Von: luk
Bozen – In Südtirols Rathäusern herrscht Sekretärs-Notstand. Laut einem Bericht des Tagblatts Dolomiten, betreut der Sekretär bereits in einem Drittel der Gemeinden eine zweite oder dritte Gemeinde mit.
Besonders prekär ist die Situation in den kleinen Gemeinden – aber auch in größeren wie etwa Dorf Tirol ging die erste Stellenausschreibung leer aus. Im Moment sind acht Posten vakant, zwei weitere kommen mit Niederdorf und Ritten bald hinzu. Dass 32 Gemeinden sich mittlerweile ihren Sekretär mit einer anderen teilen, ist ebenfalls Ausdruck des Personalmangels.
Das Problem wird 2018 allerdings noch größer, denn mit der Pensionierung von bis zu zehn Sekretären steht ein weiterer Aderlass bevor.
Schlimm genug, doch der mangelnde Nachwuchs bereitet laut dem Verband der Gemeindesekretäre große Sorgen: Im Frühjahr endet zwar ein Befähigungskurs mit 40 Teilnehmern. Nicht einmal zehn davon treten danach aber einen Job in den Gemeinden an, heißt es. Die meisten Absolventen kommen aus Anwaltskanzleien – und bleiben auch dort.
Laut Karl Elsler, Vorsitzender des Verbandes der Gemeindesekretäre, gibt es zwei Gründe, warum der gut bezahlte Job des Gemeindesekretärs so an Attraktivität verloren hat: In den Kleingemeinden sei der Sekretär für alles zuständig, hat aber kaum Ressourcen und Personal. Vor allem aber seien den Sekretären in den letzten Jahren viele neue und immer kompliziertere Bereiche überantwortet worden, wie z.B. Vergabe öffentlicher Aufträge, Steuerwesen, Transparenz, Anti-Korruption. „Das wird als Belastung empfunden. Viele sagen, das tu ich mir nicht an“, so Elsler.
Auch Landesrat Arnold Schuler spricht von einem größer werdenden Problem. Eine institutionelle Reform sei jetzt umso wichtiger. Städte ausgenommen, sollen sich Südtirols 116 Gemeinden zu 40 Verwaltungseinheiten zusammenschließen, innerhalb derer Dienste gemeinsam abgewickelt werden.
Ansetzen will man laut den „Dolomiten“ auch beim Befähigungskurs: Da dieser eine gute Vorbereitung für andere Berufe ist, absolvieren ihn viele, die gar nicht in die Gemeinden wollen. Man könnte den Kurs für jene, die einen anderen Beruf wählen, stark verteuern, schlägt er vor. „Wer sich hingegen verpflichtet, für einige Jahre in einem Rathaus zu arbeiten, bekommt ihn gratis bzw. das Geld zurück“, so Elsler.
Sprecher der Gemeindesekretärsanwärter weist düstere Prophezeiungen zurück
Der Jurist Egon Falser, gewählter Sprecher der Teilnehmer am laufenden 13. Gemeindesekretärslehrgang des Landes zeigt sich über die in einem Artikel des Tagblatts Dolomiten erhobenen Vorwürfe überrascht: „Ich bin bass erstaunt, dass ich in der Zeitung Prophezeiungen über meine berufliche Zukunft lese, die ich weder kenne noch teilen kann“, so Falser. Gemeinsam mit 47 Kolleginnen und Kollegen nehme er derzeit an einem Ausbildungslehrgang zur Befähigung als Gemeindesekretär teil, weil er am Beruf des Gemeindesekretärs interessiert sei.
„Der Lehrgang umfasst 450 Stunden theoretisch-praktischen Unterrichts in nahezu allen Bereichen, mit denen ein Gemeindesekretär in der Ausübung seines Amtes zu tun hat, insgesamt sind das 43 Fächer. Dieser Lehrgang findet überwiegend freitagnachmittags sowie samstags ganztägig statt“, erklärt Falser. Zuzüglich zum Lehrgang sei in einer Gemeinde Südtirols ein Praktikum von 350 Stunden zu absolvieren, in dessen Rahmen Rechts- und Verwaltungsakte verfasst und die diversen Ämter einer Gemeinde kennenzulernen seien. „Nachdem für den Besuch des Lehrganges weder ein Stipendium noch sonstige Förderungen gewährt werden und auch das zeitintensive Praktikum ohne Entlohnung und ohne jeden Kostenersatz zu absolvieren ist – sondern ganz im Gegenteil seit vorigem Jahr eine Teilnahmegebühr von 600 Euro eingehoben wird – ist jeder von uns gezwungen, nebenbei einem Zivilberuf nachzugehen“, so Falser. Die Behauptung, dass die meisten Teilnehmer aus Anwaltskanzleien kommen würden und auch dort bleiben wollten, stimme mit keinem einzigen Wort. „Es gibt genauso viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Juristen bei Verbänden und Vereinigungen und nicht zuletzt auch Absolventen eines politik- oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiums, denen bekanntlich die klassischen juristischen Berufe ohnehin nicht offen stehen“.
Im Anschluss an den Lehrgang werden die Absolventen eine dreiteilige Prüfung vor einer fünfköpfigen Kommission unter Vorsitz eines Richters zu bestehen haben. „Ich hoffe sehr, wir werden auch nach dieser Prüfung noch 48 sein“, so Dr. Egon Falser wörtlich. Und weiter: „Die Kaffeesudleserei, dass von den Absolventen nur zehn tatsächlich den Beruf des Gemeindesekretärs ergreifen würden, halte ich für falsch.“
Es lasse sich nicht objektiv abschätzen, wie viele Gemeindesekretäre in Zukunft zur Verfügung stehen würden. Das hänge wohl von den Rahmenbedingungen ab.
„Ich möchte in jedem Fall ausschließen, dass ich als Teilnehmer am Gemeindesekretärslehrgang für die institutionelle Reform und die Verwaltungseinheiten politisch instrumentalisiert werde. Gerade als Gemeindesekretär ist absolute und strikte Neutralität in politischen Belangen ganz fundamental. Bei allem gebotenem Respekt verwahre ich mich daher dagegen, dass Landesrat Schuler den Lehrgang als Steilvorlage verwendet, um als Politiker seine Konzepte zu vertreten, und das ganz unabhängig davon, ob diese Konzepte nun gut oder weniger gut sind. Unabhängig, wie man zu diesen Konzepten steht, bleibt mir persönlich die Autonomie der Gemeinden selbstverständlich ein wichtiges Anliegen“, schließt Dr. Falser.