Von: apa
Am 5. Dezember 2023 soll es in einer Wiener Polizeiinspektion zu einem Fall von Polizeigewalt gekommen sein. Am Freitag wurde am Landesgericht gegen einen Beamten verhandelt, der einen 47-Jährigen unangemessenerweise zunächst am Oberkörper gepackt, ins Innere der Dienststelle gezogen, mittels eines Armstoßes zu Boden gebracht und ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen festgenommen haben soll. Dabei soll er dem Mann die Handschellen bewusst zu eng angelegt haben.
Laut Anklage erlitt der 47-Jährige infolge des polizeilichen Vorgehens Rötungen an beiden Handgelenken, Abschürfungen am Ellenbogen und eine Schwellung am Knie. Die Staatsanwältin legte dem Polizisten Missbrauch der Amtsgewalt zur Last, was dieser vehement in Abrede stellte.
Angeklagter: “Es war kein Stoß”
Der Mann habe sich “in einem Abstand von einer halben Armlänge” vor ihm befunden und sei äußerst aggressiv gewesen und habe “den Arm nach oben gerissen”, schilderte der Angeklagte. Er habe ihn – wie im Gesetz vorgesehen – zwei Mal abgemahnt: “Das war ihm egal.” Der 47-Jährige habe sich “immer mehr in Rage geredet.” Er habe ihn schließlich “mit der flachen Hand am Oberkörper berührt”, gab der Polizist an: “Es war kein Stoß. Er ließ sich nach hinten fallen. Ich war perplex.” Er wäre gar nicht in der Lage gewesen, den Mann zu Boden zu bringen: “Er hat 30, 40 Kilo mehr als ich.”
Aufgrund aggressiven Verhaltens habe er den Mann, der sich zuvor nicht ausweisen habe wollen, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen festgenommen. Die Handschellen habe er dem am Boden Liegenden “so angelegt, wie ich es gelernt habe.” Der Beamte räumte ein, “die Ketten” seien “sehr kurz.” Die Hände des Festgenommenen hätten aber “einen halben Zentimeter Platz” gehabt, versicherte der Angeklagte und merkte dann noch an: “Je breiter jemand ist, desto mehr zieht es.”
Weil der Mann nicht aufstehen habe wollen, hätte er diesen gemeinsam mit einem Kollegen “in den Arrestbereich gezogen”. Letzteres hatte die Lebensgefährtin des 47-Jährigen, die gemeinsam mit diesem die Polizeidienststelle aufgesucht hatte, mit dem Handy gefilmt. Das Video wurde im Gerichtssaal abgespielt. Darauf war zu sehen, wie der 47-Jährige in Rückenlage von zwei Polizisten jeweils an einem Arm erfasst und aus dem Blickfeld der Lebensgefährtin und einer unbeteiligten Zeugin gezogen wird. Zuvor hatte der Mann “Bitte, mein Knie, ich bin operiert” gesagt und die Beamten aufgefordert, man möge ihm “beim Aufstehen helfen.”
47-Jähriger hatte wegen Mutter Polizeiinspektion aufgesucht
Der Mann hatte sich zur Polizei begeben, um seine Mutter “auszulösen”, wie er als Zeuge einem Schöffensenat erklärte. Diese war von der Polizei wegen offener Polizeistrafen zu Hause abgeholt und zur allfälligen Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe in die Polizeiinspektion mitgenommen worden. Die Polizeistrafen hatte allerdings ihr Enkel mit dem auf die Mutter zugelassenen Pkw angehäuft. “Ich wollte die Strafen bezahlen und meine alte, kranke Mutter mit nach Hause nehmen”, berichtete der 47-Jährige. Der Angeklagte sei ihm gegenüber sehr abweisend gewesen und habe ihn zunächst gar nicht beachtet. Plötzlich habe ihn der Beamte “fest an der Schulter gepackt und von der Sicherheitsschleuse reingezogen.” Im Innenbereich der Dienststelle sei er dann “zu Boden geworfen” worden. “Er wollte sich beweisen”, vermutete der Zeuge.
Ein Polizeijurist hatte die vom Angeklagten ausgesprochene Festnahme wenig später aufgehoben. Die Lebensgefährtin des 47-Jährigen ist zwischenzeitlich verstorben, ihre Aussagen im Ermittlungsverfahren wurden daher verlesen. Die unbeteiligte Zeugin war dagegen zur Verhandlung geladen. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin, weshalb diese ihn im Vorverfahren belastet hätte, meinte der Angeklagte: “Sie sympathisiert aufgrund eines ähnlichen Migrationshintergrunds.” Die Frau hat – wie der 47-Jährige – Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien.
Auf Ende März vertagt
Die Verhandlung wurde zu ergänzenden Beweisaufnahmen vertagt. Am 21. März wird weiterverhandelt.
Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen