Von: mk
Bozen – Wer in den 90-er Jahren an AIDS erkrankte, war zum Tod verurteilt. Heute stehen zur Behandlung einer HIV-Infektion mehr als 20 sogenannte antiretrovirale Medikamente zur Verfügung – und es gibt es sogar ein neues Mittel, das präventiv vor HIV schützt, wenn man es regelmäßig oder vor ungeschütztem Geschlechtsverkehr einnimmt, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Vorsicht ist allerdings trotzdem geboten.
Man steckt sich nicht an und man wird auch nicht sterbenskrank. Allerdings hat die orale HIV-Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP genannt, auch ihre Schattenseiten. Die Pille verführt dazu, auf das Kondom zu verzichten, bietet aber gleichzeitig keinen Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, wie etwa Syphilis, Hepatitis C, Gonorrhö, Kondylome oder Herpes genitalis. Diese Krankheiten sind jedoch stark im Zunehmen – auch in Südtirol.
In Südtirol werden derzeit rund 800 Menschen, die mit HIV infiziert sind betreut. Dies erklärt Elke Maria Erne, Primarin der Abteilungen für Infektionskrankheiten in Bozen. Bei einer antiretroviralen Therapier werden standardmäßig drei Wirkstoffe kombiniert, die alle in einer einzelnen Tablette oder in mehreren verteilt sein können. Das Virus wird zwar nicht vollständig aus dem Körper entfernt, die Medikamente verhindern aber weitgehend die Vermehrung. Personen erkranken deshalb auch nicht mehr an AIDS, wenn das HI-Virus rechtzeitig erkannt wird. Das Immunsystem wird entlastet und sowohl Lebenserwartung als auch Lebensqualität steigen deutlich. Außerdem sind Menschen mit HIV, die sich der Therapie unterziehen, unter gewissen Bedingungen sexuell nicht mehr infektiös.
Während 500 infizierte Menschen aus Südtirol in Bozen behandelt werden, ziehen es 350 vor, aus Gründen der Anonymität in Trient, Mailand oder Innsbruck sich einer Behandlung zu unterziehen. Im laufenden Jahr hat es in Südtirol 15 bis 20 HIV-Neuansteckungen gegeben, während drei bis vier Personen an der Immunschwäche AIDS erkrankt sind.
Eine Erkrankung an AIDS geschieht vor allem dann, wenn sich die Betroffenen nach der HIV-Infektion bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden.
PrEP stellt sicher eine Revolution dar, doch das Medikament verleitet einige Menschen auch dazu, unvorsichtig zu werden. Dies betont auch der Raffaele Pristerà, der sich in Südtirol seit 30 Jahren im Kampf gegen AIDS in der der Abteilungen für Infektionskrankheiten im Bozner Spital engagiert und der nun seinen Einsatz im Verein ProPositiv fortführt.
Pristerà warnt davor, auf das Präservativ zu verzichten, nur weil man PrEP vor potentiell riskantem Geschlechtsverkehr zu sich genommen hat – und er erinnert an die Wichtigkeit eines HIV-Tests, um eine mögliche Ansteckung rechtzeitig zu erkennen. Die Wirksamkeit der Therapie wird dadurch erhöht und man vermeidet es, weitere Personen ebenfalls anzustecken.