Folge: „Der damalige Primar des Zentrallabors für Klinische Pathologie des Südtiroler Sanitätsbetriebes Francesco Rizza war ein ausgezeichneter Arzt. Ich wandte mich sofort an ihn, als ich erfuhr, dass meine Blutwerte außerhalb der Norm waren. Nachdem er mir alles über Diabetes erklärt hatte, sagte er zu mir, dass ich nicht beunruhigt sein sollte, denn mit einer Änderung meines Essverhaltens und regelmäßigem Sport könnte ich das Fortschreiten der Krankheit gut unter Kontrolle halten.“

Auch die Bozner Ärztin für Allgemeinmedizin Alessandra Gallana spielte eine wichtige Rolle bei Luigis Behandlung: „Sie zeigte mir eine Grafik zum Zuckerkonsum der Menschen. Ich brauche nicht zu sagen, dass die Kurve im Laufe der Jahrhunderte sehr stark angestiegen ist. Sie gab mir wertvolle Ratschläge und betonte noch einmal, wie wichtig es sei, auf den Konsum von Zucker zu achten, der beispielsweise auch in großen Mengen in Nudeln enthalten ist.“

Luigi ist sehr dankbar und zufrieden mit der Betreuung, die er im Laufe der Jahre vom Gesundheitspersonal des Südtiroler Sanitätsbetriebes erhalten hat und das ihn auch heute noch behandelt. „Ich mache einmal im Jahr eine Kontrolluntersuchung für Diabetes, ich kann mich jedoch darauf verlassen, dass die Ärzte immer für mich da sind, wenn ich sie brauche. Derzeit werde ich vom Facharzt des Diabetologischen Dienstes im Landeskrankenhaus Bozen Bruno Fattor betreut. Es war es auch, der mir geholfen hat, als ich einmal Probleme mit einem Medikament hatte. Ich nahm damals zwei verschiedene Medikamente, wobei eines bei mir ziemlich unangenehme Nebenwirkungen verursachte. Er meinte, dass es wichtig sei, ein Medikament zu finden, das keinen Schaden anrichtet, auch wenn es zunächst unverzichtbar erscheint.“

Die Selbsthilfegruppe „Evviva“

Die Neugierde, der Wunsch zu lernen, aber auch seine Erfahrungen zu teilen und anderen helfen zu können, haben Luigi Anfang 2024 dazu gebracht, Kursleiter von „Evviva“, einer Selbsthilfegruppe für Personen mit einer chronischen Erkrankung, zu werden. In diesem Kurs werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Techniken vertraut gemacht, mit deren Hilfe sie ihren Lebensalltag besser bewältigen können. In insgesamt sechs wöchentlichen Treffen zu jeweils zweieinhalb Stunden werden die neuesten Techniken für einen bewussten Umgang mit der Krankheit erlernt und im Sinne des Konzepts des „Selbstmanagements“ wird praktisches Wissen vermittelt, um den eigenen Lebensstil zu verbessern.

„2023 stieß ich bei einer Veranstaltung zum Freiwilligendienst in der Messe Bozen auf „Evviva“. Ich ging damals mit meiner Frau dort hin, weil ich einen Werbespot gesehen hatte, der mein Interesse geweckt hatte. An den Infoständen des Südtiroler Sanitätsbetriebes lernte ich außergewöhnliche Menschen kennen, unter anderen die Krankenpflegerin Antonella Lazzarini. Ich war begeistert, dass sie sofort verstand, was ich suchte und mich gleich miteinbezog. Mit wachsendem Interesse stellte ich mich zur Verfügung“, erzählt Luigi. „Die Ausbildung zum Kursleiter dauerte sechs Tage. Der jeweils achtstündige Unterricht umfasste zahlreiche Gruppenaktivitäten und wurde von den sehr kompetenten Krankenpflegerinnen Maria Luisa Mahlknecht und Bärbel Vonmetz gehalten. Wir Evviva-Kursleiter vermitteln anderen chronisch kranken Menschen unsere Erfahrungen, um ihre Lebensqualität zu verbessern, indem wir sie konkret unterstützen, ihre persönlichen Ziele schrittweise zu erreichen. Natürlich können wir keinen Arzt ersetzen, aber es ist unser Ziel, die mit der Krankheit einhergehenden Beschwerden zu reduzieren. Dabei hilft uns auch das Handbuch, das wir im Unterricht verwenden, es ist gewissermaßen unser Kompass, auf den wir uns verlassen können.“

Als Leiter der Kurse zu Diabetes schätzt Luigi am meisten, dass die Menschen durch Evviva in Kontakt bleiben: „Ich habe eine neue Welt entdeckt und ich bin von dem, was ich tue, sehr überzeugt. Indem ich meine Erfahrungen mit anderen teile, kann ich ihnen vermitteln, dass sie nicht allein sind. Teil einer Gruppe zu sein hilft dabei, sich zu befreien, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, Gedanken und Erfahrungen zu teilen. Bei Evviva kann man erfahren, dass eine chronische Krankheit nicht nur aus medizinischer, sondern auch aus menschlicher Sicht behandelt werden kann.“

Informationen zu „Evviva“

Die kostenlosen Evviva-Kurse starten im September und November 2024 in verschiedenen Sprengeln des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Am Kurs können mindestens sechs und maximal 15 Personen teilnehmen. Genauere Informationen stehen im Südtiroler Bürgernetz unter www.sabes.it/evviva zur Verfügung.

Bezirk: Bozen

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