Selbsthilfegruppe in Südtirol bietet Betroffenen und Angehörigen Unterstützung

Rund 20.000 Menschen in Südtirol leiden am Messie-Syndrom

Montag, 17. Februar 2025 | 13:32 Uhr

Von: luk

Lana – Zu viel, zu eng, zu überwältigend: Das Messie-Syndrom kann das Leben Betroffener und ihrer Angehörigen stark belasten. In Südtirol leiden schätzungsweise bis zu 20.000 Menschen unter dieser Zwangsstörung, die das krankhafte Horten von Gegenständen mit sich bringt. Für viele ist es ein unsichtbares Problem – nach außen hin scheinen sie ein normales Leben zu führen, doch hinter verschlossenen Türen herrscht oft Chaos.

Berta Pircher aus Lana kennt diese Problematik aus eigener Erfahrung. Sie ist in einem Messie-Haushalt aufgewachsen und erinnert sich an ihre Kindheit als belastend: „Es war beschämend, wenn Freundinnen zu Besuch kamen. Wir haben immer wieder versucht, Ordnung zu schaffen – aber es wurde nur schlimmer.“ Die Erfahrung hat Spuren hinterlassen, doch sie hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und nun eine Selbsthilfegruppe für Betroffene und Angehörige ins Leben gerufen.

Das Interesse war groß: Zehn Personen aus Bozen, Meran und dem Vinschgau kamen zum ersten Treffen. Einige hatten selbst mit dem Messie-Syndrom zu kämpfen, andere waren Angehörige oder kannten Betroffene aus ihrem Umfeld. Viele weitere hätten gerne teilgenommen, doch die Anreise nach Lana war für sie zu umständlich. Neue Gruppen in anderen Landesteilen könnten entstehen, wenn sich genügend Interessierte melden.

Mehr Verständnis statt bloßer Aufräumhilfe

Eine zentrale Erkenntnis des ersten Treffens: Es fehlt an Sensibilität und geeigneten Anlaufstellen. „Messie-Betroffene brauchen keine Helfer, die ihr Zuhause aufräumen. Sie brauchen professionelle Unterstützung und einen sicheren Raum, um die tieferliegenden Ursachen ihrer Störung zu bearbeiten“, erklärt Pircher. Auch Angehörige fühlten sich oft alleingelassen und unverstanden.

Mehr Menschen betroffen, als man glaubt

“In Südtirol sind weit mehr Menschen davon betroffen, als wir vielleicht annehmen möchten.” Dr. Martin Fronthaler, Leiter des Therapiezentrums Bad Bachgart, geht von bis zu 20.000 Betroffenen in Südtirol aus. “Es sind Frauen und Männer aus allen sozialen Schichten. Nur eine Minderheit lebt allerdings – entgegen einem gängigen Vorurteil – zwischen Essensresten, Schmutz und Müll. Meistens sieht man Messies nicht an, welches Chaos bei ihnen zu Hause herrscht. Nach außen hin können sie gut funktionieren und im Beruf erfolgreich sein.”

Wer sich für die Selbsthilfegruppe interessiert, kann sich diskret unter Tel. 0471 1888110 oder selbsthilfe@dsg.bz.it melden. Auch unter Tel. 333 3837555 oder selbsthilfe@happy-bee.org gibt es weitere Informationen.

Bezirk: Bozen, Burggrafenamt

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