Von: luk
Bozen – Die Diözese Bozen-Brixen hat die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung zu sexuellem Missbrauch in der Kirche Südtirols vorgestellt. Zwischen 1963 und 2023 wurden 67 Fälle von Missbrauch bestätigt. Sie betreffen 24 Priester und 59 Opfer.
Laut dem Bericht, der von der Münchener Kanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl im Auftrag der Diözese erstellt wurde, waren die Täter im Alter von 28 bis 35 Jahren. Die Opfer, zu etwas mehr als der Hälfte weiblich, waren überwiegend zwischen acht und 14 Jahre alt.
Die Untersuchung ist Teil des dreijährigen Projekts „Mut zum Hinsehen“, das darauf abzielt, Missbrauchsfälle systematisch aufzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Bischof Ivo Muser hat den Bericht im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert.
Stellungnahme des Bischofs am 24. Jänner
„Wir wollen, dass die Kirche ein sicherer Ort ist – besonders für Kinder, Jugendliche und verletzliche Personen“, betont Bischof Ivo Muser in einer ersten Reaktion und wird nach einer gründlichen Prüfung des Berichts am kommenden Freitag, 24. Jänner, im Rahmen einer Pressekonferenz ausführlich dazu Stellung nehmen.
Die Diözese Bozen-Brixen hat das Projekt „Mut zum Hinsehen“ mit November 2023 gestartet. Die erste Projektphase „Aufklärung“ wurde nun durchgeführt und abgeschlossen. Die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl aus München hat gemeinsam mit einer Kanzlei aus Bruneck im Auftrag der Diözese Bozen-Brixen die diözesanen Archive nach sexuellen Missbrauchsfällen gesichtet und Interviews geführt. Die Ergebnisse dieser unabhängigen Untersuchung wurden den Medien vorgestellt. Die Inhalte des Berichtes waren bis zur Pressekonferenz niemandem bekannt – auch nicht Bischof Ivo Muser, der an der Vorstellung teilgenommen und das Gutachten während der Präsentation erhalten hat.
Nach der Übergabe des Gutachtens hat Bischof Ivo Muser folgendes gesagt:
Jeder Fall ist einer zu viel. Viel zu viel. Heute wurde das unabhängige Gutachten vorgestellt, das sich mit Missbrauchsfällen in unserer Diözese befasst. Ich habe die Anwälte beauftragt, unsere Archive zu sichten, und danke ihnen für ihre Arbeit. Dieses Gutachten ist ein wichtiger und notwendiger Schritt im Rahmen unseres Projekts ‚Mut zum Hinsehen‘.
Ich habe in den vergangenen Jahren durch die Ombudsstelle und persönliche Gespräche von Betroffenen erfahren, wie tiefgreifend sexueller Missbrauch verletzt und zerstört.
Ich denke an die vielen Menschen, die Opfer von sexuellem Missbrauch durch Priester oder andere kirchliche Mitarbeitende wurden. Ihr Leid ist beschämend und fordert uns heraus, hinzusehen. Ich stelle mich bewusst auf ihre Seite. Der heilige Paulus schreibt: ‚Wenn ein Glied leidet, leidet der ganze Körper.‘ Diese Worte treffen auf unsere Kirche und unsere Diözese zu.
Als Bischof dieser Diözese trage ich Verantwortung. Das Gutachten zeigt auf, dass sexueller Missbrauch immer auch ein Missbrauch von Macht ist. Macht wurde auf Kosten der Betroffenen missbraucht. Das ist ein belastender, aber notwendiger Blick auf die Realität.
Auch ich habe den unabhängigen Bericht heute zum ersten Mal gesehen und werde mich in den kommenden Tagen intensiv mit den Ergebnissen auseinandersetzen. Am Freitag, 24. Jänner, werde ich dazu ausführlich Stellung nehmen.
Heute danke ich den Betroffenen und allen, die durch ihren Mut dazu beigetragen haben, dass dieses Gutachten möglich wurde. Es braucht Mut, hinzusehen – zurück in die Vergangenheit, aber auch in die Gegenwart und in die Zukunft. Denn wir wollen, dass die Kirche ein sicherer Ort ist – besonders für Kinder, Jugendliche und verletzliche Personen.
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