Von: luk
Sterzing/Verbania – In der norditalienischen Stadt Verbania hat am Mittwoch die Vorverhandlung im Prozess wegen des Seilbahnunglücks am Lago Maggiore im Jahr 2021 mit 14 Toten begonnen. Angeklagt sind sechs Personen, darunter drei Vertreter des Südtiroler Seilbahnbauers Leitner. Die Richterin muss über die Eröffnung des Prozesses entscheiden.
Der Anwalt der Firma Leitner kündigte an, dass das Unternehmen 50 Personen, Familien der Opfer der Seilbahntragödie, eine Entschädigung zahlen wird. In Bezug auf die Entschädigungssumme sprach er von “einer sehr bedeutenden Summe”, erklärte Rechtsanwalt Paolo Corti, einer der Anwälte von Leitner. Noch festgelegt werden muss die Entschädigung für einen israelischen Buben, den einzigen Überlebenden des Unglücks.
Angeklagt sind der Eigentümer des Seilbahnbetreibers “Ferrovie del Mottarone”, der Betriebsleiter, der technische Leiter, der Vorstandsvorsitzende des Seilbahnbauers Leitner, Anton Seeber, sowie zwei weitere Mitarbeiter des Südtiroler Unternehmens. Ihnen wird mehrfache fahrlässige Tötung und schwerste fahrlässige Körperverletzung, Gefährdung der Verkehrssicherheit und vorsätzliche Beseitigung oder Unterlassung von Sicherheitsvorkehrungen gegen Arbeitsunfälle vorgeworfen. Die Firma Leitner zeigte sich von ihrer Unschuld überzeugt und zuversichtlich.
“Aufgrund des unzureichenden Versicherungsschutzes der Betreibergesellschaft hat Leitner den Familien der Opfer spontan hohe Entschädigungssummen zur Verfügung gestellt, noch bevor das Unternehmen im Prozess seine Unschuld beweisen und seine Position als geschädigte Partei geltend machen konnte. Dies ist eine Geste der Solidarität und der Verbundenheit mit denjenigen, die von dem tragischen Ereignis, das unschuldige Leben zerstört und ganze Familien ausgelöscht hat, so schwer getroffen worden sind”, betonte Leitner in einer Presseaussendung.
“Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse geht man davon aus, dass diejenigen Personen, die eindeutig für das Geschehene verantwortlich sind, nicht der Firma Leitner angehören, was sich wohl alsbald auch im Strafverfahren herausstellen wird”, teilte das Unternehmen mit. Gegen die Verantwortlichen der Tragödie wolle Leitner in allen Instanzen vorgehen, um Image-Schaden abzuwehren und den entstandenen Schaden zu ersetzen. “Es bleibt zu unterstreichen, dass Leitner diese Entschädigung aus Eigeninitiative und auf eigene Kosten getätigt hat, ohne dabei die bürokratischen Fristen abzuwarten, welche normalerweise bei der Schadensliquidierung durch Versicherungsgesellschaften zu erwarten sind”, hieß es weiter.
Am 23. Mai 2021 war das Zugseil der Seilbahn kurz vor der Bergstation gerissen. In diesem Moment hätten die Notbremsen am Tragseil eigentlich greifen müssen. Diese waren den bisherigen Ermittlungen zufolge aber mit Klammern blockiert, da sie im laufenden Betrieb für Störungen gesorgt haben sollen. Die Gondel raste talwärts, sprang an einer Seilbahnstütze aus der Verankerung und schlug auf dem Boden auf.
14 Menschen starben bei dem Unglück. Der einzige Überlebende war ein damals fünfjähriger Bub israelischer Herkunft. Seine Eltern, sein jüngerer Bruder und seine beiden Urgroßeltern kamen alle ums Leben. Nach dem Unglück brach ein Streit zwischen Angehörigen um das Sorgerecht des Kindes aus. Dieses wurde dann von einem Gericht einer in Norditalien lebende Tante väterlicher Seite anvertraut. Bei der Gerichtsverhandlung war auch der Großvater mütterlicherseits anwesend.
Die nächste Gerichtsverhandlung ist für 27. Februar geplant. Weitere Termine sind im Zwei-Wochen-Takt bis Juni vereinbart.