Bald stabile Landesregierung bilden – ein Kommentar

Schwierige Brautschau

Donnerstag, 09. November 2023 | 01:46 Uhr

Von: ka

Bozen – Die SVP erhebt seit ihrer Gründung den Anspruch, das Alleinvertretungsrecht für die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit in Italien zu besitzen. Umso bitterer ist für die Edelweißpartei, die im neuen Landtag nur mehr 13 Abgeordnete stellen wird, nun die Erkenntnis, zur Mehrheitsbildung das erste Mal eine andere deutsche Partei benötigen zu müssen.

An Bewerberinnen und Bewerbern für eine Ehe mit der SVP fehlt es zwar nicht, aber da die harten politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre noch nachwirken und die Frage, ob der Partner in spe nicht nur mit dem Edelweiß, sondern auch mit den Zwängen der Frauenquote und des Autonomiestatuts kompatibel ist, erst noch beantwortet werden muss, wird man um lange Gesprächsrunden kaum herumkommen.

Das Autonomiestatut sieht unter anderem die Beteiligung eines italienischen Koalitionärs zwingend vor. Um wie mit Rom vereinbart, die Autonomie weiterentwickeln und verlorene Zuständigkeiten zurückholen zu können, ist es unbedingt notwendig, eine Partei in die Landesregierung zu nehmen, die auch in Rom Regierungsverantwortung innehat. In dieser Hinsicht bieten sich Fratelli d’Italia und die Lega an.

Landtag/Werth

Schwieriger wird es auf der „deutschen Seite“. Da sie bei vielen SVPlern für Bauchschmerzen sorgen und sie selbst eine Zusammenarbeit mit den beiden italienischen Rechtsparteien ausschließen, dürften die Grünen als möglicher Koalitionspartner ausfallen. Mit jeweils vier Landtagsabgeordneten hingegen wären die STF und das Team K eigentlich ideale Partner, um der SVP und einem Italiener eine stabile Mehrheit bilden zu können. Ob sich die Agenda der STF – Selbstbestimmung, historische Lösung der Ortsnamenfrage und Doppelpass – mit dem Rest der Mehrheit und insbesondere mit den Italienern im Landtag in Einklang bringen lässt, ist aber fraglich. Die moderaten „Wirtschaftsliberalen“ des Team K würden nach fünf Jahren harter Opposition gerne Regierungsverantwortung übernehmen, haben gegenüber den Fratelli aber große Vorbehalte.

Landtag/Werth

Bleiben noch die Freiheitlichen. Da sie nur zu zweit sind und selbst zu den Wahlverlierern zählen, dürften sie die geringsten Forderungen stellen. Die Freiheitlichen sind nicht abgeneigt, mit der SVP, den Fratelli und der Lega zu regieren, allerdings geht es nach dem Rück- und Austritt der Obfrau bei den Freiheitlichen drunter und drüber. Zudem bräuchte es alle drei Abgeordneten der italienischen Rechtsparteien, um eine stabile Mehrheit bilden zu können. In der Brennerstraße dürfte man die Koalitionsvariante mit den Freiheitlichen favorisieren. Ob der „günstigste“ Partner aber auch der beste ist? Die Sondierungen könnten auch bis dahin Unumstößliches wie „Mit denen nie!“ zu Fall bringen und ganz neue, wahrscheinlich „verlässlichere“ Wege weisen.

Sicher ist aber, dass die Sorgen der Südtiroler – Sicherheit, Wohnungsnot und Klimawandel – keine langen Sandkastenspiele erlauben. Je eher eine stabile Landesregierung gebildet werden kann, desto besser ist es für das Landl.

Bezirk: Bozen