Von: mk
Bozen – Der 38-jährige Iraker Firas Fadel, der am Brenner für den Freiwilligen-Verein Volontarius tätig war und gemeinsam mit zwei libanesischen Staatsbürgern Flüchtlinge um 500 Euro pro Kopf über die Grenze geschleppt haben soll, hat zunächst überhaupt keinen Verdacht erregt.
Im Gegenteil: Er überzeugte durch eine gefestigte Existenz, nachdem er selbst als Flüchtling in Italien gestrandet sein soll. Davon hat er zumindest in mehreren Interviews, die im Netz kursieren, in der Vergangenheit berichtet.
Die beiden Männer aus dem Libanon waren seine Vertrauensleute, die ihn genau darüber informiert haben sollen, wie viele Flüchtlinge über den Brenner in den Norden wollten. Ermittelt wird deshalb gegen eine kriminelle Bande im strafrechtlichen Sinn.
Italien hat Fadel im Jahr 2001 über das Mittelmeer erreicht. In einem Interview erklärte der mittlerweile 38-Jährige, dass er in Italien zunächst in Sizilien und anschließend in Südtirol gelandet sei. Feststeht, dass seine Frau aus Sterzing stammt und beide gemeinsam einen Sohn haben.
Mittlerweile lebt das Paar in Brixen. Am Samstag wurde die gemeinsame Wohnung durchsucht. Fadel, der bislang keine Vorstrafen hat, stellte auch einen Antrag, um die italienische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Ihm wurden ausgezeichnete Chancen eingeräumt. Aufgrund der aktuellen Ermittlungen gegen ihn dürfte sich das allerdings geändert haben.
Gegenüber Journalisten soll der 38-Jährige erklärt haben, dass er besser als andere wisse, was Flüchtlinge durchmachen. In Südtirol habe er eine neue Heimat gefunden und er schätze sich glücklich, unzähligen anderen Migranten helfen zu können.
Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion Andreas Pöder fordert unterdessen, dass die Kontrolle und Verantwortung für die Flüchtlingsbetreuung kirchlichen Organisationen und Genossenschaften entzogen werden sollte. „Die problematischen Begleitumstände machen es erforderlich, dass öffentliche Stellen die Kontrolle zurückgewinnen”, zeigt sich Pöder überzeugt. Die öffentliche Hand könne die Betreuung und Kontrolle dieser Personen nicht einfach an kirchliche Organisationen und Genossenschaften delegieren und dafür viel Geld bereitstellen, meint Pöder.
„Auch wir sind Opfer“
Der Verein Volontarius und die Sozialgenossenschaft River Equipe Onlus, bei der Fadel angestellt war, haben nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen Stellung genommen. Beide Organisationen zeigten sich über die mutmaßlichen Vorfälle erschüttert und betonten, dass sie nicht an den Vorgängen beteiligt gewesen seien. Sollten sich die Anschuldigungen gegen Fadel bestätigen, seien auch die beiden Organisationen Opfer und Geschädigte. Deshalb habe man sich bereits an die Kanzlei von Rechtsanwalt Flavio Moccia gewandt.
Der Verein Volontarius leitet das Projekt der Flüchtlingsbetreuung am Brenner. Das bezahlte Personal ist bei der Genossenschaft angestellt. Am Brenner erhalten Flüchtlinge eine Mahlzeit und zumindest für ein paar Stunden ein Dach über dem Kopf.