Von: mk
Alle Jahre wieder: Werden die Temperaturen im Winter kälter, wird Salz auf vereiste Straßen gestreut – auch in Südtirol. Das schafft für die Verkehrsteilnehmer zwar Abhilfe, hat aber auch eine ökologische Kehrseite. Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Earth & Environment“ veröffentlicht wurde und sich mit der menschengemachten Änderung der natürlichen Zirkulation von Salz in Boden, Wasser und Luft befasst, spricht von einer „Massenkarambolage in Zeitlupe“.
Seit rund 50 Jahren ist der Anteil von Salzionen weltweit in Süßwasserflüssen angestiegen – aufgrund von Bergbau, Landwirtschaft, dem Baugewerbe oder anderer industrieller Aktivitäten, die Salz freisetzen.
Laut dem Forschungsteam von den US-Hochschulen Virginia Tech und University of Maryland um den Geologen Sujay Kaushal seien viele Ökosysteme auf einen fein austarierten Salzgehalt angewiesen. Gerät das Gleichgewicht aus den Fugen, kann dies zum Aussterben von Arten, etwa bei Fischen führen. Versalztes Grundwasser könnte außerdem den Anbau von Nutzpflanzen hindern. Außerdem ließen sich bereits medizinische Schäden an Menschen wie zunehmende Vergiftungen in der Schwangerschaft beobachten.
„Es geschieht so langsam, dass man leicht übersehen kann, wie unsere Flüsse, Seen und Trinkwasserreservoirs zunehmend versalzen“, erklärt die beteiligte Umweltwissenschaftlerin Megan Rippy.
Sogar in der Luft steigt der Salzgehalt an, etwa durch Verdunstung aus trocken fallenden Seen oder auch über Aerosole aus Streusalz von der Straße. In den USA endete in der jüngeren Vergangenheit knapp die Hälfte des Salzkonsums auf der Straße.
Laut Studie verbinden sich Salzionen im Boden mit Sediment und abgelagerten Schadstoffen zu „chemischen Cocktails“. Gleichzeitig steht die die Versalzung – wie zum Beispiel durch forcierte Schneeschmelze – mit fehlenden Trinkwasserreserven im Westen der USA in Zusammenhang.
Im Rahmen des natürlichen Salzzyklus wird über geologische und hydrologische Prozesse Salz aus dem Erdreich an die Oberfläche gebracht, das sich später wieder ablagert. Diesen Prozess habe der Mensch aber erheblich beschleunigt und damit letztlich „gestört“, urteilen die Forscher. Dies geschehe nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit. Allerdings sei das derzeitige Ausmaß bislang noch nie dagewesen.
Gelichzeitig halten die Forscher nach Alternativen Ausschau. Statt Streusalz nutzen US-Städte wie Washington inzwischen beispielsweise Rübensaft, um ihre Straßen eisfrei zu halten. Der Effekt soll derselbe sein – allerdings mit einer besseren Ökobilanz.