Unternehmen will Geld samt Zinsen zurück

Maskenaffäre: Oberrauch will transparent und schonungslos aufklären

Freitag, 18. April 2025 | 16:35 Uhr

Von: luk

Bozen – Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie und der damaligen Notlage rund um Schutzausrüstung in Südtirol schlägt die Oberalp-Gruppe ein neues Kapitel auf: Die Ereignisse rund um ihre Rolle bei der Hilfsaktion sollen nun öffentlich aufgearbeitet werden – “transparent, faktenbasiert und in eigener Initiative”. Den Weg dafür freigemacht hat die offizielle Entschuldigung zweier Journalisten, die zuvor zentrale Vorwürfe erhoben hatten, diese nun aber als falsch zurückgezogen haben.

Oberalp-Präsident Heiner Oberrauch nimmt die Entschuldigung an – und verzichtet auf weitere rechtliche Schritte. Im Gegenzug will er nun für Klarheit sorgen: über die tatsächliche Rolle seines Unternehmens, über Abläufe und Entscheidungen in der Krise, über die oft falsch dargestellte Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. Nachfolgend die Pressemitteilung von Oberalp in voller Länge mit Ankündigung einer Pressekonferenz.

 

Nach Journalisten-Entschuldigung beginnt die Aufklärung

Der Chefredakteur der “Südtiroler Tageszeitung” Artur Oberhofer und Christoph Franceschini, ehemaliger Redakteur des Online-Portals “salto.bz” haben sich beim Präsidenten der Oberalp-Gruppe entschuldigt. Heiner Oberrauch hat die Entschuldigung angenommen. Er verzichtet aufgrund dieser Entschuldigung sowohl auf Schadenersatz für sich und für sein Unternehmen Oberalp, als auch darauf, den Strafantrag wegen Verleumdung weiterzuverfolgen, der der Staatsanwaltschaft Bozen bereits vorlag. Damit ist dieser Pressefall eine Fußnote der Geschichte.

Das ebnet den Weg, das nächste Kapitel aufzuschlagen. Denn Heiner Oberrauch verzichtet als Präsident der Oberalp nicht darauf, die Südtiroler Öffentlichkeit aus erster Hand über die Ereignisse und den Ablauf der Hilfsaktion zur Schutzausrüstung zu Beginn der Covid-Pandemie zu informieren, so wie alles stattgefunden hat – transparent, schonungslos. Im Sinne einer Aufarbeitung, nach fünf Jahren.

Nicht nur die zurückgenommen unrichtigen Vorhaltungen, sondern generell haben viele Darstellungen der Hilfsaktion zu jeder Menge an Fehlinformationen geführt. Der breiten Öffentlichkeit sind viele rekonstruierte oder auch vermutete Details bis heute als “Fakten” in Erinnerung. Und dort würden sie tatsächlich auch bleiben.

Oberalp hält dagegen: “Der Ablauf der Hilfsaktion im Notstand damals ist teils diametral gegensätzlich zu dem verlaufen, wie die vielen Fehlinformationen und -interpretationen vermuten lassen. Allen daran Beteiligten, die Sabes, die Landesverwaltung und die Landesregierung, steht diese Aufklärungsarbeit bevor – und das keineswegs nur vor dem Richterstuhl. Es geht darum, falsche und missverständliche Informationen aus dem Weg zu räumen, im Sinne einer transparenten Information für alle.”

Die Oberalp macht es sich zur Aufgabe, zu den Ereignissen während der Hilfsaktion Klarheit zu schaffen, so wie diese sich zugetragen haben – Darstellungen, die belegt und den beteiligten Akteuren bekannt sind. Auftakt hier an dieser Stelle. Und zwar beginnt die Aufarbeitung mit dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse und wie sich die Ausführenden zueinander während der Hilfsaktion aufgestellt haben. Selbst dazu gilt es leider, irrtümlich kolportierte unrichtige bzw. missverständliche Versionen zu korrigieren, wie diese:

• Niemand in der Oberalp als Bergsportausrüster hat eine Bewertung der Qualität der Schutzmaterialien vornehmen können und auch nicht vorgenommen.

• Oberalp war zu keiner Zeit Lieferant oder Importeur von Schutzmaterial aus China, weder für die SABES noch für den italienischen Zivilschutz.

• Die Hilfsaktion wurde nicht von der Oberalp Gruppe initiiert.

Vielmehr gilt: Während der Hilfsaktion haben Geschäftsführer Christoph Engl und das Unternehmen Oberalp folgenden Part eingenommen:

• als Vermittler von Kontakten zu Ressourcen, etwa Lieferanten, Transporteure, u.ä.

• als Geldleiher für die Sabes (Landeshaushalt) und als Bank für die Steuerzahler.

Beide diese Rollen ermöglichen und ermächtigen die Oberalp zu dieser Aufarbeitung.

Wie die Ereignisse stattgefunden haben

Südtiroler Unternehmen im Textilsektor wurden über den Unternehmerverband von den damals Verantwortlichen, u.a. des Südtiroler Gesundheitsbetriebes (Sabes) zu Beginn der Covid-Pandemie um Unterstützung gebeten. Auch die Oberalp, vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen weltweit in 60 Ländern tätig ist.

1) Am 10. März 2020 erreichte die Oberalp die Frage der Sabes in der Hoffnung, über ihr internationales Netzwerk einen Zugang zu Herstellern von Schutzmaterial zu finden, das damals in ganz Europa fehlte, die Vorräte in Südtirol hätten noch eine Woche gereicht. (Covid-Einsatzleiter Marc Kaufmann kürzlich in der FF 15/2025 „Die Lage war nicht nur schlecht, sie war katastrophal“). Ein Hilferuf. Nachdem der Oberalp-Staff ein solcher Zugang nach zwei Tagen gelungen war, leitete der Oberalp-Geschäftsführer der Sabes umgehend die E-Mail seines chinesischen Lizenznehmers weiter, mit den Informationen zur Beschreibung des verfügbaren Materials und der Mengen, die Liste der Einkaufspreise, für alle Fälle auch die Bankverbindung des chinesischen Lieferanten. Für die Oberalp schien damit die Mithilfe zunächst abgeschlossen. Um jeden Zweifel auszuräumen: Sie hat der Sabes für diese Vermittlung keine Kosten verrechnet.

2) Am 13. März 2020 gegen Mitternacht meldete sich die Sabes telefonisch und via E-Mail: Der Generaldirektor Florian Zerzer informierte, dass die Sabes sich für dieses Schutzmaterial entschieden hatte und es bestellen wird. Aber: Die öffentliche Hand sei nicht in der Lage, derart kurzfristig eine Bestellung in Dollar (9,6 Mio $) zu bezahlen. Deshalb die Bitte an die Oberalp, der Sabes in Form einer Vorfinanzierung dieses Geld zu leihen, unter Garantie der Rückzahlung seitens der öffentlichen Hand. Dies war der zweite Hilferuf.

Über die Qualität des Materials hat die Sabes keinerlei Rückmeldung gegeben.

• Am 15. März 2020 rief Heiner Oberrauch den, für im Ausnahmezustand der Pandemie verantwortlichen Landeshauptmann Arno Kompatscher an, um zu fragen, welche Garantie das Land der Oberalp für die Geldleihe angesichts der derart hohen Summe gibt. Kompatscher wörtlich: “Ja, wenn du einen Auftrag hast, dann bekommst du das Geld sicher.“ Er fügte hinzu: “Du machst uns einen großen Gefallen“ und um seine Handschlagqualität zu unterstreichen, sagte er: „wenn alles vorbei ist, dann gehen wir feiern.“

Dieser Auftrag bestand bis dato in nichts als in einer E-Mail und in Telefonaten mehrfach mündlich von den damals Verantwortlichen der Sabes, auch vom damaligen Gesundheitslandesrat Thomas Widmann erbeten. Zu dem Zeitpunkt gab es keinen Vertrag, keine Sicherheiten, nichts. Es war Notfall, es eilte. Heiner Oberrauch sprach mit seiner Familie und mit seinen engsten Mitarbeiter:innen im Unternehmen. Beide internen Seiten entschieden sich aufgrund zugespitzter Notlage zu helfen. Es mussten dem Einkaufspreis zwei Bezahlungskriterien hinzugefügt werden: das Wechselkursrisiko von Dollar zu Euro, drei Prozent, und da auch die Oberalp dieses Geld erst durch Bankkredite zur Verfügung stehen konnte, für deren Abwicklung zwei Prozent der Spesen.

Von Gewinnabsichten für die Oberalp oder von einem neuen Geschäftsfeld war nie die Rede.

Am 17. März 2020 tätigte die Oberalp die Überweisung der Geldleihe von 9,6 Mio. Dollar. Die Sabes zeigte sich erleichtert. Sie legte aber etliche Tage danach der Oberalp einen Vertrag vor: Das war kein Vertrag zur Rückzahlung der erfolgten Geldleihe, sondern ein rückwirkender Kaufvertrag. Die Sabes-Leitung war überzeugt, dass dies der einzige, für die öffentliche Hand mögliche Weg sei, das geliehene Geld zu erstatten. Damit aber gab die Sabes der Hilfsaktion den Anstrich eines Lieferantenverhältnisses mit der Oberalp.

Ein Lieferverhältnis hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

3) Am 19. März 2020 wurde die Oberalp zum dritten Mal um Hilfe gebeten: Ob man nicht beim Transport des Materials aus China helfen könne. Da der italienische Zivilschutz nicht imstande war, das Schutzmaterial in der gebotenen Eile zu importieren, gelang es der Landesregierung mit der Österreichischen Bundesregierung eine „Luftbrücke“ mit Zivilflugzeugen der AUA nach Wien einzurichten. Da aber auch der Transport mit Papieren und Genehmigungen zu organisieren und sofort zu zahlen war, wurde die Oberalp wieder gebeten, Geld in Form der Vorfinanzierung zu leihen: 375.000 € pro Flug an die AUA. Oberalp lieh der Sabes infolge auch das Geld für die Transportkosten, ohne Aufschlag für Abwicklung und Finanzierung.

Für den Transport aus Wien rief Oberalp den Unternehmer der Fercam, Thomas Baumgartner, an, der ebenso bereitwillig dem Südtiroler Gesundheitsbetrieb kostenlos zu Hilfe geeilt ist.

4) Das mit der AUA-Maschine nach Wien geflogene Schutzmaterial brachte die Fercam mit ihren Lkw am 23. März 2020 nach Südtirol. Am Tag darauf kam der nächste Hilferuf der Sabes: Die bestellte Menge an Schutzmaterialien reiche nicht, es brauche eine Nachbestellung, von der Oberalp wieder eine Geldleihe. Dieses Mal ging es um einen Bestellwert von 28,2 Mio. Dollar.

Diese Nachbestellung sollte nach den gleichen Rahmenbedingungen ablaufen wie die erste: Bestellung und Sofortbezahlung über eine Geldleihe, wie auch der Transport mit mehreren AUA-Maschinen nach Wien. Ein nachträglicher Kaufvertrag wurde aufgesetzt, ein Transportplan mit der SABES und dem Gesundheits-Assessorat ausgearbeitet und abgesegnet.

Soweit zu den Schlüsselmomenten während des Ablaufs der Hilfsaktion, aus denen klar die Rollenverteilung hervorgeht, die die Oberalp von der Sabes zugewiesen bekommen hat.

Heiner Oberrauch und Christoph Engl haben mit ihrem Unternehmen Oberalp diese zusätzlichen Herausforderungen gerne zum Schutz der Bevölkerung in Südtirol gestemmt – obwohl pandemiebedingt auch die Führung der Oberalp intern wie für alle anderen Südtiroler Unternehmen eine Herausforderung war. 1000 Mitarbeiter*innen in zwölf Niederlassungen weltweit und 3500 Kunden mussten durch unterschiedliche Pandemie-Regelungen der Staaten geführt werden.

Jedenfalls: Es ist nicht nachvollziehbar, dass Führungspersonen im öffentlichen Dienst private Unternehmen um dringende Hilfe bitten, in Notfällen “Aufträge” erteilen, – ohne belastbare Vereinbarungen zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft vorzulegen.

Für diese, in der Dringlichkeit der Notlage getroffenen Entscheidungen der Sabes wird und kann die Oberalp keinesfalls die Verantwortung übernehmen.

Äußerst verwunderlich ist zudem, dass aus der kooperativen Zusammenarbeit mit der Sabes während der Hilfsaktion, die Oberalp und ihr Geschäftsführer Christoph Engl, in der öffentlichen Meinung als Angeklagter betrachtet und sich tatsächlich vor Gericht gestellt sehen.

Die Oberalp wird jede Anstrengung unternehmen,

• die geliehenen Geldbeträge vom Land Südtirol zurückzuerhalten, inklusive der Zinsen für diese nun langjährige Säumigkeit des Landes Südtirol,

• die Aufklärung zur Hilfsaktion mit allen Mitteln voranzutreiben,

• sowie alle Anklagen zu entkräften, auch jene gegen den Oberalp-Geschäftsführer, gegen die sich Christoph Engl als hilfreicher Akteur während der Hilfsaktion hinterher wegen dem Vorwurf des vorsätzlichen Betrugs der öffentlichen Hand wehren muss.

Das ist Kapitel eins, der Anfang der Aufklärungsarbeit zur Hilfsaktion.

 

Bei einer Pressekonferenz am 28. April will das Unternehmen allen offenen Fragen zur Covid-Hilfsaktion Antwort geben.

Bezirk: Bozen

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