Projekt ProChild 

Missbrauch von Kindern und Jugendlichen: Anzeigen stark angestiegen

Samstag, 25. November 2023 | 08:25 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Südtiroler Sanitätsbetrieb intensiviert den Schutz für Kinder unter 15 Jahren, die Opfer von Missbrauch geworden sind. Der erste Schritt dazu wurde im Rahmen eines Symposiums am Weltkinderrechtstag am 20. November 2023 gesetzt.

Die Daten sprechen für sich: 2021 wurde in Italien eines von 100 Kindern Opfer von Gewalt. In Südtirol wurden im Jahr 2022 statistisch gesehen von 1.000 Kinder und Jugendliche 12,5 misshandelt. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Anzeigen aufgrund verschiedener Formen von Missbrauch um 14,7 Prozent angestiegen. Das Projekt ProChild ist daher die natürliche Reaktion auf eine sich deutlich verschlechternde Situation.

Generaldirektor Florian Zerzer anlässlich des Symposiums: „Es ist leider ein nicht besonders positives Zeichen für unsere Gesellschaft, dass wir ein Netzwerk schaffen müssen, das Kinder vor Missbrauch, Gewalt und Vernachlässigung schützen kann. Dabei bleibt uns nichts anderes übrig, als gezielt und wirksam einzugreifen. Auch mit präventiven Aktionen auf Ebene der Familien, die als gefährdet gelten. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, dass nur wenige Tage nach dem Tag der Kinderrechte, am 25. November, auch der Welttag gegen Gewalt an Frauen begangen wird.”

In diesem Zusammenhang hatten der Südtiroler Sanitätsbetrieb und das Ressort Familie und Soziales vor einigen Jahren – dank einer Vereinbarung mit der Polizei und allen Vereinen, die sich für den Schutz von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, einsetzen – das Projekt Erika ins Leben gerufen, das Frauen in Gewaltsituationen hilft. „Mit dem Projekt Erika und nun auch ProChild zeigt der Gesundheitsbetrieb, dass ihm das Wohl der Schwächsten in der Gesellschaft, nämlich der Frauen und Kinder, sehr am Herzen liegt“, so Zerzer.

Vor einem vollbesetzten Auditorium im Universitären Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe Claudiana, stellte Micol Cont, Primaria der Abteilung Pädiatrie am Krankenhaus Sterzing und Mitglied der Arbeitsgruppe ProChild, das brandneue Projekt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (< 15 Jahre), die Opfer von Missbrauch geworden sind, vor. Zahlreiche Fachleute werden an diesem Projekt beteiligt sein. Neben den Spezialisten des Sanitätsbetriebes werden auch Fachleute der Sozial- und Gesundheitsdienste, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, der Staatsanwaltschaft des Jugendgerichts sowie verschiedener anderer Einrichtungen beteiligt sein.

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Schwerpunkt des Symposiums war vor allem die tiefere Bedeutung des Wortes „Misshandlung“, das eigentlich sehr weit gefasst ist, da es sich auf viele Facetten von Gewalt bezieht. Das reicht von verbaler bis zu körperlicher oder sexueller Gewalt, aber auch Vernachlässigung und Nachlässigkeit fällt darunter. Stefanie Plössel, Kinderärztin im Krankenhaus Schlanders, stellte in ihrem Vortrag Methoden vor, mit denen eine Verletzung oder Prellung erkennen kann, die durch Misshandlung und nicht durch einen normalen Sturz verursacht wurden.

Um Personen, die im Rahmen ihrer Arbeit auf einen mutmaßlichen Fall von Missbrauch und/oder Misshandlung eines Minderjährigen (Kind oder Jugendlicher) stoßen können, die Arbeit zu erleichtern, hat die Arbeitsgruppe bereits einen Diagnose-Hilfe-Pfad ausgearbeitet. Mit dem Ziel, die zum Schutz des Kindes zu ergreifenden Schritte klar zu definieren – immer auch unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

Bezirk: Bozen