Von: mk
Bozen/Ahrntal – Dreieinhalb Stunden lang sind jene Kinder aus dem Ahrntal vom Untersuchungsrichter in Bozen angehört worden, die Opfer von Misshandlungen aufgrund von religiösem Fanatismus geworden sein sollen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bekanntlich gegen fünf Frauen aus dem Ahrntal – darunter auch gegen die Mutter der Kinder.
Wie die italienische Tageszeitung Alto Adige berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft das Beweissicherungsverfahren beantragt. Die fünf Frauen konnten die Anhörung mittels Videoübertragung mit verfolgen. Sie befinden sich im Gefängnis in Trient in Untersuchungshaft.
Die Kinder wussten nicht, dass die Frauen zugeschaltet sind, damit sie sie ohne Angst aussagen konnten. Bis November im vergangenen Jahr hielten sie sich in dem belastenden familiären Umfeld auf.
Die Ermittler haben stundenlanges Abhörmaterial sichergestellt. In der Wohnung der Kinder waren Mikrokameras installiert worden. Bei der Anhörung bestätigten die Kinder im Prinzip das, was aus dem Material hervorging.
Die Strenge der Frauen sei darauf zurückzuführen gewesen, dass sie die Ankunft des Teufels verhindern wollten, die für den 8. Dezember angekündigt worden sei. Bei den Gebeten sei es um Buße und Reinigung zum Schutz vor dämonischen Versuchungen gegangen. Aus diesem Grund sei zu Hause eine Art Inquisitionsgericht ins Leben gerufen worden.
Die Freizeit wurde stark reduziert, stattdessen mussten die Kinder stundenlang beten um mit reinem Gemüt dem befürchteten Datum entgegen zu treten. Der Erzengel Michael sei um Hilfe angefleht worden, um ganz Südtirol zu beschützen.
Bei der Anhörung der Kinder vor Gericht war auch ein Psychologe anwesend. Dieser versuchte Kinder dabei zu unterstützen, als sie sich an die traumatischen Erlebnisse erinnern und darüber berichten mussten.
Das Haftprüfungsgericht hatte bekanntlich den Antrag auf die Überstellung der fünf Frauen in den Hausarrest abgelehnt. Neben Misshandlung könnte den Frauen auch Folter vorgeworfen werden.
Die Anwälte Nicola Nettis und Mark Antonio De Giuseppe, die die Verteidigung der fünf Frauen übernommen haben, reichten unterdessen Rekurs bei der Kassation in Rom gegen die Verwahrung im Gefängnis ein. Ihnen zufolge seien weder die Gefahr der Tatwiederholung gegeben, da die Kindern in einer geschützten Einrichtung untergebracht sind, noch Gefahr der Verdunkelung von Beweisen, zumal die Kinder im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens nun bereits angehört worden seien.