Von: mk
Sterzing – Wegen des Seilbahnunglücks am Berg Mottarone am Lago Maggiore, bei dem am 23. Mai 2021 insgesamt 14 Menschen ums Leben gekostet sind, will die Staatsanwaltschaft der Stadt Verbania Anklage gegen acht Personen erheben. Dabei handelt es sich sowohl um physische Personen als auch um die beteiligten Firmen.
Neben Luigi Nerini, dem Inhaber der Betreibergesellschaft „Ferrovie del Mottarone“ soll auch dem damaligen Betriebsleiter Enrico Perocchio und dem Leiter der Anlage, Gabriele Tadini, der Prozess gemacht werden. Für die Gruppe Leitner will die Staatsanwaltschaft Verwaltungsratspräsident Anton Seeber, Geschäftsführer Martin Leitner und den Verantwortlichen für den Kundendienst, Peter Rabanser, zur Verantwortung ziehen.
Die Firma Leitner war mit der Instandhaltung der Seilbahn beauftragt. Die Vorwürfe reichen von mutwilliger Vernachlässigung von Sicherheitsvorschriften zur Unfallvorbeugung über fahrlässige Verursachung einer Katastrophe, mehrfache fahrlässige Tötung und schwerste Körperverletzung bis hin zum Anschlag auf die Transportsicherheit. Tadini und Perrocchio werden außerdem der Falscherklärung beschuldigt. Nun muss der Untersuchungsrichter entscheiden, ob der dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgibt, schreibt die Nachrichtenagentur Ansa.
14 Todesopfer und einen Schwerverletzten meldeten die Rettungseinheiten kurz nach dem Unglück. Ein verletzter neunjähriger Bub erlag am Abend im Krankenhaus von Turin den schweren Wunden, die er sich beim Absturz der Seilbahn-Kabine auf der Strecke Stresa-Mottarone zugezogen hatte. Die mit 15 Personen besetzte Seilbahn war 100 Meter vor der Ankunft abgestürzt.
Getötet wurden bei dem Unglück unter anderem ein israelisches Ehepaar und ihr zweijähriger Sohn, die in Italien lebten und arbeiteten. Ein fünfjähriger Sohn des Paares wurde schwer verletzt und musste in einem Krankenhaus behandelt werden. Er hat als einziger das Unglück überlebt. Die Familie des fünfjährigen Buben wohnte seit Jahren in der lombardischen Stadt Pavia. Die in Israel lebenden Urgroßeltern waren zu einem Besuch nach Italien gekommen und kamen ebenfalls bei dem Unglück ums Leben. Nach dem Unglück brach ein Streit zwischen Angehörigen um das Fürsorgerecht des Fünfjährigen aus, das dann von einem Gericht einer in Norditalien lebende Tante väterlicher Seite anvertraut wurde.
Am 23. Mai 2021 war das Zugseil der Seilbahn kurz vor der Bergstation gerissen. In diesem Moment hätten die Notbremsen am Tragseil eigentlich greifen müssen. Diese waren den bisherigen Ermittlungen zufolge aber mit Klammern blockiert, da sie im laufenden Betrieb für Störungen gesorgt haben sollen. Die Gondel raste talwärts, sprang an einer Seilbahnstütze aus der Verankerung und schlug auf dem Boden auf.
Dass eine Aufnahme in das Ermittlungsregister für die Staatsanwaltschaft “naheliegend” gewesen sei, zumal es einen Wartungsvertrag gebe, erklärte die Firma Leitner noch in der Untersuchungsphase. Es seien bereits “umfangreiche Dokumentationen seitens Leitner zur Verfügung gestellt” worden. Diese würden belegen, “dass alle Wartungsarbeiten und Kontrollen gesetzes- und vertragskonform durchgeführt wurden”.
Heute teilt das Unternehmen mit:
Nachdem die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Anklageerhebung für die am Unfall der Seilbahn Mottarone beteiligten Personen eingereicht hat, betont Leitner erneut ihre Überzeugung, dass es in Bezug auf die Vorwürfe gegen das Unternehmen und seine Führungsspitze in keiner Weise belastet werden kann.
Im Laufe der Ermittlungen hat sich nämlich erwiesen, dass der Unfall auf das vorsätzliche Verhalten Dritter zurückzuführen ist, welche die an der Seilbahn von Mottarone vorhandenen Sicherheitsvorrichtungen entfernt haben. In jedem Fall hat das Unternehmen volles Vertrauen in die Justiz und ist zuversichtlich, dass diese den Sachverhalt vollständig und auch im Sinne der eigenen Unschuld aufklären wird.