Europäische Woche der psychischen Gesundheit 2024

Seit Corona sind psychische Erkrankungen um 25 Prozent angestiegen

Sonntag, 12. Mai 2024 | 14:58 Uhr

Von: mk

Bozen – Vom 13. bis zum 19. Mai 2024 findet die Europäische Woche der psychischen Gesundheit statt. Das Motto dieser fünften Ausgabe ist „Gemeinsam gelingt psychische Gesundheit besser“. Roger Pycha, Primar des Psychiatrischen Dienstes im Gesundheitsbezirk Brixen, gibt dazu einen Überblick.

Die vom Netzwerk European Mental Health – MHE (https://www.mhe-sme.org/) ausgerufene Woche soll in allen europäischen Ländern die Aufmerksamkeit der Menschen darauf lenken, dass die psychische Gesundheit ein wertvolles Gut ist. Drei Jahre Coronakrise haben in ganz Europa eine Zunahme von psychischen Störungen um 25 Prozent verursacht und gezeigt, dass genau diese Krankheiten inzwischen die größte gesundheitliche Gefahr für die Menschheit darstellen. Glücklicherweise sinkt diese Zahl inzwischen langsam wieder – wohl auch, weil viele Menschen entdecken, wie viel sie selbst zu ihrer psychischen Gesundung beisteuern können. Und all das gelingt noch besser, wenn es gemeinsam angegangen wird.

Die Corona-Zeit hat eine große Sehnsucht nach Nähe entstehen lassen. Sich endlich wieder frei bewegen, andere Menschen treffen, gemeinsam feiern, im Kino dicht gedrängt sitzen können, sich umarmen, auf die Schulter klopfen, miteinander raufen oder sich küssen dürfen, ohne Infektionsängste zu entwickeln, ohne Verbote zu übertreten: Das allein schon schenkt mehr psychische und soziale Gesundheit. Ganz Europa, die ganze Welt genießt diese Freiheiten neu. Sie werden uns leider immer weniger bewusst, weil wir uns rasch daran gewöhnen.

Wir alle haben gemerkt, wie gut regelmäßige Bewegung tut. Sie kräftigt, macht den Kopf frei, baut Spannungen ab, gleicht psychisch aus und schützt sogar vor der Weltkrankheit Nummer eins, der Depression. Dazu genügt eine kleine andauernde Menge. Schon 30 Minuten Ausdauerbewegung fünfmal pro Woche reichen. Zur Gewohnheit soll sie werden, einen neuen bewegten Lebensstil begründen. Und das geht viel leichter, wenn man sich zusammenschließt. Gemeinsames Laufen, gemeinsames Wandern, Fahrradfahren, Tennis- und Fußballspielen ist Trumpf. Am besten, man beginnt damit in der Woche der psychischen Gesundheit und hört dann einfach nicht mehr auf. Schon die alten Griechen wussten, was eine Tugend ist: Nichts anderes nämlich als eine gute Gewohnheit. Die gelingt notfalls auch alleine, zu zweit oder in der Gruppe aber noch viel leichter.

„Geteiltes Leid ist halbes Leid“ sagt das Sprichwort. Wann immer Schwierigkeiten auftreten, möchten wir sie besprechen. Frauen tun dies lieber und können es im Durchschnitt auch besser als Männer, aber auch Männer können lernen, von schwierigen Gefühlen und Erlebnissen zu berichten. Sie werden merken, dass aufmerksame Gesprächspartner tatsächlich schon Stützen und Hilfsquellen sind, dass man im Gespräch auf neue Lösungen kommt und dass gute Pläne auch in schlechten Situationen Erleichterung bringen.

Die dritte Lehre aus der Krise ist, dass wir alle Beschäftigung brauchen. Eingebunden zu sein in sinnvolles Tun, in Hilfsbereitschaft und Entgegenkommen, ist nicht nur für die Mitmenschen ein Vorteil, sondern vor allem für uns selbst. Wir arbeiten, um glücklicher zu werden. Der Flow, das glückliche unkritische Aufgehen in einer Beschäftigung, kommt viel häufiger am Arbeitsplatz als in der Freizeit vor. Arbeitslosigkeit ist gefährlich, Arbeit gibt Struktur und erlaubt, Pläne zu schmieden. Wer nicht unbegrenzt Freizeit hat, dem wird sie kostbar und schön. Daher gilt, für uns alle, im Besonderen aber für Migranten: Lasst uns mitarbeiten, wir wollen uns nützlich machen. Und natürlich auch Geld und Lebensunterhalt dadurch sichern.

Zur Bewegung, Besprechung und Beschäftigung kommt noch die Bildung. Wir alle sind neugierig, wollen mehr erfahren und lernen. Diese große Fähigkeit erschöpft sich in seelischen Krisen, in der Erholung taucht sie aber wieder auf. Bildung verbindet uns mit den Kenntnissen der ganzen Menschheit, verbessert unsere gesellschaftliche Rolle, ermöglicht uns später, sogar mehr Geld zu verdienen. Vor allem aber schult sie uns darin, schwierige Ziele hartnäckig anzusteuern. Sie trainiert das Durchhaltevermögen.

In der Coronakrise hat fast jeder gelernt, wie wichtig Bewegung, Besprechung, Beschäftigung und Bildung sind, um psychisch zu überleben. Seit der Krise merken wir, wie viel leichter es ist, vieles davon wieder gemeinsam zu erleben und durchzuführen. Lassen wir die Erinnerung an die Krise in der Europäischen Woche der psychischen Gesundheit wieder aufleben, damit wir schätzen, wieviel besser es uns jetzt geht.

Das Netzwerk psychischer Gesundheit Südtirol begeht die Woche auch heuer mit verschiedenen Initiativen zur Sensibilisierung. Der Psychologische Dienst Brixen wird mit neuen Flyern seine vielen Tätigkeiten an den Krankenhäusern Brixen und Sterzing bekannt machen. Am 13. Mai wird das Forum Prävention den Stand zur Suizidprävention am Krankenhaus Bozen vorstellen. Er wird von 9 bis 14 Uhr besetzt sein. Am selben Tag errichtet die Europäische Allianz gegen Depression im Krankenhaus Brixen von 9 bis 17 Uhr einen Informationsstand, an dem die neuen Broschüren „Depression-was tun?“ zweisprachig aufliegen. Sie werden vom Rotary Club Brixen Bruneck finanziert. Am Stand werden zu verschiedenen Zeiten Richard Santifaller als Betroffener und Roger Pycha als Psychiater anwesend sein, um auf Anliegen der psychischen Gesundheit einzugehen. Die Initiative nennt sich „Experten der psychischen Gesundheit zum Anfassen“. „Denn Experten sind sowohl Therapeuten als auch Menschen, die viel eigenes Leid erleben mussten. Wenn sie zusammenarbeiten, sind sie stark“, erklärt Roger Pycha im Auftrag des Netzwerks Psychischer Gesundheit.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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23 Kommentare auf "Seit Corona sind psychische Erkrankungen um 25 Prozent angestiegen"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
Herzig
Herzig
Tratscher
1 Monat 20 Tage

Bedenklich ist, dass man immer die Schuld an jemand anders gibt oder die Schuld immer an andere Umstände gibt, aber die Schuld nie sich selbst gibt.
Ausserdem bin ich der Meinung, dass viele (nicht alle) psychische Krankheiten der Wohlstand bringt. Und da sind wir selber Schuld.

Mey
Mey
Grünschnabel
1 Monat 20 Tage

Bin ihrer Meinung. Wohlstand, Schnelllebigkeit, Lärm, Unruhe…

der echte Aaron
der echte Aaron
Universalgelehrter
1 Monat 20 Tage

@Herzi
ich denke es ist viel mehr der Stress, Verbote und über Reglementierung und dann sieht man wie Andere wiederum alles dürfen ohne Konsequenzen. Der Staat schreib, dem normalen Bürger, vor wie man zu leben hat……

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 20 Tage

@der echte Aaron Wenn das was du beschreibst psychisch krank machen würde wären wir immer schon krank gewesenen. Was mich wundert, du sprichst von zu viel Reglementierung, bist aber politisch rechts konservativ. Genau DIE sind es die noch mehr davon wollen. Damit gehts dir nur um deine persönlichen Anliegen und nicht die der Gesellschaft! Eigentlich müsstest du ansonsten Liberaler sein. Dir fällt es eunfach nut schwer an Regeln zu halten und der Rest ist Neid anderen gegenüber.

bern
bern
Universalgelehrter
1 Monat 20 Tage

Umso wichtiger ist eine Aufarbeitung der von der Politik gemachten Fehler. Damit wir das nächste Mal die schwedische Politik machen!

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 20 Tage

@bern. .tja, die Regeln hat der Staat erlassen und man kann Schweden und Italien hier kaum miteinander vergleichen! Man denke dabei auch an den Ausbruch in Brescia/Bergamo und den vielen Toten!

elvira
elvira
Universalgelehrter
1 Monat 20 Tage

@Oracle
eigendlich sollte aufgrund von corona unsere regierung endlich verstehen, in die dass sie in die sanitär investieren müssen, hausärzte mer kompetenzen geben usw usw…die sanität in schweden läuft wie am schnürchen,neben dem bildungssystem das beste in europa. deshalb kaum tote.

Fernet
Fernet
Grünschnabel
1 Monat 19 Tage

Man könnte es auch mal gut sein lassen. Wir haben 2024 und könnten 2020 hinter uns lassen. Wäre auch eine Art “Aufarbeitung”

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 19 Tage

@bern… von der Politik gemachte Fehler…. naja, man sollte bedenken, dass wir vor einer Pandemie gestanden sind und man nicht recht wusste (man bedenke die vielen Coronatoten!), wie so etwas angehen. Zum Glück kamen dann die Impfstoffe. Das ist aber hoffentlich Geschichte, eine Aufarbeitung, um politische Schuldige zu suchen, finde ich recht abstrus! Das Problem war das Virus und jene, die deren Ausbreitung nicht recht eindämmen wollten!

Hustinettenbaer
1 Monat 19 Tage

Ich denke schon, dass die Betrachtung der Corona-Maßnahmen wichtig ist.
Aus Fehlern lernen, Fehlerwiederholung vermeiden.
Das panische rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.
Masken, “Hausarrest” für alle, Kinder, Vulnerable. groteske Zonen/Grenzen (z.B. Bayern-Thüringen, Deutschland-Dänemark)…

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 19 Tage

@Hustin…… wenn jemand von “Hausarrest” redet, ist alles gesagt.. die Schwurblerecke lässt grüssen?..also, wenn man ein Kind krank ist, sollte es doch in die Schule “dürfen”, anstatt zuhause zu genesen?…macht es wirklich Sinn hier in Südtirol jetzt Steuergelder in den Sand zu setzen, um politisch irgendwas (ich hatte mit Corona ein Problem, nicht mit den Schutzmassnahmen und denen, die sie nicht einhielten!) aufzuarbeiten, was anderswo dann entschieden wird? Man würde Monate diskutieren, es wird dann ein Abschlussdokument geben, dass man dann den zuständigen staatlichen Stellen weiterleiten würde….. mit welchem Ziel? Allgemeine Gesundheit hat sicherlich vor irgendwelchen persönlichen Vorstellungen Vorrang!

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 19 Tage

@bern… lassen wir die Aufarbeitung der Coronamassnahmen und deren Auswirkungen jenen, die sich da auskennen! Nationale Gesundheitsbehörden und auch die Weltgesundheitsorganisation wird das Thema Corona bewerten. Dazu wird es sicherlich auch viele Doktorarbeiten geben! “Politische” Aufarbeitung finde ich kaum zielführend. Der Vergleich mit Schweden, ohne die verschiedenen unterschiedlichen Faktoren und Rahmenbedingungen zu bedenken, ist recht einfach populistisch, mehr als wissenschaftlich. Würde ich eher in die Wirtshausstammtischecke einordnen…

andr
andr
Universalgelehrter
1 Monat 19 Tage

@bern
Aufarbeitung wie es JWA meint.
Leider kann man die geschichte nicht zurück drehen.
Stress, jeder für sich, hoher Lebensstandard gleichzeitig hohe Erwartungen, Bürokratie, alles wird zerregelt, keine freie Entscheidungen, fehlende Gemeinschaft, keine Zeit für Familie, Kitas bereits mit 6 Monaten, falsche Familienpolitik bringt Stress für Kinder und Eltern, man muss jedoch sagen das diese von Politikerinnen ausgeheckt wurde, usw. usw.

magg
magg
Superredner
1 Monat 20 Tage

Vor Corona gab es genauso viele psychologische Probleme wie jetzt, aber jetzt spricht man mehr darüber und man nimmt auch solche Probleme besser wahr.
Auch hat man nach Corona auch vermehrt ein Augenmerk auf die psychischen und physischen Problemen der Menschen.

Sag mal
Sag mal
Kinig
1 Monat 20 Tage

magg ja ,klar träum weiter.

fingerzeig
fingerzeig
Superredner
1 Monat 20 Tage

hm….wo sind die corona-bzw maßnahmen-folgenverleugner?

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 20 Tage

Ach was! Die Coronazeit hat lediglich aufgedeckt wie krank die Gesellschaft schon vorher war und das noch verstärkt.

Schneemobil
Schneemobil
Grünschnabel
1 Monat 20 Tage

Ja wenn die Masse draufkommt dass sie einen Fehler hat?🙈

Schneemobil
Schneemobil
Grünschnabel
1 Monat 20 Tage

Das sollte natürlich heissen, das die Masse einen Fehler gemacht hat ;.)

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 20 Tage

.. dass vielleicht der JWA auch darunter leidet?

Pasta Madre
Pasta Madre
Universalgelehrter
1 Monat 20 Tage

Seit Corona bin ich psychisch pleite.

zeit
zeit
Grünschnabel
1 Monat 19 Tage

die einzigen die nicht krank wurden sind, förster und gemeinde polizisten,de
nn die durften ihren frust fre
ien lauf lassen

Schneemobil
Schneemobil
Grünschnabel
1 Monat 19 Tage

Und die nicht geschlumpften

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