Von: mk
Bozen – “Auch bei diesem Ereignis”, bringt der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Klaus Unterweger seine Genugtuung und seinen Dank zum Ausdruck, “war auf die Expertise unserer Hydrologen und Meteorologen Verlass, die imstande waren, dieses Ereignis auch in der Vorausschau gut abzubilden, was uns erlaubt hat, das Ereignis gemeinsam mit den freiwilligen Organisationen vor Ort zu bewältigen.”
Da für die kommenden Tage keine zivilschutzrelevanten Naturereignisse zu erwarten sind, bleibt der Zivilschutzstatus Aufmerksamkeit nur mehr für die Covid-Lage aufrecht, berichtet der Direktor des Landeswarnzentrums Willigis Gallmetzer nach der heutigen Bewertungskonferenz, bei der alle Aspekte eingehend beleuchtet und besprochen wurden.
Größte Vorsicht im freien Gelände geboten
Nach wie vor sind die Böden gesättigt und damit labil, weshalb mit Rutschungen und Steinschlägen zu rechnen ist, wie das Landesamt für Geologie und Baustoffprüfung und die Landesforstabteilung hervorheben. Größte Vorsicht im freien Gelände ist demnach geboten, das gilt auch für die mit den Aufräumarbeiten Befassten.
In Pflersch und im Ahrntal war die Bevölkerung gestern Abend aufgefordert worden, die Häuser nicht zu verlassen und Hauptbach und Seitenbäche zu meiden. 30 Personen wurden vorsichtshalber evakuiert. Die Bevölkerung von Pflersch war um 19.25 Uhr, jene der Gemeinde Ahrntal um 19.46 Uhr über das Bevölkerungsinformationssystem BIS gewarnt worden, das über die Verkehrsmeldezentrale verschickt und über Radio- und Fernsehsender sowie das Südtiroler Bürgernetz verbreitet wird. Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr und der Wildbachverbauung waren gestern Abend vor Ort und analysierten die Entwicklung der Lage. Im Lagezentrum im Landeszivilschutzzentrum wurde die Situation seit gestern Abend die ganze Nacht über im Auge behalten und bewertet und koordiniert. Die Freiwilligen Feuerwehren rückten in der Nacht auf heute zu insgesamt 200 Einsätzen aus, allein 60 davon im Ahrntal. In Innerpflersch gibt es noch Probleme bei der Stromversorgung, da ein Kraftwerk durch die Mure aus dem Toffringerbach stärker beschädigt ist.
Starkregen mit bis zu 90 Litern pro Quadratmeter, Sturmböen mit über 100 Stundenkilometer, Hagelkörner mit drei Zentimetern Durchmesser
Der Landeszivilschutz hatte angesichts der Kaltfront, die gestern mit gewittrigen Starkregen und Hagelschauern über Südtirol gezogen war, den Zivilschutzstatus mittags auf die Stufe Aufmerksamkeit angehoben (wir haben mit einer Pressemitteilung berichtet). Die angekündigten Sturmböen traten ein, mit Spitzen von über 100 Stundenkilometern in Salurn, die Niederschlagsmengen erreichten knapp 90 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden in Ladurns und Pens, Hagelkörner mit fast drei Zentimetern Durchmesser fielen in Mölten, fasst Günther Geier vom Landesamt für Meteorologie und Lawinenwarnung zusammen.
Aufräumarbeiten im Pflerschertal
Die Berufsfeuerwehr und das Landesamt für Wildbachverbauung Nord der Agentur für Bevölkerungsschutz führen heute in Pflersch Lokalaugenscheine durch. Nach einer Besprechung heute früh um 7.00 Uhr mit Vertretern der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehr, der Gemeinde und zweier örtlicher privater Unternehmen, die vonseiten der Gemeinde mit ersten Aufräumarbeiten beauftragt worden waren, wurden mehrere Schadstellen besichtigt, berichtet Amtsdirektor Alexander Pramstraller: In erster Linie hat der Einstoß eines Murgangs beim Toffringerbach in den Pflerscherbach Probleme bereitet. Der Pflerscherbach wurde dort rückgestaut und aus seinem Bett gedrängt, die Straße nach Innerpflersch wurde unterbrochen.
Die Berufsfeuerwehr und die beiden Unternehmen sind derzeit mit Aufräumarbeiten rund um sechs Häuser befasst. Weitere seitliche Zubringer weisen derzeit volle Geschieberückhaltebecken im Unterlauf auf. Auch bei der Talstation Ladurns beim Hotel Alpin hat Gesteinsmaterial den Pflerscherbach verlegt ebenso in Innerpflersch beim Hotel Feuerstein.
Berufsfeuerwehr ebenfalls im Pflerschertal im Einsatz
Auch die Berufsfeuerwehr ist zusammen mit unzähligen Freiwilligen Feuerwehren des Bezirkes und dem Landesamt für Wildbachverbauung Nord der Agentur für Bevölkerungsschutz und dem Strassendienst des Landes seit gestern Abend im Pflerschertal im Einsatz. Nach einer Besprechung heute früh um 7.00 Uhr mit Vertretern der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehr, der Gemeinde, der Wildbachverbauung und zweier örtlicher privater Unternehmen, wurden mehrere Schadstellen lokalisiert und das weitere koordinierte Vorgehen abgestimmt und besprochen. Die Berufsfeuerwehr und die beiden Unternehmen sind derzeit mit Erdbewegungsmaschinen im Einsatz um Straßen sowie mehrere Häuser von den Geröllmassen zu befreien.
Weiters werden mit großen Tauchschlammpumpen Wasser und Schlamm aus tieferen Stockwerken gepumpt und mit großen Stromgeneratoren wird die notwendige Stromversorgung sichergestellt. Der Einsatz wird sicherlich über Nacht und auch am morgigen Tag fortgeführt werden, gemeinsames Ziel ist es, die Infrastruktur des betroffenen Talabschnittes notdürftig wieder herzustellen und die Straße ins hintere Pflerschertal wieder notdürftig zu öffnen, damit Bewohner und Gäste aus dem Tal fahren können und auch die Milchtransporte von den landwirtschaftlichen Betriebe ermöglicht wird.
Sehr viele kleinere Schäden im Ahrntal
Keine großen, wohl aber sehr viele kleinere Schäden sind im Ahrntal zu verzeichnen, berichtet die stellvertretende Amtsdirektorin Caterina Ghiraldo vom Landesamt für Wildbachverbauung Ost in einer ersten provisorischen Bilanz, unter anderem im Kleinklausenbach gegenüber dem Keilbach, von dem sich Material auf den Parkplatz der Talstation des Skigebietes Klausberg ergoss. In Luttach und Prettau werden derzeit sechs bis sieben Bagger für Räumungsarbeiten eingesetzt. Die Rückhaltebecken in der Oberen Ahr, zum Beispiel im Jarlbach, sind mit Material vollgefüllt. Mehrere Holzbrücken wurden von den Fluten mitgerissen.
Alle Pegel sinken
Die Pegel an den Hauptgewässern sind gestern Abend sukzessive angestiegen. Der Eisack hat in Freienfeld den Höchststand um 21.20 Uhr erreicht, berichtet Roberto Dinale vom Landesamt für Hydrologie und Stauanlagen, in Brixen wurde die maximale Höhe um 1.10 Uhr nachts erreicht, seitdem sinken alle Pegel. Auch die Ahr und der Unteraluf der Rienz sind markant angeschwollen mit maximalen Wasserständen um 23.30 in St. Georgen und um 1.15 Uhr in Vintl.