Neuer Höchststand an Treibhausgasen im Vorjahr

Pariser Klimaziele laut UNO-Bericht vor dem Scheitern

Donnerstag, 24. Oktober 2024 | 16:28 Uhr

Von: APA/dpa

Die Pariser Klimaziele drohen nach einem Bericht des UNO-Umweltprogramms UNEP zu scheitern, wenn nicht vor allem die Industriestaaten massive Maßnahmen einleiten. Um das Ziel einer Erderwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu erreichen, müssten die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 42 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 sinken, betonte UNEP-Exekutivdirektorin Inger Andersen bei der Vorstellung des sogenannten Emission Gap Reports.

Wenn die Pariser Klimaziele keine Utopie bleiben sollen, muss schnell gehandelt werden – mit viel Geld und noch mehr Maßnahmen. Den Berechnungen zufolge wurden 2023 weltweit Treibhausgase mit einer Klimawirkung von 57,1 Gigatonnen Kohlendioxid (Kohlendioxidäquivalenten) ausgestoßen – ein Höchststand. Bereits im vergangenen Jahr war ein Rekordwert an Emissionen verzeichnet worden. Nun sei der Wert noch einmal um 1,3 Prozent gestiegen, heißt es. Zum Vergleich: In der Dekade vor der Corona-Pandemie stiegen die weltweiten Treibhausgasemissionen noch jährlich durchschnittlich um 0,8 Prozent.

Wie schon in den Vorjahren entstanden die meisten Emissionen mit einem Anteil von 26 Prozent im Energiesektor, etwa bei der Stromerzeugung, gefolgt vom Bereich Transport mit 15 Prozent sowie Landwirtschaft und Industrie mit einem Anteil von jeweils elf Prozent.

In der alljährlichen Bestandsaufnahme, die wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku veröffentlicht wird, geht es um die Lücke zwischen den real zu erwartenden Emissionen von Treibhausgasen in den kommenden Jahren und den Werten, die für ein Erreichen der Pariser Klimaziele notwendig wären. Treibhausgase in der Atmosphäre, insbesondere Kohlendioxid, spielen eine Rolle beim weltweiten Temperaturanstieg.

Wegen der Erderwärmung gibt es in vielen Regionen häufiger und öfter extremes Wetter, also Hitzewellen und Dürren, Stürme und Überflutungen. Dies kann ganze Regionen unbewohnbar machen, Ernten zerstören und damit Hungerkrisen verschärfen. Außerdem steigt der Meeresspiegel, was Küstenregionen und kleine Inselstaaten bedroht.

Gefordert sind vor allem die großen Industriestaaten, die den größten Beitrag zum Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre und damit zu globalen Temperaturanstieg leisten. “Im Wesentlichen bräuchten wir eine globale Mobilisierung in einem noch nie da gewesenen Ausmaß und Tempo”, fordert UNEP-Chefin Inger Andersen.

Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten sich die Staaten der Welt gemeinsam dazu verpflichten, die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 Prozent und bis 2035 um 57 Prozent im Vergleich zu 2019 zu senken. Derzeit liegen die Zusagen weit darunter.

Um diese globalen Reduktionsziele zu erreichen, müssten vor allem die G20-Staaten – mit Ausnahme der Afrikanischen Union – “Schwerstarbeit” leisten, sagte Andersen. Der Titel des UNEP-Berichts, “No more hot air, please” (Bitte keine heiße Luft mehr) klingt doppeldeutig und mahnend zugleich: Die Erderwärmung soll gestoppt werden – und die Zeit für schöne Worte ist vorbei.

Der Bericht nimmt die G20-Staaten wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz im aserbaidschanischen Baku in die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen und zu investieren, um Emissionen zu senken: Diese Gruppe sei noch nicht einmal auf Kurs, um die aktuellen nationalen Beitragsziele zu erfüllen, heißt es. Die Mitglieder mit den höchsten Emissionen müssten “die Führung übernehmen, indem sie jetzt und in den neuen Zusagen ihre Maßnahmen und Ambitionen drastisch erhöhen.”

Denn die G20-Mitglieder ohne die Afrikanische Union waren den Angaben zufolge im Jahr 2023 für 77 Prozent der Emissionen verantwortlich. Die Aufnahme der Afrikanischen Union als ständiges G20-Mitglied erhöhe den Anteil nur um fünf Prozent auf 82 Prozent. Dies zeige die Notwendigkeit differenzierter Verantwortlichkeiten zwischen den Nationen.

Die Pro-Kopf-Berechnungen der Kohlendioxid-Emissionen für verschiedene Länder und Regionen machen die globalen Unterschiede deutlich: So betrug dem Bericht zufolge der Wert in Russland im vergangenen Jahr 19 Tonnen Kohlendioxidäquivalente pro Einwohner, in den USA 18 Tonnen, in China 11 Tonnen und in den EU-Staaten durchschnittlich 7,3 Tonnen. Die 55 Staaten der Afrikanischen Union dagegen erreichten einen gemeinsamen Pro-Kopf-Wert von 2,2 Tonnen und die 47 am wenigsten entwickelten Staaten gar nur 1,5 Tonnen.

“Seit Jahren warnen die Vereinten Nationen vor der großen Kluft zwischen den Versprechen und den tatsächlichen, konkreten Plänen im Klimaschutz. Nach wie vor sind die Klimaschutzmaßnahmen der Staaten mangelhaft. Das birgt die Gefahr, dass das Pariser 1,5-Grad-Ziel gesprengt wird”, wurde Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich in einer Aussendung zitiert. Die Staats- und Regierungschefs müssten ihre Klimapläne mutiger und entschlossener gestalten, den letztjährigen Beschluss der Klimakonferenz ernst nehmen und sich endgültig von den fossilen Energien verabschieden – dafür müssen klare Pläne und Ausstiegstermine für Kohle, Öl und Gas auf den Tisch gelegt werden.”

“Wir müssen dringend den Ausstieg aus den fossilen Energien vorantreiben, sonst gelangen immer weitere gigantische Mengen an CO2 in unsere Atmosphäre und befeuern die Erderhitzung”, sagte Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, zu dem UNEP-Bericht. “Alles, was wir jetzt nicht dafür investieren, müssen wir später doppelt und dreifach ausgeben.”

Die Erkenntnisse müssten sich in der weltweiten Finanzierung niederschlagen genau wie im deutschen Haushalt. “Wir brauchen mindestens die zugesagten sechs Milliarden Euro aus Deutschland für den Klimaschutz weltweit, wir brauchen die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar jährlich von den Staaten des Globalen Nordens bis 2025 und wir brauchen in Baku die Einigung auf ein höheres Finanzierungsziel ab 2026”, forderte Raddatz.

(S E R V I C E – UNO-Umweltprogramm zu Emissionsbericht: https://dpaq.de/H3Q2fSW)

Kommentare

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14 Kommentare auf "Pariser Klimaziele laut UNO-Bericht vor dem Scheitern"


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Pasta Madre
Pasta Madre
Universalgelehrter
1 Monat 1 Tag

Wieso wollt ihr die Welt retten.
Neben uns toben Kriege, die weitaus mehr zur Umweltverschmutzung beitragen, als unsere Industrie überhaupt imstande ist zu erzeugen.

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 23 h

Weil mein Nachbar seinen Müll in den Wald wirft kann ich es auch tun? Is dann je egal, ist deine Logik.

Gievkeks
Gievkeks
Universalgelehrter
1 Monat 22 h

@Pasta Madre:
Da liegst du dermaßen daneben, dass es fast weh tut.

Wieviele Leute kennst du, die im Krieg sind?

Und dann …
Wieviele Leute kennst du, die ein Auto haben, einen großen Fernseher, eine Küchenhilfe, motorbetriebene Jalousien, ein Smartphone, Computer, usw usw
Denkst du, das alles wächst auf Bäumen?

Sosonadann
Sosonadann
Universalgelehrter
1 Monat 21 h

@Pasta
Dank Putin wird in der Ukraine diesen Winter deutlich weniger geheizt. Das kompensiert einiges!

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 19 h

@Pasta Madre… jeder verschmutzt ständig die Umwelt durch Autofahren, Heizen, durch Internet, Lieferservice usw…. jeder könnte in seinem kleinen etwas machen, aber wir sehen, wie schwierig es ist, das eigene Verhalten zu ändern, z.B . beim Thema EMobilität oder den Wärmepumpen! … einfacher ist von sich abzulenken und andere Sündenböcke zu suchen und zu finden…

magg
magg
Universalgelehrter
1 Monat 1 Tag

War ja von Vorne klar… 😡🤬

So ist das
1 Monat 1 Tag

Hat sich jemand etwas besseres von diesem Abkommem erwartet? 🤔

horst777
horst777
Tratscher
1 Monat 23 h

Leider ist Geld und Macht immer noch wichtiger als unsere Lebensgrundlage Erde auf der wir leben dürfen und wenn es so weiter geht bald müssen. Der Mensch schaufelt sich sein eigenes Grab.

fingerzeig
fingerzeig
Superredner
1 Monat 20 h

ähnlich wie der versuch,eine badewanne mit einem becher zu leeren….vorne raus und hinten wieder rein… oder noch schlimmer: vorne einen becher voll raus u hinten füllt wer anders kübelweise nach.

hoihoi
hoihoi
Tratscher
1 Monat 20 h

Glab nit daß Israel und Ukraine , lei olles Euro5 Fahrzeuge und Raketen verwenden ??!

der.schon.wieder
1 Monat 19 h

@hoihoi
…..mag sein, dass diese Länder gerade andere Probleme haben.
Die Probleme, die wir bekommen werden, werden ungleich größer sein.
Die Bergvölker merkens schon.
Du auch?

der.schon.wieder
1 Monat 19 h

Macht Euch die Erde Untertan!
.
Von kaputt machen hat keiner was gesagt.

Einheimischer
Einheimischer
Superredner
1 Monat 10 h

Kein Wunder, wenn Deutschland wieder vermehrten Kohle verbrennt…
Das Vorbild Europas….

Sosonadann
Sosonadann
Universalgelehrter
1 Monat 9 h

@Einheimischer
Macht Deutschland das? Bist du dir sicher?
Im ersten Halbjahr 2024 wurden 45,9 Milliarden kWh mit Kohle erzeugt. Im ersten Halbjahr 2023 dagegen 62,5 Milliarden kWh.

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/09/PD24_334_43312.html

Der Kohleverbrauch nimmt seit 2013 kontinuierlich ab (3,47 Exajoule). Lediglich 2021 und 2022 gab es einen leichten Anstieg zum jeweiligen Vorjahr (2,2 bzw. 2,3 Exajoule). 2023 war man aber schon wieder unterm Wert von 2020 (1,83 Exajoule).

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/41511/umfrage/deutschland-kohleverbrauch-in-millionen-tonnen-oelaequivalent/

Wieder ein Beispiel, wie Meinung und Realität stark abweichen!

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