Von: Ivd
Früher oder später ereilt viele die Diagnose „Bandscheibenvorfall“ in ihrem Leben. Das ist meistens nicht so schlimm, wie es sich anhört: Etwa 20 Prozent der unter 40-Jährigen hatten bereits einen, ohne es bemerkt zu haben. Ab 40 Jahren sind es sogar 27 Prozent. Auch die Vorfälle, die man bemerkt, müssen nicht gleich das Ende der Welt bedeuten. Im schlimmsten Fall kann eine Operation Abhilfe schaffen. Bei allen anderen Fällen können gezieltes Muskeltraining, Mobilisierung und Schmerzmittel für Erleichterung sorgen.
Was ist die Bandscheibe genau?
Die Bandscheibe wird oft mit einem Krapfen verglichen und wird auch als Stoßdämpfer des Rückens bezeichnet, da sie zwischen den Wirbeln sitzen und vertikale Krafteinwirkung wie durch Sprünge abfedert. Werden diese Bandscheiben über einen längeren Zeitraum fehlbelastet oder durch einen Unfall extrem beansprucht, kann der geleeartige Gallertkern inmitten der Bandscheibe weiter nach außen treten. Bricht er aus der Bandscheibe aus, spricht man von einem Bandscheibenvorfall.
Im schlimmsten Fall drückt er dann auf einen der zahlreichen Nerven, die sich entlang der Wirbelsäule durch den Körper ziehen. Das kann neben extremen Schmerzen und Taubheit im Rücken, dem Gesäß und den Beinen auch zu Inkontinenz und weiteren Komplikationen führen. Am häufigsten treten Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule auf, können aber auch in jedem anderen Teilbereich der Wirbelsäule zum Problem werden.
Essenziell für ein schmerzfreies Leben sind eine gute Rumpf-, Bauch- und Rückenmuskulatur. Diese sollte man im besten Fall bereits vorbeugend trainieren, damit es erst gar nicht so weit kommt. Sollte es bereits zu spät sein, sollte auf jeden Fall als erstes ein Arzt aufgesucht und schweres Heben unbedingt vermieden werden.
Bewegung statt Schonung
Noch vor einigen Jahren lautete die Empfehlung vieler Ärzte bei einem Bandscheibenvorfall: absolute Ruhe. Doch wer sich zu lange schont, riskiert Muskelabbau und eine Verschlechterung der Körperhaltung. Das kann die Rückenschmerzen sogar verschlimmern. Statt starrer Schonhaltung, die oft mehr schadet als nützt, rückt heute ein aktives Muskeltraining in den Fokus. Verspannte Muskeln werden gelockert, geschwächte Muskeln gezielt gestärkt. Dabei können Spritzen und oral eingenommene Schmerzmittel helfen, um die ersten Schritte zu machen.
Wenn der Doc sein ‚okay‘ gegeben hat, kann langsam damit begonnen werden, den verletzten Bewegungsapparat mit leichten Bewegungen zu mobilisieren. Hier sind Physiotherapie und Krankengymnastik die Mittel der Wahl. Sollten dabei Schmerzen auftreten, ist das Training sofort zu unterbrechen. Die Gefahr besteht, dass der Gallertkern weiter aus der Bandscheibe austritt und weitere Nerven in Mitleidenschaft gezogen werden.
Tipps für den täglichen Gebrauch
Am besten ist es natürlich, dem Bandscheinvorfall vorzubeugen. Dabei sind ein umfangreiches Kraft- und Beweglichkeitstraining unerlässlich. Auch im Alltag lassen sich immer wieder kleinere Einheiten einschieben: Bereits das Stehen auf einem Bein beim Zähneputzen, ein Plank (Unterarmstütz) in der Mittagspause oder vorsichtiges statisches Dehnen können Verletzungen vorbeugen.
Wer es etwas anspruchsvoller mag, der kann zu Mitteln wie einem Balance-Pad, einem Gymnastikball oder Schlingen greifen. Dabei spielt es keine Rolle ob man bereits verletzt ist oder nicht.
Balance-Pad
Das Balance-Pad ist ein beleibtes Instrument in der modernen Physiotherapie. Das Ziel ist es, die feine Muskulatur entlang der einzelnen Wirbel zu trainieren. Da diese nicht gezielt angesteuert werden können, muss man sie über Umwege zum Arbeiten bringen. Das tut man zum Beispiel, indem man sich einbeinig auf das Pad stellt und versucht, die Position zu halten. Korrekturbewegungen sind dabei explizit erwünscht.
Wem das zu einfach ist, kann langsam anfangen sich vorzubeugen. Bei der nächsten Stufe geht man mit dem stehenden Bein in die Hocke und versucht, mit dem anderen Bein verschiedene Punkte vor, neben und hinter dem Pad zu erreichen. Dabei sollten die Hüfte und der Rücken zu jedem Zeitpunkt möglichst gerade bleiben.
Gymnastikball und Schlingen
Da die meisten Menschen keine Schlingen zur Verfügung haben, kann ein Gymnastikball zu Hause gute Dienste erweisen. Am Ende versuchen beide Instrumente das Gleiche: Verschiedene Positionen einzunehmen, in denen Körperspannung gefragt ist. So kann bei beiden zum Beispiel eine Plank-Position eingenommen werden, bei der man abwechseln den linken Arm und das rechte Bein oder den rechten Arm und das linke Bein hebt. Jede andere Übung, die Oberkörperspannung erfordert, ist genauso hilfreich. Wichtig ist nur, dass der Bauch zu jedem Zeitpunkt angespannt und in einer neutralen Position bleibt.
Dehnen nicht vergessen
Neben Kräftigungsübungen spielt auch das regelmäßige Dehnen eine wichtige Rolle. Häufig sind nicht nur die Bandscheiben selbst für die Schmerzen verantwortlich, sondern auch Verspannungen im Bereich des Gesäßes oder Blockaden im Iliosakralgelenk. Eine effektive Dehnübung für den Piriformis-Muskel ist die sogenannte Drei-Stufen-Dehnung. Dabei wird das Bein in drei verschiedenen Positionen sanft gedehnt, um verspannte Muskeln zu lockern und den Rücken zu entlasten. Ein Video dazu findet ihr hier.
Fazit: Bewegung ist der Schlüssel zur Rückengesundheit
Ein Bandscheibenvorfall bedeutet nicht zwingend eine Operation. Mit der richtigen Kombination aus Physiotherapie, gezieltem Muskeltraining und alltagsintegrierten Übungen lassen sich Rückenschmerzen in vielen Fällen erfolgreich behandeln. Wichtig ist dabei, das Training an die individuelle Leistungsfähigkeit anzupassen und einen gesunden Mix aus Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer und Koordination zu finden.
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